Hotelausstatter gibt Firmensitz in Grabenstätt auf
Neuer Standort neben der Autobahn: Firma Schuster richtet sich in Bernau am Chiemsee ein
Corona, der Tod des Bruders, globale Lieferengpässe und eine komplette Firmenumsiedelung – die Zeiten für das ursprünglich in Grabenstätt gegründete Unternehmen Schuster sind fordernd. Warum es trotzdem zuversichtlich in die Zukunft blickt, darüber sprachen wir mit Geschäftsführer Michael Schuster.
Bernau am Chiemsee – Der Umzug ist vollzogen: Das Unternehmen Schuster Hoteleinrichtungen arbeitet seit Dezember am neuen Firmensitz in Bernau. Der langjährige Standort in Grabenstätt ist aufgegeben worden, weil dort keine weitere Entwicklungsmöglichkeit bestand. Das vor 99 Jahren gegründete Familienunternehmen wird in dritter Generation geführt, beschäftigt 89 Mitarbeiter, davon fünf Auszubildende. Weitere Einstellungen sind geplant. Produziert wird zu hundert Prozent am Standort.
Spatenstich kurz vor dem Lockdown
Der rund 14 500 Quadratmater große markante Firmensitz in der Chiemseestraße 83 steht markant auf einem Grundstück direkt neben der Autobahn. Die zurückliegenden beiden Jahre waren nicht ganz einfach. Der Spatenstich fand wenige Tage vor dem ersten Corona-Lockdwon statt, vergangenes Jahr kam Rudi Schuster bei einem Bergunfall ums Leben. Seitdem führt sein Bruder und Partner Michael Schuster das Familienunternehmen nach 33 Jahren enger Zusammenarbeit alleine „mit einem spitzen Team“, wie er sagt.
Parallel zum laufenden Geschäft waren auch die Herausforderungen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Obwohl viele Unternehmen in Hotel und Gastronomie die Zeit der Schließung für Investitionen nutzten, spricht die Firma Schuster unter dem Strich dennoch von einer „herausfordernden Situation“. Aktuell ist mit teilweisen Lieferschwierigkeiten und Preissteigerungen umzugehen.
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Der Blick in die Zukunft ist dennoch voller Zuversicht, wie Michael Schuster den OVB-Heimatzeitungen bei einem Rundgang durch das neue Firmengebäude zu entnehmen ist. Neubau und Umzug markieren einen weiteren Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens, das Rudi und Michael Schuster im Jahr 2000 übernommen haben. Zwölf Mitarbeiter waren damals tätig, davon „neun Schusters“, wie der heutige Firmenchef sich erinnert. Und: „Wir haben die Firma ohne einen Auftrag und ohne Kundenstamm übernommen, da wir nur für andere produziert haben und diese alten Kontakte nicht mehr tätig waren.“
Visionen im Zehn-Jahres-Plan
Heute steht der Hotelausstatter mit vollen Auftragsbüchern da, die vierte Generation ist in den Startlöchern, Visionen und die mittelfristigen Ziele sind im Zehn-Jahres-Plan festgeschrieben. Circa 3000 Hotelzimmer und viele öffentliche Bereiche in Hotels richtet die Firma Schuster nach Auskunft des Unternehmers in Deutschland und Österreich pro Jahr ein.
Die Kunden kämen breit gestreut aus dem Zwei- bis Vier-Sterne-Superiour-Sektor von inhabergeführten Betrieben, und Hotelketten, vom Urlaubs- bis zum Businesshotel. Großes Thema sei heutzutage Barrierefreiheit und Serviced Apartments. Die Auftragssummen reichen laut Michael Schuster von 50 000 Euro bis in die Millionen.
Die Kunden erhalten Komplettlösungen, also „alles aus einer Hand“ für Hotelzimmer, Lobby, Bar und Kitchenetten, Speiseräume. Möbel, Vorhänge, Böden, Zubehör und sogar Beleuchtungskonzepte zählen dazu. „Der Kunde muss nur noch das Bett beziehen.“
Praxistaugliche Lösungen
Mütterlicherseits komme die Familie selbst aus der Hotellerie, die Schwester Theresa Pertl betreibt am Pelhamer See zwei Häuser. „Wir kennen daher die Anforderungen“, so Michael Schuster. Zum Beispiel was leichte Reinigung, Strapazierfähigkeit der Ausstattung und damit Wirtschaftlichkeit betrifft. Zusammen mit Partnern würden ständig praktische Neuerungen für die Hotelerie entwickelt.
