Wohnen im Alter
Experten fordern mehr altersgerechte Wohnungen – damit Senioren aus großen Wohnungen ausziehen
Der Wohnungsmarkt ist angespannt. Der Wohnungsbau kommt ins Stocken, die Preise steigen. Eine neue Studie warnt: Ältere rasen jetzt in die Wohnarmut.
München – Die Wohnungsnot wird sich weiter zuspitzen. Davor Experten bei der Vorstellung einer neuen Studie zum Thema Wohnungsnot. „Wir haben bei weitem nicht genügend Wohnungen“, sagte Matthias Günther vom Pestel-Institut am Montag bei der Präsentation einer Studie zum Thema. Im Fokus sind dabei insbesondere die sogenannten Babyboomer, die jetzt nach und nach in Rente gehen. Es fehlt zwar an allen Ecken und Enden an Wohnungen. Doch ganz besonders als altersgerechten Wohnungen für die Babyboomer, die jetzt auf den Markt drängen, reicht es nicht aus.
Babyboomer kommen ins Alter – und haben keine passenden Wohnungen
Das Pestel-Institut stellt in seiner Untersuchung, die es im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) gemacht hat, fest: Über 21 Millionen Menschen werden in zwanzig Jahren zur Altersgruppe „67plus“ gehören – rund 3,6 Millionen mehr als heute. „Deutschland wird sich dann grob in junge Städte und altes Land aufteilen. Es wird Regionen geben, in denen 2050 über 40 Prozent der Bevölkerung Senioren sein werden“, so der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther.
Das Problem: „Wir sind darauf schlecht vorbereitet“, so Günther. Ältere Menschen leben oft nicht in altersgerechten Wohnungen, davon gibt es schlicht zu wenige. Die Wohnungen, die barrierefrei und altersgerecht gebaut sind, sind oft Neubauten, die sich Ältere nicht leisten können. Auch eine Modernisierung ist heutzutage für viele Rentner und Rentnerinnen nicht zu leisten. Also bleiben sie in ihren zu großen, ungeeigneten Häusern und Wohnungen – und werden dann irgendwann gezwungen, auszuziehen, weil sie pflegebedürftig werden und ihre Wohnsituation die Pflege zu Hause unmöglich macht. Den Experten zufolge ist die Pflege aber der größte Armuts-Faktor für Menschen im Alter.
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Diese Lage droht in den kommenden 20 bis 30 Jahren zu eskalieren, wenn nichts getan wird. Ein massenhafter Anstieg der Pflegeheimbewohner kann sich die Gesellschaft auch nicht leisten. Stattdessen, fordert das Pestel-Institut, muss jetzt „Altes Wohnen“ stärker gefördert werden. „Doch ein Alterswohnprogramm für die Babyboomer ist politisch weit und breit nicht in Sicht“, sagt Matthias Günther.
Wohnen im Alter: KfW-Programme für den Umbau
Das Institut fordert konkret zwei Dinge, die den Wohnungsmarkt entlasten und zugleich altersgerechtes Wohnen fördern:
- Anpassung der KfW-Förderkredite für Menschen, die ihr Wohneigentum altersgerecht anpassen wollen
- Förderung von Programmen, die Senioren beim Umzug in altersgerechte Wohnungen unterstützen
Aktuell gebe es keine Zuschüsse mehr von der KfW-Bank für altersgerechte Modernisierungen, so der Studienleiter. Dabei sei es ja im Interesse des Staates, dass künftig mehr Menschen in der Lage sind, weiter in ihren eigenen vier Wänden zu leben, damit die Pflegeheime nicht an ihre Kapazitätsgrenzen kommen.
Der zweite Punkt ist aber das, was bei vielen Rentnern und Rentnerinnen ein empfindliches Thema ist. Matthias Günther spricht vom altbekannten Problem, dass zu viele Senioren und Seniorinnen in Wohnungen und Häusern leben, die viel zu groß sind. Zugleich suchen junge Familien händeringend nach größeren Wohnungen. Es muss also ein Weg gefunden werden, Ältere in kleinere Wohnungen zu bekommen – zum Wohle aller. Aktuell ist der Wohnungsmarkt vor allem für Ältere mit kleinem Geldbeutel eine Zumutung, weshalb ein Umzug für sie absolut nicht infrage kommt.
Senioren müssen in ihrem Umfeld bleiben
Das Pestel-Institut schlägt eine Art „Jung kauft Alt“-Programm vor. „Überall dort, wo genug Platz ist, neue seniorengerechte Wohnungen zusätzlich zu schaffen, sollte der Staat mit einer Förderung ansetzen. Es geht darum, beispielsweise in einem klassischen Einfamilienhaus zwei Wohnungen unterzubringen, mindestens eine davon seniorengerecht“, erklärt Günther. Eine jüngere Familie könnte dann die zweite Wohnung belegen.
Von herausragender Bedeutung sei es aber laut Matthias Günther aber auch, dass seniorengerechte Wohnungen im bestehenden Umfeld der Senioren errichtet werden. Die Menschen aus ihrem gewohnten Umfeld zu reißen, sei kontraproduktiv und führt oft zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands.
Rubriklistenbild: © Arno Burgi/zb/dpa
