Feuerwehrbedarfsplan steht
„Ein paar mehr Frauen könnten nicht schaden“ - Das alles braucht die Feuerwehr Bad Reichenhall
Nicht nur der Frauenmangel ist ein Problem für die Bad Reichenhaller Feuerwehr. In ihrem Feuerwehrbedarfsplan ist auf gut 300 Seiten aufgelistet, was gut läuft, aber auch, wo dringender Handlungsbedarf besteht. Woran es besonders fehlt, erklärt Feuerwehrkommandant Andreas Gabriel im Gespräch mit BGLand24.de.
Bad Reichenhall – Bereits am 28. Februar hat der Passauer Berater Andreas Dittlmann den Bedarfsplan für die Bad Reichenhaller Feuerwehr mündlich dem Stadtrat vorgestellt. Am 14. März lag die schriftliche Endfassung des Planes dem Gremium vor. Ganze 295 Seiten umfasst das Schreiben. Nun ist die Verwaltung am Zug und muss die aufgestellten Anforderungen bewerten und einen Vorschlag für die Investitionen im Feuerwehrwesen vorlegen.
Was ist ein Feuerwehrbedarfsplan?
Ein Feuerwehrbedarfsplan ist ein strategisches Planungsinstrument, um den Bedarf an Feuerwehrressourcen in einem bestimmten Gebiet zu ermitteln und zu bewerten. Der Bedarfsplan hilft den Feuerwehren, ihre Ressourcen und Aktivitäten auf die spezifischen Anforderungen des Gebiets abzustimmen und somit effektiver und effizienter zu arbeiten. Im Feuerwehrbedarfsplan werden verschiedene Aspekte der Feuerwehrarbeit betrachtet, wie z.B. die infrastrukturellen und personellen Ressourcen, die vorhandenen Einsatzfahrzeuge und -geräte, die Einsatzstrategien und -konzepte sowie die Anforderungen an die Aus- und Fortbildung der Feuerwehrangehörigen.
„Wir machen schon seit 20 Jahren selbst solche Planungen. Wir hatten in Bad Reichenhall auch schon Großalarme und Katastrophen, um zu wissen, was wir brauchen“, erklärt der Feuerwehrkommandant Andreas Gabriel. Im Großen und Ganzen deckt sich also der vom Gutachter erstellte Feuerwehrbedarfsplan mit den eigenen Berechnungen und Vorstellungen der Feuerwehr. Trotzdem sei der Blick eines Außenstehenden immer eine Bereicherung. Woran mangelt es bei der Hauptwache in Bad Reichenhall und den beiden Außenwachen in Marzoll und Karlstein?
Feuerwehrhaus Marzoll: Neubau und Drehleiter
Die Außenwache in Marzoll wurde 1979 bezogen und 2004 erweitert. Der Bedarfsplan empfiehlt dringend einen Neubau mit weiteren Flächen für Fahrzeuge und Geräte. Außerdem sind die sanitären Anlagen veraltert, der Schulungsraum und die Umkleideräumlichkeiten sind zu klein. Ein besonderer Knackpunkt ist hierbei der Bedarf an einer Drehleiter. „Drei Gebäude in Marzoll sind so hoch, dass sie mit einer tragbaren Leiter nicht mehr erreichbar sind“, so Gabriel.
Zwar steht die Drehleiter aus der Hauptwache zur Verfügung, aber hierbei gibt es ein weiteres Problem: die Hilfsfrist. „Die Hilfsfrist ist mit zehn Minuten sehr knapp. Sie beginnt, wenn der Disponent in der Leitstelle Traunstein einen Notruf abhebt. Informationen müssen erfasst und der Alarm herausgegeben werden. Dann müssen wir ins Feuerwehrhaus. Bis wir aus der Garage sind, ist fast die Hälfte der Zeit vergangen.“ Bei starkem Verkehrsaufkommen oder schlechter Witterung sei es fast unmöglich, innerhalb der Hilfsfrist von der Hauptwache bis Marzoll zu gelangen. „Eine eigene Drehleiter für Marzoll ist nur eine Option. Die Stadt ist auch schon heiß am tüfteln, ob man baulich etwas machen und eine andere Lösung finden kann.“
Tanklöschfahrzeuge für die Randgebiete
„Im Stadtgebiet sind wir ganz gut versorgt, aber in manchen Randgebieten ist es etwas schwierig“, erklärt der Kommandant. Am Lkw-Parkplatz am Grenzübergang Walserberg gäbe es inzwischen ein „irres Parkaufkommen. Da läuft nur eine kleine Wasserleitung. Die hat früher gereicht, jetzt nicht mehr.“ Und auch das die Beherbergungsbetriebe am Thumsee sind – trotz des Sees – nicht ausreichend mit Löschwasser versorgt. „Wir brauchen da 500 Meter Schlauch, um eine Leitung bergauf über die Wiese zu legen. Die Zeit muss man mit Tanklöschfahrzeugen überbrücken.“ Der Löschzug Karlstein hat ein kleines, wendiges Fahrzeug, dass lediglich 1000 Liter Wasser transportiert. Es würde sich empfehlen, dass man ein größeres Löschfahrzeug anschafft, damit man genug Löschwasser hat, bis Verstärkung eingetroffen ist. Auch an der Padinger Alm gibt es nur eine einfach Trinkwasserleitung. Die Hauptwache verfügt zwar über ein großes Tanklöschfahrzeug. Dieses ist allerdings auch schon 25 Jahre alt.
