Lesermeinungen zur Reform des Postgesetzes
Deutsche Post: „Traurig, dass viele Kunden nicht den Menschen sehen“ contra „nichts klappt mehr“
Das Postgesetz soll überarbeitet werden - doch nicht alle halten die Änderungsvorschläge für sinnvoll. Die OVB24-Redaktion haben viele Leserzuschriften erreicht, darunter auch Meinungen von Briefzustellern selbst:
Weniger Zustelltage, Zwei-Klassen-Zustellsystem und höheres Porto: Das deutsche Postgesetz soll überarbeitet werden, weshalb diese Änderungsvorschläge gerade öffentlich diskutiert werden. So schlug der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, vor, die Zustelltage von sechs auf fünf pro Woche zu kürzen, indem der Montag gestrichen werde - dort seien generell weniger Briefe im Umlauf. Auch über ein Zwei-Klassen-Zustellsystem wird nachgedacht. Wer dann möchte, dass sein Brief am nächsten Werktag zugestellt wird, müsste draufzahlen - und zwar noch mehr, als die bereits geplante allgemeine Portoerhöhung vorsieht.
Kundenzufriedenheit lässt nach
Aber kann sich die Deutsche Post das derzeit leisten? Viele Kundinnen und Kunden beklagen sich über verspätete oder gar nicht erst zugestellte Briefe, an andere Personen adressierte Sendungen im Briefkasten und über hohe Kosten. Die Ursache dafür: Personalmangel. Und der wird aller Voraussicht nach auch durch die geplanten Änderungen des Postgesetzes nicht gebessert, im Gegenteil: Dieselbe Briefmenge müsste dann an noch weniger Tagen ausgeteilt werden, was den Druck auf die verbleibenden Mitarbeiter erhöhen könnte.
Wir haben unsere Leser gefragt, welche Erfahrungen sie mit der Deutschen Post gemacht haben, und wie sie die möglichen Gesetzesänderungen einschätzen. In der Abstimmung halten die meisten Teilnehmer die Reformen mit Hinblick auf die Mitarbeiter für kontraproduktiv - und viele sind ebenfalls nicht bereit, ein höheres Porto zu bezahlen. In den Leserbriefen, die unsere Redaktion erreicht haben, gehen die Ansichten auseinander:
Deutsche Post Reform: Das sagen unsere Leser - darunter auch Briefzusteller
N. Cadrien
Die Post macht es den Mitarbeitern immer schwerer, die Zustelltouren zu schaffen und das schon seit Jahren. Die Touren sind oft zu groß bemessen, gerade die Verbundtouren. Wenn das nicht genügt, kommt die Prognose dazu um die Belastung zu erhöhen. Hinzu kommt, dass Vertreter oft nicht ihre gewünschten freien Tage bekommen. Es haben z.B. alle am 03.10., Vatertag oder Pfingstmontag frei. So werden freie Tage gespart auf die Kosten von Mitarbeitern! Die Touren werden oft (gerade von September bis Mai, Hochsaison) nicht geschafft und die halbe Tour bleibt liegen - damit wenigstens Pakete zugestellt werden können. Also gibt es schon das Prioritäten-System, nur inoffiziell. Es ist kein Wunder, dass viele den Job wechseln, auch mit Lohn-Verlusten. Selbst einige, die schon 30 Jahre und länger dabei waren, sind gegangen. Und das ist ein Top Arbeitgeber?!
Bärbel Sagawe
Ich habe eine App und die zeigt mir an, welche Briefe zu mir unterwegs sind. Teilweise dauert es vier Tage, bis sie zugestellt sind. Bei uns ist der Montag schon kein Zustelltag mehr. Also ein klarer Verstoß gegen das bestehende Gesetz. Leider interessiert das keinen. Hoffentlich gibt es mal eine Alternative zur Deutschen Post, damit es wieder Wettbewerb gibt. Bei der Post klappt nichts mehr. Und außer Gebührenerhöhungen fällt der Post nichts mehr ein.
Susi (Name geändert)
Mein Name ist Susi (geändert) und ich arbeite bei der Deutschen Post. Sehr oft lese ich von Beschwerden von Kunden, wo ich mir denke: Ey... da stehen Menschen dahinter und keine Maschinen. Wir wurden Anfang des Jahres stark reformiert. Die Bezirke sind größer geworden. Die Arbeitszeiten wurden reduziert. Ja, es wurde die A/B-Sortierung eingeführt, als „Entlastung“, aber das wirkt nicht. Das, was von uns mittlerweile erwartet wird, ist für 95% der Belegschaft nicht zu schaffen. Wenn man uns dann noch einen Tag nimmt, dann ist es ganz aus.
