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AfD sieht eigene Forderungen „kopiert“

Kritik an Aiwanger nach seiner Rede in Erding - selbst aus den Reihen der Freien Wähler

Demonstration in Erding gegen die Klima-Politik der Ampelregierung
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Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger auf der Erdinger Demo gegen die Klima-Politik der Ampelregierung unter dem Motto „Stoppt die Heizungsideologie“.

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger erntet Kritik von allen Seiten nach seinem Auftritt auf der Erdinger Demo - auch aus den eigenen Reihen. AfD-Vizefraktionschef Gerd Mannes klagt unterdessen, Aiwanger kopiere „schamlos unsere Forderungen“. Die Reaktionen auf Aiwanger.

München/Erding – Mit seinem Auftritt auf der Demonstration gegen die „Heizungsideologie“ hat Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger bundesweit Schlagzeilen produziert. Vor allem seine Äußerung, dass „die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen“ müsse, sorgt teilweise für Entsetzen.

Bernhard Stiedl, als Bayerns DGB-Chef häufig in Kontakt mit dem Wirtschaftsminister, mahnte „verantwortungsvolle und besonnene Politik“ an. Aiwanger sei sich „nicht zu schade“ gewesen, „mit populistischen Äußerungen billigen Applaus abzugreifen“. Der DGB kritisiere dies scharf. Ministerpräsident Markus Söder müsse sich von Aiwanger offiziell distanzieren.

Zwar nicht Söder selbst, wohl aber mehrere CSU-Politiker gingen in der Tat gestern auf Distanz. Neben Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Staatskanzleichef Florian Herrmann äußerte sich auch der Augsburger CSU-Bundestagsabgeordneter Volker Ullrich: „Respekt vor demokratischen Institutionen und Mäßigung in der Sprache sind Teil verantwortungsvollen Handelns“, schrieb er auf Twitter. „Ein mitunter auch hartes Ringen um die besten Lösungen ist essenziell. Eine Einlassung jedoch, ,sich die Demokratie zurückzuholen’, ist aber das genau nicht mehr.“

Kritik an Aiwanger auch aus den eigenen Reihen

Während AfD-Vizefraktionschef Gerd Mannes Aiwanger attestierte, „schamlos unsere Forderungen“ zu kopieren, ringen die Freien Wähler hart mit ihrem Chef. Am deutlichsten ist Petra Bauernfeind (FW), zweite Bürgermeisterin in Erding, die Aiwangers Aussagen „furchtbar“ nannte. Sie selber hatte die Demo in ihrem Heimatort nicht besucht. Auch Erdings 3. Landrat Rainer Mehringer (FW) hadert mit dem Parteichef. Schon bei einem Auftritt kürzlich in Pastetten habe er „gegeifert“. Mahnungen, „verbal nicht zu eskalieren“, habe er in den Wind geschlagen.

Auf Landtags-Ebene sind die Töne gemäßigter. „Ich hätte das so nicht gesagt“, sagt der Freisinger Abgeordnete Benno Zierer (FW). „Der Hubert hat eine richtige Wut, dem stinkt’s. Er ist aber kein Rechter. Im Eifer des Gefechtes kann es sein, dass die Emotionen durchgehen und so was rausrutscht.“ Das Anliegen bleibe richtig: „Wir müssen die Leute aus der rechten Ecke rausholen und Personen, die sagen sie wählen AfD, noch mal zum Nachdenken bringen.“

Kultusminister Michael Piazolo (FW) sagt: „Ich war nicht dabei.“ Die Aussage müsse man wohl im Gesamt-Zusammenhang sehen, schließlich habe Aiwanger über eine Viertelstunde gesprochen. „Ich möchte das nicht kommentieren.“ Der FW-Abgeordnete Hans Friedl aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck findet: „Hubert Aiwanger hat den besseren Draht zu den normalen Menschen“, daher habe es ihn nicht gewundert, dass Markus Söder ausgepfiffen worden sei. Aiwanger hätte sich „ein bisschen gepflegter ausdrücken sollen“, aber: „In Wahrheit hat er Recht, denn es ist die Politik der Ampel, die der AfD Wähler zutreibt.“

Erdinger Demo könnte noch ein juristisches Nachspiel haben

Hingegen warf Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD), die aus Brandenburg stammt, bei RTL/ntv Aiwanger blanken Populismus vor. „Ich bin in einer Diktatur aufgewachsen und würde einfach nochmal den Hinweis sagen: Herr Aiwanger, freuen Sie sich, dass Sie seit vielen Jahrzehnten in einer stabilen Demokratie leben.“ Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang nannte Aiwangers Rede „wirklich gefährlich“. Selbst TV-Unterhalter Harald Schmidt äußerte sich beim BR-Stammtisch zur Erdinger Demo: „Ich habe mich gewundert, dass der Ministerpräsident dorthin geht.“ Das wiederum verteidigte CDU-Generalsekretär Mario Czaja: Es sei wichtig, sich nicht zu verstecken, auch wenn einem der Wind etwas intensiver ins Gesicht blase, „und die Marktplätze nicht anderen zu überlassen“.

Die Demonstration in Erding könnte allerdings noch ein juristisches Nachspiel haben. Der Staatsschutz der Kripo Erding ermittelt wegen einer Frau, die mit der Parole „Hängt die Grünen, so lang es noch Bäume gibt“ in Erding erschienen war. „Leider ist es uns am Samstag nicht gelungen, die Frau ausfindig zu machen“, erklärte die Polizei. Der Kabarettist Christian Springer erklärte dazu auf Youtube, es sei „ein unglaublicher Vorgang“, dass niemand eingeschritten sei.

Der Erdinger Optiker Franz Widmann, der die Veranstaltung gegen das Heizungsgesetz zusammen mit Kabarettistin Monika Gruber organisiert hatte, ist zufrieden. Er sei gespannt, „wie viele Organisationen es schaffen, ähnliche Veranstaltungen zu organisieren – an der Sache orientiert. Und zwar so, dass es in Berlin Gehör findet und das Gesetz geändert wird.“ Er werde „gerne als Berater“ mitwirken.

dw/ham/dp

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