„Ein paar mehr Frauen würden nicht schaden“
Während die Hauptwache zwölf weibliche Mitglieder hat, sind es in Karlstein nur zwei, in Marzoll sind nur Männer bei der Feuerwehr. Gabriel ist sich nicht sicher, woran das liegt. „Das ist im ganzen Landkreis gleich. Bei den Burschen ist es so: Von zehn neuen bei der Jugendfeuerwehr fallen vier bis fünf mit der Zeit wieder weg. Der eine mag nicht schwitzen, der andere ist eher Künstler oder Sportler.“ Ähnlich sei es dann wohl bei den Mädchen, bei denen von vornherein weniger kommen und dann gut die Hälfte abspringt. „Für manche ist es einfach nichts. Diejenigen Frauen, die wir haben, sind aber auch sehr eifrig. Die arbeiten wie die Burschen.“ In der Hauptwache gibt es getrennte Toiletten, Marzoll ist da noch nicht so weit.
Frauen sind seit rund 30 Jahren bei der Bad Reichenhaller Feuerwehr. Gabriel kann sich gut erinnern, dass es am Anfang eine kleine Gruppe von etwa zehn Frauen gab, die seine Vorgänger regelrecht traktiert haben, um aufgenommen zu werden. „Das war damals ganz schwierig in Bayern. Sie haben meine Vorgänger dann so lange bedrängt, bis sie gesagt haben, sie machen mit ihnen ein paar Probeübungen. Dabei haben sie gehofft, wenn man die ein bisschen derb gestaltet, dass sie dann abspringen. - Was dazu geführt hat, dass es noch mehr geworden sind“, lacht der Kommandant. „Sie haben damals gesagt: Jetzt ist das Ende der Reichenhaller Feuerwehr da. Aber es gibt uns immer noch und ein paar Frauen mehr würden uns auch nicht schaden.“
Für einen Blackout fehlt ein Aggregat
Mit dem Thema Blackout beschäftigen sind die Kommunen und die Feuerwehren derzeit intensiv. Denn es sollen im Notfall sogenannte Leuchttürme angesteuert werden können, wo es eine Versorgung und die Möglichkeit gibt, einen Notruf abzusetzen. Das wichtigste hierbei: eine Notstromversorgung. Die Hauptwache in der Reichenbachstraße ist wie der Bauhof auch direkt an die Stadtwerke angeschlossen und somit voll versorgt. „In Marzoll haben wir uns beholfen, da eh umgebaut wird. Die Wache in Karlstein ist nagelneu. Dort brauchen wir nur ein größeres Stromaggregat, damit wir nicht eines aus unseren Beständen abgeben müssen. Das werden wir nämlich sicher selbst im Einsatz brauchen“, führt Gabriel aus. Mit dem analogen Funknetz kann mit allen Feuerwehren im Landkreis kommuniziert werden. „Wenn die Stadt noch das Ihre tut, sind wir gut vorbereitet.“ Ein großer Leuchtturm bzw. sogenannter SOS-Punkt der Stadt soll in der Münchener Allee entstehen. „Hoffen wir aber, dass es nie so weit kommt, denn dann gibt es sowieso ein Desaster.“
Die Stadtverwaltung prüft den Plan und die Kosten
Mit dem Bedarf der Feuerwehr kommen natürlich immense Kosten auf die Stadt zu. Der Kommandant sieht das aber sehr nüchtern: „Wenn es sein muss, wird man nicht drumherum kommen. Ein Rettungsgerät ist keine Gaudi. Man muss sich bewusst sein, dass, wenn etwas passiert, schnell der Staatsanwalt da ist. Zumindest muss dokumentiert sein, dass man dran ist. Man muss jetzt schauen, wie man das in den städtischen Haushalt hineinbringt.“ Die Feuerwehr ist bei der Analyse der Stadtverwaltung eng mit eingebunden.
Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung zeigte sich in der Sitzung auch erfreut, „dass dem Zivilschutz wieder mehr Bedeutung beigemessen wird. Wir haben eine gut funktionierende Feuerwehr, dafür bin ich dankbar. Es ist eine herausragende Leistung, die im Ehrenamt erbracht wird.“
mf
