Massive Verzögerungen
Software-Chaos bei Cariad: VW und das Dilemma seines Mammutprojekts
VW setzt bei der Software-Tochter Cariad den Rotstift an und möchte Tausende Jobs streichen. Warum die Sparte den hohen Erwartungen bislang nicht gerecht werden konnte.
Wolfsburg/München - Kürzlich wurde bekannt, dass Volkswagen in den nächsten Jahren 2000 Stellen bei der Software-Sparte Cariad streichen möchte. Es handelt sich um die jüngste Negativschlagzeile eines Mammutprojekts, das bei den Wolfsburgern massive Sorgenfalten erzeugt.
Die Kompetenz im Automobilbau katapultierte den Konzern über Jahrzehnte an die Spitze, die Digitalisierung in Fahrzeugen bringt für VW jedoch reichlich Probleme mit sich. Was den Bereich Infotainment und Konnektivität betrifft, ist VW allenfalls Mitläufer statt Taktgeber und daran hat bislang auch die Gründung der eigenen Softwaresparte Cariad SE (2020) nicht viel geändert.
VW: Software-Tochter Cariad erzeugt Milliarden zusätzlicher Kosten
Dabei ist der Ansatz vorbildlich und potenziell kostensparend: Die Software-Architektur effizient in Eigenregie für alle Konzernmarken zu entwickeln, statt sich von Dienstleistern abhängig zu machen. Einzig die Umsetzung konnte VW bislang nicht zufriedenstellend lösen, stattdessen wurde die Führung ausgetauscht. McKinsey kam (via BusinessInsider) zu dem Schluss, dass die geplante Software-Architektur im Hause Volkswagen bis 2026 etwa 3,5 Milliarden Euro mehr Kosten verschlingen wird, als ursprünglich geplant.
Im Jahresbericht von Volkswagen schlug CARIAD mit einem Defizit von 2,1 Mrd. Euro zu Buche. Schwer ins Gewicht fällt finanziell mitunter der zeitliche Verzug diverser Konzernmodelle, deren Markteinführung verschoben werden muss. Ursprünglich für 2022 geplant, startet der Edel-Crossover Porsche Macan nun aller Voraussicht nach 2024. Konzernchef Oliver Blume erklärte, dass auch der neue Audi Q6 e-tron zwei Jahre in Verzug ist, weitere Modelle kommen offenbar dazu.
Software und Infotainment: VW mit Rückstand auf BMW und Mercedes
Als Sorgenkind fällt bei VW seit Jahren auch der Hoffnungsträger ID.3 auf - dessen erste Version (ab 2019) wurde und wird oftmals aufgrund eines rückständigen Infotainmentsystems kritisiert. Selbst in Deutschland gilt Volkswagen als jener der drei großen Autokonzerne, welcher die größten Schwierigkeiten in Sachen Software und Connectivity aufweist. Nach Einschätzung von BusinessInsider.de seien BMW und Mercedes hier deutlich besser aufgestellt. Alleine das Mercedes-System MBUX verdeutliche den Vorsprung gegenüber Volkswagen. Selbst das aktuelle System im ID.3 (Facelift) sei „behäbig“ und „weit hinter der Konkurrenz“.
Was bei VW dem Vernehmen nach anders läuft, als bei besser performenden Konkurrenten (wie auch jene aus Asien): Das Auto wird nicht um die Software herum gebaut, sondern nach wie vor umgekehrt. Ob sich das auch in Wolfsburg dahingehend ändern wird, ist eine spannende Frage.
VW und die Digitalisierung im Autosektor: Einsparungen bei CARIAD geplant
Mehrmals verpasste Cariad in der Vergangenheit Zeitpläne der Wolfsburger Führung. Der Marktstart des neuen VW-Elektroautos Trinity wird derweil ebenfalls aufgrund von Problemen bei der Software-Entwicklung verschoben. Zweifellos verdeutlicht das Beispiel VW und Cariad, welch große Herausforderung die digitale Evolution im Automobilbau für klassische Hersteller wie VW bereithält.
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Freilich ist die Mission, eine einheitliche Software-Plattform für verschiedene Volkswagen-Marken zu entwickeln, eine anspruchsvolle Aufgabe. An dieser sollen bei Cariad anstatt der derzeitigen rund 5000 Menschen künftig nur mehr 3000 arbeiten. Laut dem Manager Magazin hat der Vorstand einem entsprechenden Sanierungskonzept bereits zugestimmt und der Stellenabbau soll 2024 beginnen.
Inwiefern der Stellenabbau gelingen wird, ist offen: Der Betriebsrat von Cariad hat bereits Widerstand angekündigt. (PF)
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