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Wärmewende bis 2030

Habeck hat ein Fachkräfteproblem: Wer soll die ganzen Wärmepumpen installieren?

Bis 2030, so der Plan der Ampel-Koalition, sollen in Deutschland sechs Millionen Wärmepumpen installiert werden. Doch die Frage, wer die Anlagen einbauen soll, ist offen.

Dieser Artikel liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Bildung.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn Bildung.Table am 26. April 2023.

Berlin – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck treibt die Wärmewende voran – mit einem ambitionierten Ziel: Ab dem kommenden Jahr sollen jährlich 500.000 Wärmepumpen neu installiert werden. Im vergangenen Jahr waren es bundesweit knapp 240.000. Habecks Ministerium ist dennoch optimistisch: „Es ist davon auszugehen, dass die erforderlichen Kapazitäten im Heizungsbauhandwerk ab 2024 zur Verfügung stehen“, heißt es auf Anfrage. Habeck will dafür bei der Aus- und Fortbildung Tempo machen. „Das passiert unter Hochdruck“, sagte er kürzlich bei Markus Lanz.

Die Fortbildung von Heizungsbauern, den sogenannten Anlagenmechanikern für Sanitäts-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK), nimmt tatsächlich Fahrt auf. Hersteller von Wärmepumpen bieten Schulungen für die eigenen Geräte an. Bildungseinrichtungen und Innungen bauen ihr Angebot aus – meist zwei- bis dreitägige Schulungen. Das berichtet Katja Weinhold, Sprecherin vom Bundesverband Wärmepumpe. Doch reibungslos laufen die Fortbildungen noch nicht: Bereits vor fünf Jahren entwickelte der Verband etwa ein Konzept für Schulungspartner. Aber nur 3.500 Fachkräfte haben sich in dem Rahmen bisher fortbilden lassen, weniger als die Hälfte eine Prüfung absolviert.

Wärmepumpen: Bund fördert Schulungen

Um Tempo reinzubringen, fördert der Bund seit Anfang April Schulungen und übernimmt, bei 250 Euro pro Tag und Teilnehmer, 90 Prozent der Kosten. Bis Ende 2025 will das BMWK die Qualifizierung von mindestens 43.750 Handwerkern fördern. Im Wirtschaftsplan sind 25 Millionen Euro eingeplant, 15 Millionen Euro sollen allein in diesem Jahr fließen.

Das Förderprogramm hat jedoch Schwachstellen. Antragsteller erhalten maximal 5.000 Euro. Das entspreche gerade einmal der Schulung von etwa 20 Monteuren, kritisiert Deutschlands größter Heizungsinstallateur Thermondo. Kleine Betriebe seien im Vorteil. Thermondo selbst beschäftigt beispielsweise 500 Handwerker .Zudem sind bisher nur 20 Schulungsanbieter zugelassen. Rolf Klockow vom Industrieverband Technische Gebäudeausrüstung hält das notwendige Zertifizierungsverfahren für zu aufwendig. Sein Verband bietet selbst Schulungen an. „Wir verzichten aber auf die Zertifizierung, umgerechnet würde sie einen Mitarbeiter ganztägig binden“, so Klockow.

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Defizite gibt es auch in der Ausbildung neuer Anlagenmechaniker für SHK. Weniger weil der Rahmenlehrplan Wärmepumpen nur in einem einzelnen Modul erwähnt, meint Sven Mohr, Vorsitzender des Bundesverbands der Lehrkräfte für Berufsbildung. „Wir können Wärmepumpen auch lehren, wo sie nicht explizit genannt werden.“ Das Problem sei vielmehr, dass Berufsschulen oft noch nicht mit Wärmepumpen ausgestattet sind. „Die Lehrer können nur die Theorie unterrichten“, sagt Mohr. „Eine Reparatur oder Fehlersuche praktisch üben können die Azubis nicht.“

Vielen Berufsschulen fehlen Wärmepumpen

Eine Wärmepumpe koste, inklusive Installation und Diagnosegeräten, etwa 50.000 Euro. Das kann sich nicht jeder Schulträger leisten, gerade in ärmeren Kommunen nicht. Mohr plädiert daher für ein Sonderprogramm regenerative Energien, ähnlich wie beim Digitalpakt. Immerhin: Auch Azubis nutzen Wärmepumpen-Schulungen. Der Bundesverband Wärmepumpe hat mit Handwerksbetrieben und Berufsschullehrern ein Online-Training konzipiert, das sich an Azubis und jüngere Gesellen richtet. Schon 30.000 Nutzer haben es sich zumindest in Teilen angesehen.