Zudem kommen Beschwerden von Kunden, wo ich mich frage, wie man das noch alles umsetzen soll. Als Beispiel aus einem Tiktok Video: Es beschwerte sich eine Kundin, dass der Postbote den Kunden fragte, ob er bei den sechs 30kg Paketen bitte mit anfassen würde, da diese in den 4. Stock mussten. Der Kunde weigerte sich und verwies darauf, dass es ja unser Job sei. Ja, da hat er schon recht, aber ehrlich gesagt, wenn sie das 10 Mal am Tag machen müssen, ist die Kraft auch mal alle. Ein anderer Kunde beschwerte sich, dass der Postbote seinen Zettel an der Tür („Bitte anrufen, ich komme dann sofort“) ignorierte und das Paket nicht zustellte. Wir haben diese Zeit zum einen nicht und zum anderen sind solche Zettel nicht zulässig. Auch Beschwerden über Ablageverträge, die nicht klar definiert sind, kommen oft. Da steht aber zu 80% der Kunde im Regress, diese vernünftig und für alle im Haushalt lebenden Personen zu hinterlegen. Wir haben nun mal klare Vorschriften.
Fazit: Ich finde es soooo traurig, dass viele Kunden gar nicht den Menschen hinter der Arbeit sehen. Es wird nur darauf rum gehackt, was wir alles falsch machen, oder dass wir zu spät dran sind. Viel zu wenige Menschen kennen den eigentlichen Aufwand und Druck, den wir haben. Ich lade jeden Beschwerde-Kunde gerne mal ein, 14 Tage mit zu fahren.
Warum ich anonym bleibe? Um meine Anstellung nicht zu gefährden - denn trotz alledem liebe ich meinen Job.
Sabine Hirschfeld
Zur Zeit läuft bei der Post nichts mehr richtig. Ich habe diese Briefankündigung aktiviert, laut dieser hätte ich am Freitag einen Brief bekommen sollen (Porto 0,85€), dieser Brief kam am Samstag. Am Samstag hatte ich wieder eine Briefankündigung, dieser Brief kam nicht an (auch voll bezahlt). Beide Briefe sind am 22.6. gestempelt. Stattdessen hatte ich einen kleinen Katalog für Jäger im Briefkasten. Der Empfänger des Kataloges wohnt ausserhalb. Auch stimmen die Namen nicht überein. Ich werde den Katalog zeitnah zum Empfänger bringen. In der Zeit vom 6.3. bis 13.3. dieses Jahres fand hier gar keine Postzustellung statt. Werbepost ist grundsätzlich 2-3 Tage unterwegs.
Mario Wintrich
Wir bekommen Post, die zum Beispiel länger als eine Woche unterwegs ist. Auch von Ämtern und Versicherungen. Einen Brief mit den Zugangsdaten von der DHL habe ich nach fünf Tagen in der Hecke gefunden. Eine Buchsendung ist überhaupt nicht angekommen. Aber dafür haben wir des öfteren Post von Leuten im Briefkasten, die nicht bei uns wohnen. Beim letzten Mal konnte ich den Briefträger noch abfangen, um ihm die falsche Post zu geben. Ich erklärte ihm die Sachlage, aber er konnte mich nicht verstehen. Auf gebrochenen Deutsch gab er mir das zu verstehen. Übrigens habe ich am 16.06.2023 drei Briefe in verschiedenen Größen und richtig frankiert an mich abgeschickt. Bis jetzt ist nur einer am 20.06.2023 angekommen.
Ursula Neumann (Düsseldorf)
Unser Stammbriefträger kommt wie so oft erst um 17-18 Uhr. Er wird immer nur mit dem Handy in der Hand angetroffen und macht nur Pause. Die Wochenreklame teilt er auch nicht aus. Seine Vertretungen kommen circa um 14 Uhr. Teilen die Reklame oft schon freitags aus. Wenn man ihn fragt, wird er frech. Müssen wir uns das gefallen lassen? Beschwerden nützen nichts.
Peter Höfling
Ich bin selbst Zusteller. Wir würden eine Streichung der Zustellung am Samstag unterstützen. Die Pakete und Päckchen, die samstags für die Ärzte und Betriebe zurück gestellt werden, sollen zwangsläufig am Montag mit der Briefpost zugestellt werden.
Es dürfte weniger Probleme für die Empfänger geben, die Post am Montag zu erhalten. Zudem spart man sich von der Unternehmensseite das Vorhalten an Personal und Springer-Vertreter, wo bereits Knappheit herrscht. Das vorhandene Personal könnte so effektiver eingesetzt werden.
Reform des Postgesetzes - was haltet Ihr von den Vorschlägen?
Uns interessiert, welche Erfahrungen Ihr mit der Deutschen Post gemacht habt. Läuft bei Euch die Postzustellung reibungslos und zuverlässig ab? Oder habt auch Ihr schlechte Erfahrungen gemacht? Seid Ihr selbst Briefzusteller und leidet unter den Arbeitsbedingungen? unterstützt Ihr die Reformvorschläge, oder haltet Ihr sie für sinnlos? Schreibt uns einen Leserbrief an leserbriefe@ovb24.de (Stichwort Post) Bitte sendet uns neben Euren Zeilen auch unbedingt Euren Namen und Euren Wohnort – und am besten auch ein Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt Namen und Wohnort anschließend in einem entsprechenden Artikel.
Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern.
fso