Produziert wird in Bernau auf rund 3300 Quadratmetern, die Büros mit eigener Planungsabteilung befinden sich auf einer Fläche von 2400 Quadratmetern, die Ausstellung mit Zimmerbeispielen und Bemusterungen umfassen rund 800 Quadratmeter. Das Gebäude ist als Objektforum angelegt, das heißt, die Firma Schuster zeigt vom als Lobby angelegten Eingangsbereich bis zu den sanitären Anlagen, wie ein Unternehmen gestaltet werden kann. Künftig seien branchenspezifische Veranstaltungen geplant, die Firma Schuster sieht sich als „Ort des Austauschs und der Inspiration für Kunden“, so Michael Schuster.
Mitarbeiterbindung und Umweltschutz
Großes Thema sei auch das Thema Nachhaltigkeit – in der Produktion wie im Unternehmen selbst. Mitarbeiterbindung spiele eine große Rolle, dafür gibt es zum Beispiel eine moderne Arbeitswelt, flexible Arbeitszeitmodelle, Möglichkeiten zum Homeoffice und vor Ort Fitnessraum, Duschen für die Mitarbeiter, die mit dem Rad zur Arbeit kommen, und großzügigem Pausenraum mit Küche und Terrasse. „Unsere Mitarbeiter sind unser höchstes Gut“, sagt Schuster. Mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach und dem Verheizen der eigenen Holzabfälle kann sich das Unternehmen zum größten Teil selbst mit Energie versorgen.
Neu ausgerichtet
Die von jeher geschäftstüchtigen und zielstrebigen Brüder richteten den Handwerksbetrieb neu aus. Das mag auch an der durchaus strengen Schule liegen, die die beide hinter sich hatten: „Unser Vater und unsere fünf Onkel haben sich nur einen minimalen Grundlohn ausbezahlt. Das verdiente Geld im immer im Betrieb geblieben“, erinnert sich Michael Schuster, der Schreinermeister, Holztechniker und Betriebswirt ist. Die ganze Familie habe für die einstige Schreinerei gelebt. Er und sein Bruder seien einfach aufgewachsen und hätten früh gelernt, sich ihr Geld selbst zu verdienen, zum Beispiel auf Flohmärkten. Auch im mütterlichen Hotelbetrieb hätten sie mitgeholfen. „Ich habe tausende Betten bezogen und Bäder geputzt, mir macht keiner etwas vor“, sagt Michael Schuster heute. Er ergänzt: „Das musst du alles einmal gemacht haben, damit du die Kunden verstehst und das Konzept darauf aufbaust.“
Gewerbesteuer und Bekanntheit für die Gemeinde steigen:
Bernaus Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber (CSU) weist bei der neuen Ansiedelung der Firma Schuster auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen auf den Zuwachs an Gewerbesteuereinnahmen für die Gemeinde hin. „Aber natürlich kann die Gemeinde auch durch die Firma Schuster an Bekanntheit dazugewinnen.“ Schuster veranstalte immer wieder größere Events und Schulungen, bei denen viele Geschäftsleute aus ganz Deutschland zu Gast seien. „Vielleicht kommt der oder die eine oder andere ja auch mal für einen Urlaub nach Bernau“, so die Bürgermeisterin. Nicht zu vernachlässigen seien auch die vielen und vor allem auch vielfältigen Arbeitsplätze, die die Firma anbiete. Da die Firma „nur“ von Grabenstätt hergezogen seien, ergebe sich nicht die Problematik, dass die Arbeitskräfte der Firma hier Wohnungen benötigten. Bekanntermaßen ist Wohnraum wie bei allen Chiemseegemeinden sehr knapp. Sie betont abschließend: „Ich bin sehr froh, dass wir die Firma für den Standort Bernau begeistern konnten und dass sie hier ist.“
