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1400 Raublinger mussten aus ihren Wohnungen

„Habe Gänsehaut bekommen“: So erlebten Anwohner die Nacht der Bomben-Entschärfung

Nach dem Bombenfund in Raubling erfolgte eine großangelegte Evakuierung der Anwohner
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Bombenfund und Evakuierung in Raubling.

Nach dem Fund einer 250 Kilo schweren Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg und der Entschärfung der Bombe kehrt wieder Ruhe in Raubling ein. Was bleibt, ist der Schrecken, aber auch das Gefühl des Zusammenhalts. Die Entschärfung stellte die Experten allerdings vor Herausforderungen.

Raubling/Pfraundorf – Großer Schrecken am Dienstagabend in Raubling. Bei Baggerarbeiten an der Breiteicher Straße im Ortsteil Pfraundorf war eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden. Die Entschärfung konnte trotz Schwierigkeiten erfolgreich durchgeführt werden.

Die Einsatzleitung habe sich für die Entschärfung noch in der Nacht entschieden, sagte Oliver Winter, Leiter des Büros des Landrats. Die Entschärfung sollte nachts passieren, weil da die Beeinträchtigungen am geringsten seien. Kein Berufsverkehr auf Autobahn, Bundesstraße und Bahn, keine arbeitenden Nachbarfirmen.

Der Sprengkörper stellte die Gemeinde und die Rettungskräfte vor eine Mammutaufgabe. Aus Sicherheitsgründen wurde um den Fundort ein Radius von 500 Metern gezogen. Alle Bürger, die innerhalb dieses Gebiets leben, mussten ihre Wohnungen verlassen. 

Evakuierung mit Hindernissen

In eine heikle Situation kam ein Anwohner, der in unmittelbarer Nähe des Fundortes wohnt. Zum Zeitpunkt des Beginns der Evakuierung war er noch unterwegs, wusste seine derzeit schlecht gehen könnende Frau im Hause . Nachdem er von Feuerwehrleuten darauf hingewiesen wurde, dass er mit seinem Auto nicht mehr in den abgesperrten Bereich nach Hause fahren könne, wuchsen die Sorgen um seine Frau schnell an. In Begleitung eines Streifenwagens konnte er nach Hause und schließlich mit seiner Frau gemeinsam die Wohnung wieder verlassen.

Auch das Pflegeheim Margarete war von der Evakuierung betroffen. Heimleiter Lukas Regman war am Tag darauf sehr vom guten Ablauf der ganzen Evakuierung angetan. Die Zusammenarbeit mit den Rettungskräften sei reibungslos verlaufen, sagte Regman. 28 der Bewohner sind bettlägrig, sie wurden mit Hilfe von Rettungswagen in die umliegenden Krankenhäuser gebracht. Innerhalb einer guten Stunde war das Heim geleert, die Bewohner hätten die ganze Aktion ohne Panik über sich ergehen lassen.

Noch in der Nacht konnten alle Bewohner dann auch schon wieder zurück in das Pflegeheim gebracht werden. Acht der Bewohner kamen im Romed-Klinikum in Rosenheim unter. Dort hat man bereits Erfahrung mit der Unterbringung von Evakuierten wegen Bombenfunden. Am Dienstag passierte dies bereits zum dritten Mal.

Vereine mussten weichen

Der Krisenstab unter der Leitung des Rosenheimer Kreisbrandrats Richard Schrank koordinierte die 300 Rettungskräfte vor Ort. Für Raubling war der Fund allerdings der erste seiner Art. Bürgermeister Olaf Kalsperger sprach von einer reibungslosen Zusammenarbeit aller Beteiligten, Rettungskräfte und Gemeinde. Es sei eine kurze Nacht für alle gewesen, aber der Ablauf „war beispielhaft“. Bereits kurz nach dem Fund, als klar wurde, dass eine Evakuierung notwendig ist, ließ die Gemeinde die Sporthalle leeren. Die Sportvereine wurden vor die Tür gesetzt, um in der Halle eventuell die evakuierten Bürger unterbringen zu können. Der Landkreisbauhof baute in einer Stunde die Betten auf.

