Grausiger Fund in Otterfing
Greifvögel sollen sterben: Tierquäler lässt vergiftete „Kamikaze-Taube“ fliegen
Um Greifvögel zu töten, bedienen sich skrupellose Menschen perfider Methoden. Sie bestreichen Tauben mit Gift und hoffen, dass Falken oder Habichte diese als Köder schlucken. Die Reste einer solchen „Kamikaze-Taube“ wurden in Otterfing entdeckt.
Otterfing – Knallpinke Federn eines Vogels, der offenbar von einem Raubtier gefressen wurde: Was die Mitarbeiterin einer Otterfinger Firma am 25. Januar im Gewerbegebiet Hienlohestraße auf einem Rasenstück entdeckte, kam ihr so verdächtig vor, dass sie die Polizei verständigte. Mittlerweile liegt der toxikologische Laborbefund vor – und der hat den Landesbund für Vogelschutz (LBV) aufgeschreckt. LBV-Biologin Nicole Meier geht davon aus, dass hier skrupellose Taubenzüchter oder Geflügelhalter eine sogenannte Kamikaze-Taube opferten, um gezielt Raubvögel zu töten, die ihre wertvollen Bestände bedrohen.
Zuchttaube wurde mit verbotenem Nervengift bestrichen
Wie Matthias Büch, Ermittler bei der Holzkirchner Polizei, auf Anfrage bestätigte, wurde die Zuchttaube, von der die Federn stammen, tatsächlich mit dem Nervengift Carbofuran bestrichen. Die Verwendung des Insektizids, das Tieren und Menschen gefährlich werden kann, ist seit 2008 in der EU verboten, als Restbestand oder via Online-Import wohl aber noch greifbar.
„Indem die Täter eine züchterisch uninteressante Taube mit Gift bestreichen und fliegen lassen, wollen sie Greifvögel in der Nähe ihres Taubenschlags töten“, ist sich LBV-Sprecherin Meier sicher. Der Fachjargon spricht von Kamikaze-Tauben. Ausgeschaltet werden sollen Habichte und Wanderfalken, in deren Natur es liegt, andere Vögel in der Luft zu jagen. Eulen, Bussarde oder Milane gehören nicht zur Zielgruppe des Anschlags, weil sie sich von Mäusen ernähren.
Es ist das erste Mal, dass in der Region die Überreste einer Kamikaze-Taube gefunden wurden. „Mir ist kein anderer Fall bekannt“, sagt Büch. Da das Gift langsam wirke, sei denkbar, dass das Tier aus dem Münchner, Tölzer oder Wolfratshauser Raum einflog. Dafür spreche, dass es in der unmittelbaren Umgebung keine Hühnerhalter oder gar Taubenzüchter mit wertvollem Bestand gebe.
Die Taube wurde wohl von einem Greifvogel gefressen
Offenbar wurde die Taube dann in Otterfing von einem Greifvogel geschlagen und wohl gefressen. „Darauf deuten die Rupfspuren hin“, sagt Büch. „Katzen, Füchse oder Marder würden Bissspuren hinterlassen.“ Für die Polizei ist klar, dass hier ein Mensch ein grausames Spiel trieb. Ermittelt wird wegen eines Vergehens gegen das Tierschutzgesetz. „Eine ernstzunehmende Straftat“, betont LBV-Sprecherin Meier.
Carbofuran verursacht ein jämmerliches Verenden
Büch vermutet, dass ein Turmfalke die Kamikaze-Taube erwischt hat. „Wer auch immer die vergiftete Taube gefressen hat, dürfte das kaum lange überlebt haben“, glaubt der Polizist. Das Gift verursache in der Regel ein jämmerliches Verenden.
In der Greifvogel-Auffangstation, die Alfred Aigner in Otterfing betreibt, wurde kein Giftopfer eingeliefert. „Ich habe seit Weihnachten etwa 30 Patienten reinbekommen. Fast alle sind Verkehrsopfer“, sagt Aigner. Er geht bei der Kamikaze-Taube von einem Einzelfall aus. „Ich arbeite viel mit Taubenzüchtern zusammen“, sagt Aigner. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand von ihnen so etwas macht.“
Der LBV und die Gregor-Louisoder-Umweltstiftung haben den Otterfinger Fall in ihr Projekt „Tatort Natur“ aufgenommen und hoffen auf Hinweise aus der Bevölkerung. Sollten weitere, auffällig gefärbte Federn gefunden werden, warnt die Polizei davor, diese anzufassen. „Am besten sofort bei uns anrufen“, sagt Büch.