Insgesamt, so die Schätzungen des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima, fehlen bis 2030 etwa 60.000 Anlagenmechaniker für SHK. Die Babyboomergeneration geht in Rente, viele Bäder müssen seniorengerecht saniert werden. Viel Arbeit für die Anlagemechaniker.

Die Zahl neuer Ausbildungsabschlüsse ist trotz Corona von 2019 bis 2021 leicht angestiegen (von 12.900 auf 13.600), was aber wohl nicht ausreicht. Insgesamt dauert die Ausbildung dreieinhalb Jahre und gilt als besonders komplex. 2003 fusionierten darin die beiden Berufsbilder ‚Sanitärinstallateur‘ und ‚Heizungsbauer‘. Heute kümmern sich die Anlagenmechaniker um Trinkwasser, Heizungen, Klimalüftungen, Erneuerbare Energien – und in allen Bereichen gewinnen digitale Technologien an Bedeutung.

Robert Habeck besucht Ende März das Fernwärmenetz Kopenhagen und schaut sich dort eine in Bau befindliche Wärmepumpenstation an.

Ausbildungsberufe zu ändern, dauert – auch, wenn es um Wärmepumpen geht

Der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung schlägt vor, die Ausbildung aufzuteilen. Nach zwei Jahren könne es eine erste Abschlussprüfung zum Anlagenmonteur geben. Nur wer will, könne sich noch berufsbegleitend zum Anlagenmechaniker ausbilden lassen. Die IG Metall lehnt eine solche Form der „Schmalspurausbildung“ ab. Und: Es dauert, die Ausbildungsordnung und den Rahmenlehrplan zu ändern. Die Sozialpartner müssten sich mit einer Anweisung an das Bundeswirtschaftsministerium wenden, worauf eine intensive Prüfung folgt. „Die Erarbeitung der neuen Ausbildungsinhalte dauert zwar häufig nur sechs bis zwölf Monate. Dem geht jedoch oftmals eine mehrjährige Abstimmungsphase voraus“, sagt Torben Padur vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB).

Einen schnelleren Weg geht da Thermondo. In einem Gutachten für die Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND plädiert Deutschlands größter Heizungsinstallateur dafür, Montagehelfer als Quereinsteiger bei der Installation von Wärmepumpen einzusetzen. Thermondo setzt schon jetzt vereinzelt auf Helfer. Sie könnten etwa ein Fundament bauen oder Kabel verlegen. Nur für „ein Viertel der Arbeitszeit“ benötige man voll ausgebildete Fachkräfte, heißt es im Gutachten. Bei gewissen Vorkenntnissen und Fähigkeiten reichten „fokussierte Schulungen“ und „learning-on-the-job“ binnen weniger Wochen.

Andreas Koch-Martin, Geschäftsführer von der Innung SHK Berlin, kann dem Ansatz von Thermondo etwas abgewinnen: Viele Menschen wollten arbeiten, aber keine Vollausbildung abschließen – Geflüchtete oder Langzeitarbeitslose etwa. Höherqualifizierte könnten sie entlasten, die Installation von Wärmepumpen beschleunigen.

Kritisch sieht Koch-Martin dagegen zum Beispiel den Ansatz des Solarenergie-Unternehmens Enpal, das für die Ausbildung von Quereinsteiger eine private Akademie in Form eines „Boot-Camps“ eingerichtet hat. „Die Technik ist so komplex, dass eine Schnellbesohlung nicht ausreicht“, sagt Koch-Martin. Wenn der Hype um Wärmepumpen im Neubau vorbei sei, könnten zu einseitig geschulte Kräfte auf der Strecke bleiben. Daher entwickelt die Berliner Innung mit Betrieben, Forschungsinstituten und dem Zentralverband SHK gerade eigene Module für Teilqualifikationen. „Wir wollen die Bildungskette damit weiterentwickeln“, sagt Koch-Martin. Das BMWK habe bereits Interesse am Projekt signalisiert.

Von Anna Parrisius

Rubriklistenbild: © Bernd von Jutrczenka/dpa

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