In der alten Gemeindehalle Raubling wurde eine Notunterkunft eingerichtet.

„Ich habe von dem Fund der Fliegerbombe und der notwendigen Evakuierung von meiner Tochter erfahren und hab furchtbar Magenweh bekommen“, erzählt Vroni Heiker aus dem betroffenen Gebiet, die mit ihrem Mann wie so viele Mitbürger in der Notunterkunft in der alten Gemeindehalle Raubling auf ein gutes Ende und eine baldige Rückkehr in ihr trautes Heim hoffte. „Da denke ich schon an frühere Kriegszeiten, was da wohl die Leute bei einem Fliegeralarm so mitgemacht haben, ich habe Gänsehaut bekommen, und ein paar Tränen sind geflossen.“

Dieter Erber wohnt direkt an der B15, Rosenheimer Straße. Er und seine Frau haben sich gewundert, dass die Polizei und Feuerwehren Richtung Raubling fuhren, kurz darauf wieder zurückkamen und sich am Bio-Markt positioniert haben. „Die erste Durchsage ist in Englisch gekommen, das haben wir nicht verstanden. Dann habe ich bei den Hilfsdienstleistenden persönlich nachgefragt und erst dann wurde klar, dass es sich um einen Fund einer Fliegerbombe handelt und wahrscheinlich eine Evakuierung notwendig wird“, schildert er während seines Aufenthalts in der Gemeindehalle.

Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022

Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022
Fliegerbombe in Raubling - Einsatz am 8. November 2022 © sl

Aber nur ein Teil der mehr als 1000 Evakuierten kam auch wirklich in die Gemeindehalle. Viele andere Menschen verbrachten die Zeit bei Freunden und Verwandten in der Umgebung.  Nicole Weber wohnt nicht weit von der Fundstelle. Aber weit genug, um ihre Wohnung verlassen zu müssen. Im Gegenteil: Bei ihr fand eine Mutter mit zwei Kindern Unterschlupf für die Nacht. „Wir sind befreundet - und ich dachte mir, dass es bei uns gemütlicher ist als in der Turnhalle“, sagt sie. Da hieß es nochmal zusammenrutschen, denn bei Webers leben schon zwei Frauen aus der Ukraine samt Baby. Die beiden Frauen hätten recht „cool“ reagiert, sagt Nicole Weber. Natürlich seien sie, „wie wir alle“, erstmal ein wenig aufgeregt gewesen, hätten dann aber in aller Ruhe ihre wichtigsten Papiere zusammengesucht. Von Panik keine Spur.

Entschärfung mit Hindernissen

Die Entschärfung der Bombe stellte aber doch auch die Experten des Kampfmittelräumdienstes vor Herausforderungen. Oliver Winter sagte: „Im Vorlauf der Entschärfung stellte sich heraus, dass direkt neben der Baugrube eine Erdgasleitung verläuft. Die musste dann von Fachleuten abgesperrt werden.”  Laut Kreisbrandrat Schrank habe die Bombe zwei Aufschlagzünder gehabt, einer davon war im Laufe der Zeit stark korrodiert. Der Zündkopf habe bei der Entnahme leicht nachgegeben.

Alle Beteiligten zeigten sich sehr beeindruckt vom Zusammenhalt der Raublinger Bürger. Oliver Winter sprach von einer hervorragenden Hilfsbereitschaft der Raublinger. „Die waren sofort dabei, brachten Essen und Getränke in die alte Gemeindehalle.”

Bürgermeister Kalsperger hat derweil keine Befürchtungen, dass in dem Bereich noch mehr Bomben gefunden werden. Aber die Aufmerksamkeit sei geschärft - vor allem in Hinblick auf künftige Tiefbaumaßnahmen.

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