Meinung
Debatte über Erdinger Demo: Politik muss sich dem Protest stellen
Das Urteil vieler Sofa-Politologen und Welterklärer über die Erdinger Demo war so schnell gefällt, wie es vernichtend war. Auch, dass Ministerpräsident Markus Söder eine Rede hielt, wurde kritisiert. Doch die Kritikaster machen es sich zu einfach. Denn es ist legitim, sich gegen Murks-Gesetze aufzulehnen.
Bemerkenswert, wie viele Sofa-Politologen und Berliner Welterklärer, von denen nicht alle Erding buchstabieren konnten, die Großdemo gegen das Heiz-Gesetz bewerten. Tenor: braunes Pack; und Söders Rede mitten drin fügt der Demokratie üblen Schaden zu. Dieses Schnellurteil ist Unfug, eine süffige, aber falsche Ferndiagnose.
Die Erdinger Demo war ein Drahtseilakt, weil sie der Organisatorin im Vorfeld leider auch ein Stück über den Kopf gewachsen ist. Wer hinschaut auf den Volksfestplatz, sieht unter den Teilnehmern Spinner, Schwurbler, Radikale – aber auch viele, viele tausend ganz normale Bürger, die zornig sind über das unsoziale Heiz-Gesetz und die Berliner Kapriolen. Nicht wer mit dieser Mehrheit redet und für dieses konkrete Anliegen kämpft, schadet der Demokratie, sondern wer sie abstempelt und beschimpft. Es ist legitim, sich gegen das Murks-Gesetz aufzulehnen. Es ist nötig, dass das Demokraten tun, die den Protest eben nicht Randgruppen überlassen.
Diese Differenzierung und eine klare Abgrenzung zwischen angebrachter Kritik und Verhetzung gab es in Söders Auftritt; nicht in der Rede von Aiwanger, worüber in der Landespolitik noch zu sprechen sein wird. In der Summe hat der Einsatz der bürgerlichen Politiker und – kurios, aber mutig – auch des bayerischen FDP-Chefs gerade noch klargemacht, dass der Schwerpunkt des Ärgers und Protests gegen dieses Heiz-Gesetz aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Eine Lehre aus Erding ist eben deshalb nicht, sich möglichst fernzuhalten vom Volk. Im Gegenteil: Politik muss öfter raus aus ihrem Elfenbeinturm und mit klaren Botschaften und klarer Haltung dorthin gehen, wo Angst, Sorgen und Zorn sind.