Alpine Glücksmomente
Abseits des Trubels: Drei außergewöhnliche Touren in den Chiemgauer Alpen
Nichts ist ergreifender als einen Gipfel zu erreichen und in die Ferne zu blicken. Dieses Gefühl kennt jeder, der gerne in den Bergen wandert. Nur manchmal – und vor allem in der Saison – verunmöglichen zu viele Menschen, die das Tempo auf den Wegen vorgeben und sich am Gipfel drängen, dieses Hochgefühl. Gut, dass es Pfade gibt, die kaum jemand kennt. Eine spannende Auswahl bietet das Buch „Vergessene Pfade – Chiemgauer Alpen“.
von Raphaela Kreitmeir
Michael Kleemann ist begeisterter Wanderführer und macht sich in seinem neuen Buch auf, vergessene Pfade in den Chiemgauer Alpen, aber auch in den Berchtesgadener Alpen, dem Kaisergebirge und dem Mangfallgebirge zu entdecken. Bei der Recherche ist er vor allem in den Chiemgauer Alpen auf Pfade durch Steilhänge getroffen, die abrupt im Windbruch oder an einer Felswand endeten. Damit es den Wanderern, die gerne abseits des Trubels in der Bergwelt unterwegs sind, nicht ebenso ergeht, hat Kleemann alle Pfade selbst erprobt und detailliert beschrieben. Ein Wanderbuch mit 40 außergewöhnlichen Touren, das inspiriert und alpine Glücksmomente bereithält.
Karkopf (1738 m) und Dreisesselberg (1680 m)
Wildromantische Gipfelrunde
Das Lattengebirge mit all seinen Besonderheiten erleben ̶das ist die Devise dieser Wanderung! Allein schon die Auffahrt mit der Predigtstuhlbahn ist ein Abenteuer. Die Seilschwebebahn ist die älteste im Original erhaltene und ganzjährig verkehrende Großkabinenbahn der Welt. In etwa acht Minuten schwebt die zwölfeckige Pavillongondel bergwärts. Man sieht dabei über die wilden Abbrüche des Predigstuhls und hinunter zum grünen Salaachstausee, dahinter erhebt sich majestätisch, fast senkrecht das Massiv der Reiteralpe. Mit seinen 1614 Metern Höhe liefert der Predigtstuhl eine traumhafte Aussicht über Bad Reichenhall hinweg zum Hochstaufen und hinüber nach Salzburg.
Der nächste aussichtsreiche Gipfel ist dann der Hochschlegel, der genauso wie der folgende Karkopf Ausblicke nach Osten zum Untersberg und nach Westen auf die Reiteralpe freigibt. Im Süden grüßen hier Watzmann und Hochkalter herüber. Dann wartet auch schon der Dreisesselberg mit einer faszinierenden Aussicht in das Salzburger Becken. An klaren Tagen kann man von hier oben die Festung Hohensalzburg sehen. Nun geht es nordwärts in das wilde Schluchtengewirr steil bergab, bis der letzte Aussichtspunkt, die Hochplatte, erreicht ist. Somit werden fünf Aussichtsgipfel auf dieser Wanderung miteinander verbunden!
- Tourencharakter: Zunächst Wanderung auf typischen Wanderwegen. Beim Abstieg vom Dreisesselberg zur Hochplatte Steige, die absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordern.
- Ausgangspunkt: ÖPNV: Bhf. Bad Reichenhall-Kirchberg (480 m) Pkw: Talstation Predigtstuhlbahn (480 m)
- Endpunkt: Pkw + ÖPNV: Bayerisch Gmain Bhf. (540 m)
- Gehzeiten: Bahnhof Bad Reichenhall – Predigtstuhlbahn ¼ Std. – Hochschlegel – Karkopf – Dreisesselberg 2 Std. – Hochplatte – Bayrisch Gmain Bahnhof 3¼ Std.
Pastaukopf (1326 m)
Wenig beachteter Berg mit grandioser Aussicht
Der Pastaukopf ist eine unscheinbare Erhebung, die, umrahmt von Spitzstein, Heuberg und Kranzhorn, ihr Schattendasein führt. Das macht diesen Gipfel interessant, denn nur wenige Wanderer verirren sich auf teils unbeschilderten Wegen zu diesem Berg mit einer grandiosen Aussicht.
