Katastrophenwelt in Windischeschenbach
Amokläufe und Terroranschläge: So rüsten sich Einsatzkräfte für Katastrophen der Zukunft
Amokläufe, Terroranschläge oder Zugunfälle: Normalerweise werden solche Katastrophen mit allen Mitteln verhindert. Nicht aber in Windischeschenbach, dort werden sie sogar geplant. Einsatzkräfte sollen sich so auf Ernstfälle vorbereiten.
Windischeschenbach – Windischeschenbach ist eine Kleinstadt in der Oberpfalz – und das Zentrum für Katastrophen aller Art. Künftig soll es dort noch mehr Amokläufe, Terroranschläge und Zugunfälle geben. Alle geplant. Denn dort befindet sich das Bayerische Zentrum für besondere Einsatzlagen. Schon jetzt trainieren die bayerischen Hilfsorganisationen regelmäßig auf einem 1.200 Quadratmeter großen Gelände schwierige Rettungen.
32 Millionen Euro für eine Katastrophenwelt
In den nächsten Jahren soll in dem Gewerbegebiet eine riesengroße Katastrophenwelt entstehen. Der Freistaat investiert dafür 32 Millionen Euro. Geplant sind vier Themenbereiche auf weiteren 24.000 Quadratmetern, erklärt Daniel Pröbstl vom Bayerischen Roten Kreuz. Er ist Geschäftsführer des Zentrums. In einem Bereich soll eine kleine Stadt mit Bahnhof und Zugwaggon entstehen. Dort werden beispielsweise große Zugunglücke wie in Bad Aibling oder Garmisch-Partenkirchen trainiert. Außerdem gibt es eine Zone mit ländlicher Fläche, eine Autobahn und eine Zone, die wie ein Trümmerfeld gestaltet sein wird. Dazu kommen Räume, in denen konkrete Einsatzsituationen durchgespielt werden können, erklärt Pröbstl. Das könne eine zerstörte Metzgerei sein oder ein Klassenzimmer. „In den Multifunktionshäusern und auf den Trainingsflächen können auch Witterungsbedingungen simuliert werden.“
Ziel ist es, die Einsatzkräfte und das Zusammenspiel aller Retter für den Ernstfall bestmöglich zu trainieren. Pandemie und Krieg hätten die Hilfsorganisationen vor neue Herausforderungen gestellt, auch Blackout-Szenarien würden realistischer, erklärt Pröbstl. „Alle Einsatzkräfte sind gut ausgebildet“, betont er. „Spezielle Situationen erfordern aber Training.“ Bei diesen Übungen wissen die Einsatzkräfte oft nicht, was sie erwartet. „Sie bekommen zum Beispiel die Information: Vier Verletzte in Zug. Erst vor Ort stellen sie fest, dass es sich beispielsweise um einen Amoklauf handelt – und müssen reagieren.“
„Ein Trainingsgelände, das es sonst nirgendwo gibt“
Auch die Polizei trainiert in dem Zentrum spezielle Einsatzlagen. „Wir können dort ein realistisches Szenario schaffen, Geräusche, Gerüche und Stress erzeugen“, erklärt Pröbstl. Der Übungseinsatz wird gefilmt und von Trainern beobachtet. Anschließend werden die Einsätze durchgesprochen und Verbesserungen erarbeitet, zum Beispiel was die Kommunikation angeht. Schon jetzt gibt es auf dem Gelände eine Schule, einen simulierten Busunfall, eine Einkaufspassage und eine Freifläche. Durch das Geld des Freistaats werden bis 2030 weitere Szenarien dazukommen. „Wir schaffen ein Trainingsgelände, das es sonst nirgendwo gibt“, sagt Pröbstl. Betreiber des Zentrums sind BRK, Arbeiter-Samariter-Bund, Malteser-Hilfsdienst und die Johanniter-Unfallhilfe.
Kooperationen mit der Wissenschaft
Sie werden dort auch gemeinsam trainieren, um das Zusammenspiel in Katastrophenfällen zu verbessern. Und dafür werden sie die Technik von morgen nutzen, berichtet der Geschäftsführer. Es gibt Kooperationen mit der Wissenschaft und dadurch Zugang zu Technologien, die gerade in der Entwicklung sind. Bei den Einsätzen werden auch Kameras und Drohnentechnologie genutzt. Dafür wird im Zentrum ein 5G-Mobilfunknetz auf privater Frequenz aufgebaut. Windischeschenbach wird also nicht nur Katastrophen-Hochburg – sondern auch ein Einsatzort der Zukunft.