Motiv zunächst unklar
„Alles im Fluss“ nach Messerattacke von Aschaffenburg: Womit sich Ermittler am Tag danach beschäftigen
Nach der tödlichen Messerattacke von Aschaffenburg laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Neben der Frage nach dem Tatmotiv rückt ein weiteres Thema in den Fokus.
Aschaffenburg – Bei einem Angriff in einem Park im fränkischen Aschaffenburg sind am Mittwoch (22. Januar) zwei Menschen getötet worden, darunter ein Kleinkind. Zudem starb ein Mann. Zwei weitere Menschen wurden schwer verletzt. Verdächtig ist ein 28-jähriger Mann aus Afghanistan, der kurz nach der Attacke festgenommen wurde. Über die aktuellen Entwicklungen halten wir Sie in unserem News-Ticker auf dem Laufenden.
Zunächst war unklar, ob die Tat terroristisch motiviert war. „Zur Motivlage sind die Ermittlungen angelaufen“, sagte ein Polizeisprecher. Er bat darum, auf Spekulationen zu verzichten. „Terror können wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen“, erklärte ein Behördensprecher jedoch kurz darauf dem Spiegel.
Tödliche Messerattacke von Aschaffenburg: Welches Motiv hatte der Täter?
Am Mittwochabend sprach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dennoch von einer „Terror-Tat“: „Ich bin es leid, wenn sich alle paar Wochen solche Gewalttaten bei uns zutragen“, sagte der SPD-Politiker laut einer Mitteilung.
Die Suche nach dem Tatmotiv steht jetzt im Fokus der Ermittler. Zeugen müssen befragt und Spuren ausgewertet werden. Der festgenommene 28-Jährige soll im Laufe des Donnerstags einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden, der über die Frage einer Unterbringung in einer Psychiatrie oder Untersuchungshaft entscheiden soll.
Zwei Tote nach Messerangriff in Aschaffenburg: Wer ist der Täter?
Der Festgenommene soll laut Spiegel-Informationen ein 1997 geborener Mann aus Afghanistan sein. Aus Ermittlerkreisen hieß es, er sei bereits in der Vergangenheit durch Gewalttaten auffällig geworden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gab am frühen Mittwochabend an, dass sich der Mann in psychiatrischer Behandlung befunden habe.
„Es ist alles noch im Fluss“, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstagmorgen. Man trage nun alle Informationen zusammen, auch zum Leben des mutmaßlichen Täters. „Das klären wir gerade ab.“ Über Familienstand oder etwa Beruf des 28-Jährigen ist noch nichts an die Öffentlichkeit gedrungen.
2022 sei er nach Deutschland eingereist, Anfang des Jahres 2023 habe er einen Asylantrag gestellt. Zwischendurch habe er gegenüber Behörden seine freiwillige Ausreise angekündigt. Daraufhin sei das Asylverfahren eingestellt worden. Zwischen Angreifer und Opfern soll es keine Vorbeziehung gegeben haben.
Debatte um ausreisepflichtigen 28-Jährigen dürfte Fahrt aufnehmen
Neben der Frage nach dem Tatmotiv dürfte in den kommenden Tagen die Debatte Fahrt aufnehmen, warum der Verdächtige noch in Deutschland war. Laut Bayerns Innenminister Herrmann hatte es ein Dublin-Verfahren gegeben, das aber nicht zeitgerecht abgeschlossen werden konnte. Das Dublin-Verfahren ist ein Bestandteil des gemeinsamen europäischen Asylsystems. Eine der Regelungen besagt, dass in vielen Fällen der Staat für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig ist, in dem der Geflüchtete zuerst EU-Boden betreten hat.
Ob es eine Frist gab, in der er Deutschland hätte verlassen müssen, blieb aber unklar – ebenso wie die Frage, welche Rolle seine offenbar andauernde psychiatrische Behandlung beim Zeitpunkt der Ausreise spielte.
Ein 41-jähriger Mann und ein zweijähriger Junge aus Marokko starben durch den Angriff. Bei dem Erwachsenen handelt es sich, wie zunächst Bayerns Ministerpräsident Markus Söder via X vermeldete, um einen „Helfer, der seine Zivilcourage mit dem eigenen Leben bezahlt hat“.
Tödliche Messerattacke in Aschaffenburg: Passant ging offenbar dazwischen
Gegen 11.45 Uhr seien die ersten Notrufe über eine Gewalttat im Park Schöntal eingegangen. Der festgenommene 28-Jährige hatte es nach Informationen des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) auf eine Kindergartengruppe abgesehen. Mit einem Küchenmesser habe er die Kinder attackiert und den Zweijährigen tödlich verletzt.
Zudem habe der Afghane nach bisherigen Ermittlungen ein zweijähriges Mädchen verletzt, das aus Syrien stammt. Ein 41 Jahre alter Passant, der dazwischengegangen sein soll, wurde laut Herrmann von dem Verdächtigen getötet. Es gab zwei weitere Schwerverletzte; sie befanden sich jedoch nicht in Lebensgefahr. Der Tatort und der Park wurden nach dem Vorfall um die Mittagszeit weiträumig abgesperrt.
Womöglich sei das Motiv des Angreifers auf seine psychischen Erkrankungen zurückzuführen, erklärte CSU-Politiker Herrmann. Bei der Durchsuchung der Asylunterkunft, in der der Mann lebte, habe es keine Hinweise auf eine Radikalisierung des Angreifers gegeben.
Bahnverkehr um Aschaffenburg nach tödlicher Messerattacke eingeschränkt
Da der Verdächtige versucht haben soll, über Bahngleise zu fliehen, wurde der Bahnverkehr in Aschaffenburg eingestellt. Auf der Strecke zwischen Würzburg und Frankfurt kam es zu Zugausfällen und Verspätungen. Der Aschaffenburger Hauptbahnhof sei wegen des Einsatzes vorübergehend gesperrt gewesen, sagte eine Sprecherin der Bahn.
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Aschaffenburg hat etwa 70.000 Einwohner und liegt im bayerischen Regierungsbezirk Unterfranken, nahe der Landesgrenze zu Hessen. Der Park namens Schöntal befindet sich in der Innenstadt. Die Polizei ist dort immer mal wieder mit Fußstreifen unterwegs, wie ein anderer Sprecher angab. Im vergangenen November hatte ein Ermittler den Park als in Teilen „gefährlichen Ort“ eingestuft. Womöglich auch deshalb habe die verdächtige Person rasch gefasst werden können.
Polizei bittet nach Messerangriff um Hinweise
Nach der Gewalttat bat die Polizei um Hilfe möglicher Zeugen. Die Polizei hat ein Hinweistelefon eingerichtet. Dieses ist unter 0800/0060322 erreichbar. Für Bilder und Videos, die mit dem Vorfall in Zusammenhang stehen, ist ein Medien-Upload-Portal geschaltet.
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