Umstrittener Deal
Einstieg Chinas in Hamburg besiegelt: Staatsreederei Cosco unterschreibt Minderheitsbeteiligung
Nach längerem Zögern hat die chinesische Staatsreederei Cosco nun den Einstieg am Hamburger Containerterminal Tollerort unterschrieben. Damit akzeptierte sie die Bedingungen Berlins.
Hamburg – Die Hängepartie hat ein Ende: Nach längerem Zögern hat die chinesische Staatsreederei Cosco nun eine Minderheitsbeteiligung am Hamburger Containerterminal Tollerort (CTT) unterschrieben. Das teilte der Terminalbetreiber HHLA am Montag mit. Der Deal sichert Cosco eine 24,99-prozentige Beteiligung an dem kleinsten von insgesamt vier Terminals im Hamburger Hafen. „Der CTT wird zu einem bevorzugten Umschlagpunkt des langjährigen HHLA-Kunden Cosco, an dem Ladungsströme zwischen Asien und Europa konzentriert werden sollen“, erklärte das Unternehmen. Der Deal werde Hamburgs Rolle als Logistik-Drehscheibe in Nord- und Ostsee stärken.
Damit ist klar, dass Cosco die von der Bundesregierung im Oktober erschwerten Bedingungen am Ende akzeptiert hat. Das Geschäft war innerhalb der Bundesregierung umstritten, Kritiker hatten Sicherheitsbedenken vorgebracht und vor einer wachsenden Abhängigkeit vom autoritär regierten China gewarnt. Das Kanzleramt war damals für den Deal, doch mehrere Ministerien, darunter das Wirtschaftsministerium, dagegen. Das Kanzleramt setzte am Ende den Kompromiss einer sogenannten Teiluntersagung durch: Coscos Höchstanteil wurde auf 24,99 Prozent begrenzt. Eigentlich hatte die Reederei 35 Prozent am Tollerort erwerben wollen.
Die Höchstgrenze von 25 Prozent bedeutet, dass Cosco nun keine Sperrminorität haben und auch keine Vertreter in das Spitzenmanagement des Terminals entsenden wird. Und Cosco wird auch künftig keine höheren Anteile erwerben dürfen.
Cosco in Hamburg: Monatelange Hängepartie
Nur blieb lange unklar, ob Cosco zu diesen Bedingungen überhaupt noch in Hamburg einsteigen wollte. Eine Entscheidungsfrist Ende Dezember 2022 ließ das Unternehmen verstreichen. Im Januar meldete die HHLA, dass die Gespräche sich auf der Zielgeraden befänden – es gehe nur noch um Details. Doch im Frühjahr wurde bekannt, dass die HHLA den Terminal spät in dem Verfahren doch als „kritische Infrastruktur“ hatte registrieren lassen. Also waren erneut Prüfungen der Kaufverträge zwischen HHLA und Cosco erforderlich. Im Mai aber gab die Bundesregierung endgültig grünes Licht für die Transaktion.
Rund 30 Prozent der im Hamburger Hafen umgeschlagenen Waren kommen aus China oder gehen dorthin. Die HHLA hatte stets betont, dass der Cosco-Einstieg notwendig sei, um den chinesischen Staatskonzern dauerhaft an Hamburg zu binden. HHLA behalte die alleinige Kontrolle über alle wesentlichen Entscheidungen, betonte das Unternehmen immer wieder. Cosco erhalte keine exklusiven Rechte am Terminal. Auch bekomme Cosco keinen Zugriff auf strategisches Know-how, IT- und Vertriebsdaten. Hamburger Lokalpolitiker quer durch die Parteienlandschaft verteidigten den Einstieg Coscos als notwendig für den Hamburger Hafen.
Hamburg sieht sich unter Druck: Konkurrenzhäfen haben bereits Cosco-Investments
Denn Hamburg spürt den Konkurrenzdruck der Nachbarschaft in der sogenannten Nordrange entlang der Nordseeküste. Über die Nordrange-Häfen werden etwa 80 Prozent des europäischen In- und Exports abgewickelt, die drei anderen Nordrange-Häfen Rotterdam, Antwerpen und Zeebrügge sind dabei Hamburgs direkte Wettbewerber um Ladung. Und sie haben Cosco investieren lassen. Im belgischen Zeebrügge hält Cosco 90 Prozent des einzigen Containerterminals und kontrolliert damit das Management. Der Terminal ist seither das am schnellsten wachsende Drehkreuz im weltweiten Cosco-Netz. In Antwerpen und Rotterdam gibt es chinesische Minderheitsbeteiligungen an Terminals.
Hamburg ist dagegen einer der letzten großen Häfen Europas, in dem noch kein chinesischer Investor eingestiegen ist. Cosco und seine Partnerfirma China Merchants haben bereits in 14 europäische Häfen investiert. Dazu zählen neben der Nordrange auch Mehrheitsbeteiligungen in Athens Hafen Piräus und im spanischen Valencia sowie Minderheitsanteile an anderen wichtigen Mittelmeerhäfen.
Auch in Deutschland engagiert sich China: Für den Jade-Weser-Port Wilhelmshaven, Deutschlands einzigen Tiefseehafen, unterzeichnete China Logistics einen Pachtvertrag über 99 Jahre, um dort ein Logistikzentrum zu bauen.