Zwischen Kranzhorn und Spitzstein
Ein wahres Labyrinth an Forststraßen erstreckt sich hinter dem Waldparkplatz Gammern, dem Ausgangspunkt für Wanderungen zwischen der Hochries und dem Heuberg. Daneben gibt es aber auch kleine, kaum beschilderte Wege über die Grenze nach Tirol – so, als ob die beiden Nachbarn nicht viel voneinander wissen wollten. Tatsächlich finden wir im Grenzgebiet einige unbeschilderte Pfade durch Wälder und über Almwiesen, die etwas Gespür für die Wegführung verlangen. So gesehen ist diese Tour ein absoluter Klassiker unter den »vergessenen Pfaden«. Vom kleinen Gipfel selbst kann man eine unerwartete Rundum-Aussicht genießen. Im Norden sehen wir zwischen dem Heuberg und der Hochries den Simssee, im Osten grüßen der Brandelberg und der Spitzstein, im Süden sehen wir den Wilden Kaiser.
Tief darunter thront die Festung Kufstein, die deutlich über der Altstadtzu sehen ist. Nach Westen hin öffnet sich der Blick in das Mangfallgebirge. Markant stehen hier von links nach rechts der Brünnstein, der Große Traithen und der Wendelstein, der mit seinen Masten des Observatoriums gut zu erkennen ist. Immer wieder werden auch unterschiedliche Bezeichnungen des Berges unserer heutigen Tour verwendet. Pasterkopf nennen ihn die Einheimischen, und so steht es auch auf den neuen gelben Wanderschildern vermerkt. Daneben gibt es auch die Bezeichnung Basterkopf, die wir an der Käsalm finden. Pastaukopf finden wir dagegen auf den meisten Wanderkarten, so wie die gleichnamige Alm auf der Westseite des Berges. Alle meinen das gleiche Ziel – einen wunderschönen, unbekannten Berg mit interessanten Wegen.
- Tourencharakter: Wanderung zunächst auf Forststraßen, dann auf Wald- und Wiesenpfaden. Im Schlussstück windet sich ein schmaler Pfad auf den Gipfel, der Trittsicherheit verlangt.
- Ausgangspunkt: Waldparkplatz Gammern (880 m)
- Endpunkt: Wie Ausgangspunkt
- Gipfel: Pastaukopf (1326 m
- Gehzeiten: Waldparkplatz – Pastaukopf 2¼ Std. – Euzenau 1½ Std. – Waldparkplatz ½ Std.
Naunspitze (1633 m), Petersköpfl (1745 m)
Traumtour im Zahmen Kaiser
Das Kaisergebirge: Die ganze Schönheit dieser Berggruppe offenbart sich, wenn man aus der steilen Nordflanke zur Vorderkaiserfeldenhütte aufsteigt. Auf der folgenden Gipfelrunde über die Naunspitze zum Petersköpfl reiht sich nach Süden hin die gesamte Gipfelparade des Wilden Kaisers auf: Scheffauer, die Ellmauer Halt, das Totenkirchl und die Ackerlspitzen – das sind nur die wichtigsten Namen in der Gipfelprominenz dieses Gebirges. Einen Kontrast auf dieser Tour bieten die Nordabbrüche des Zahmen Kaisers. Senkrecht gähnt unter uns der felsige Abgrund.
Tief darunter liegt der Walchsee, und auf der Gegenseite bauen sich die Berge der Chiemgauer Alpen auf. Die bekanntesten Aussichtsberge sind hier von West nach Ost gesehen Kranzhorn, Heuberg, Spitzstein und Geigelstein. Mit etwas Glück darf man in den späten Nachmittagsstunden beim Abstieg über den Musikantensteig das eine oder andere Gamsrudel beobachten. Sehen sie einen Wanderer, dann reagiert der führende Gamsbock mit einem Pfeifen und alarmiert so die ganze Familie, den Rückzug anzutreten. Schnell sind die wendigen Tiere auch über schier unwegsames Gelände in steilen Felsabbrüchen verschwunden.
- Tourencharakter: Wanderwege und Steige, absolute Trittsicherheit sowie trockene Wege erforderlich
- Ausgangspunkt: ÖPNV: Halt Ebbs-Schulzentrum (475 m); Pkw: Parkplatz Reith-Feldberg (600 m)
- Endpunkt: Wie Ausgangspunkt
- Gehzeiten: Halt Ebbs-Schulzentrum – Parkplatz Reith-Feldberg ½ Std. (nur ÖPNV) – Vorderkaiserfeldenhütte 2¾ Std. – Naunspitze – Petersköpfl 1¼ Std. – Hinterkaiserfeldenalm – Vorderkaiserfeldenhütte 1¼ Std. – Parkplatz Reith-Feldberg 2 Std. – Halt Ebbs-Schulzentrum ½ Std. (nur ÖPNV)
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