Zwei Paare gehen aufeinander los
Gewalt in Flüchtlingsunterkunft: Doch war der Angriff nur inszeniert? – Amtsgericht schlichtet
Ein Ehepaar in einer Flüchtlingsunterkunft im Berchtesgadener Land soll einen Angriff vorgetäuscht haben. Sie beschuldigten ihre Mitbewohner, wurden jedoch der vorsätzlichen Körperverletzung und falschen Verdächtigung angeklagt. Ein Gerichtsgutachten widerspricht ihrer Darstellung.
Berchtesgadener Land – Der Zwist zwischen dem nigerianischen Ehepaar und der ukrainischen Familie in der Unterkunft im südlichen Landkreis soll schon länger schwelen. Einen traurigen Höhepunkt gab es im September 2022. Da soll sich das Ehepaar gegenseitig verletzt haben, in Folge allerdings einen Angriff ihrer ukrainischen Mitbewohner vorgetäuscht haben. Gegen einen Strafbefehl wegen vorsätzlicher Körperverletzung und falscher Verdächtigung legten die Westafrikaner jedoch Einspruch ein.
Die schwangere Frau soll ihren Mann schmerzhaft an dessen Intimbereich gepackt und am Oberkörper gekratzt haben. Der Mann wiederum soll seine schwangere Frau zu Boden gestoßen haben. Um sich selbst als Opfer darzustellen, hatte er sich mutmaßlich mit einer zerbrochenen Glasflasche selbst am Handgelenk geritzt. Der 38-Jährige behauptete zudem, er sei von dem ukrainischen Mann mit der Faust in den Nacken und mit einer Holzlatte auf den Rücken geschlagen worden. Schließlich soll der Mitbewohner ihn mit der abgebrochenen Glasflasche verletzt haben. Der Nigerianer war neben Glasscherben und Holzlatte bis zum Eintreffen der Polizei am Boden liegen geblieben. Auf der Reichenhaller Dienststelle machte das nigerianische Paar die ukrainische Familie für die Verletzungen verantwortlich.
Gericht glaubte diese Geschichte nicht – Westafrikaner zu Geldstrafen verurteilt
Doch die Beamten glaubten den Westafrikanern nicht. Und auch der Laufener Strafrichter Christopher Lang wollte zu Beginn der Verhandlung mit „einleitenden Worten“ auf die „Aktenlage“ hinweisen. Denn schon vor Erstellung des Strafbefehls hatte Lang ein Gutachten erstellen lassen. Man sei zum Ergebnis gekommen, dass die Verletzungen mit der Glasflasche nicht auf die behauptete Art hatten passieren können. Und dass auch der Gebrauch der Holzlatte auf diese Weise „sehr unwahrscheinlich“ sei. Lang erinnerte das angeklagte Ehepaar daran, dass in einem Strafbefehl „ein Geständnis versteckt“ sei und die Strafe in einem möglichen Urteil höher ausfallen könnte.
Nach Beratung durch Rechtsanwalt Florian Georg Eder nahmen die Nigerianer den Einspruch zurück. Der 38-Jährige hat 120 Tagessätze und die 29-jährige Ehefrau 90 Tagessätze zu je 15 Euro zu zahlen. Die vier Zeugen brauchten nicht mehr auszusagen. (hhö)