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Hohe Einbußen für den Bund

Unternehmen könnten 65 Milliarden Euro durch Soli-Aus gewinnen – Entscheidung des Verfassungsgerichts steht an

Ein Ende des Solidaritätszuschlags kann Unternehmen laut Fachleuten 65 Milliarden Euro bringen. Jetzt entscheidet das Bundesverfassungsgericht über das Soli-Aus.

Karlsruhe/Köln – Der Solidaritätszuschlag ist schon lange politischer Streitpunkt. Am Dienstag, 12. November, berät das Bundesverfassungsgericht über den Soli. Ein Ende der Abgabe hätte enorme wirtschaftliche Auswirkungen. Unternehmen könnten im Zeitraum von 2020 bis 2028 knapp 65 Milliarden Euro einsparen. Das geht aus Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. Umgekehrt würden dem Bund Milliardeneinnahmen fehlen.

Soli-Abschaffung würde Unternehmen entlasten und Spielraum für Investitionen geben – erklärt IW-Ökonom

„Der Soli muss wegfallen, der Schritt ist überfällig“, erklärte IW-Ökonom Tobias Hentze. Auch unabhängig von der Entscheidung der Karlsruher Richterinnen und Richter solle er abgeschafft werden. „Vom Soli abzulassen, würde die Unternehmen endlich etwas entlasten und ihnen dringend benötigten Spielraum für neue Investitionen geben.“

Die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts müssen über die Zukunft des Solidaritätszuschlags entscheiden – und damit über mögliche Milliarden-Entlastungen vor Unternehmen. (Symbolfoto)

Nach IW-Berechnungen belaufen sich die Einnahmen zwischen 2020 und 2028 auf etwa 122 Milliarden Euro. Nach der Teilaussetzung hätten laut den Fachleuten noch etwa sechs Millionen Deutsche sowie 600.000 Kapitalgesellschaften den Soli gezahlt.

Soli „finanzpolitisch dreieinhalb Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung kaum noch zu begründen“

„Finanzpolitisch ist der Zuschlag dreieinhalb Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung kaum noch zu begründen“, erklärte auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Weiterhin bestehende, durch die Wiedervereinigung bedingte Belastungen des Bundes könnten mit dem bestehenden Steuer- und Finanzausgleichssystem bewältigt werden.

„Wenn der Solidaritätszuschlag in den kommenden Jahren reduziert oder abgeschafft wird, sollten Steuersenkungen für Hochverdienende vermieden werden“, heißt es jedoch in der DIW-Mitteilung. „Steuerentlastungen sollten auf Erwerbstätige mit niedrigen und mittleren Einkommen sowie auf Unternehmen konzentriert werden.“

Bundesverfassungsgericht verhandelt Solidaritätszuschlag: Rückzahlung droht

Mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist erst in einigen Monaten zu rechnen. Ein Ende des Solidaritätszuschlags hätte enorme Auswirkungen auf den Bundeshaushalt. Im bisherigen Entwurf für 2025 hat die Ampel-Koalition die Soli-Einnahmen von 12,75 Milliarden Euro fest verplant.

Im Falle eines Urteils, dass der Soli verfassungswidrig ist, könnten die Richterinnen und Richter zudem eine Rückzahlung des Solidaritätszuschlags aus den vergangenen Jahren fordern. Seit 2020 wären das etwa 65 Milliarden Euro.

Seit 2019 müssen vor allem Besserverdienende und Unternehmen den Soli zahlen

Der Soli wurde erstmals 1991 befristet und ab 1995 unbefristet eingeführt, um nach der deutschen Wiedervereinigung die Kosten für den Aufbau in den neuen Bundesländern zu bewältigen. Seit 1998 liegt der Satz bei 5,5 Prozent, der in Ost und West gleichermaßen gezahlt werden muss. Die Einnahmen fließen ausschließlich an den Bund und sind nicht zweckgebunden.

2019 ist der Solidarpakt ausgelaufen, der Solidaritätszuschlag blieb jedoch – allerdings für deutlich weniger Menschen. Die zu diesem Zeitpunkt regierende Große Koalition aus CDU und SPD hatte sich auf höhere Freigrenzen geeinigt. 2024 liegt sie bei einem Jahreseinkommen ab 73.000 Euro brutto, ab 109.000 Euro gilt der volle Soli-Satz. Etwa 90 Prozent der Lohn- oder Einkommensteuerzahlenden sind aktuell von der Abgabe befreit. Für Unternehmen und Besserverdienende blieb der Soli erhalten. Auch auf Einkünften aus Kapitalvermögen wird die Abgabe fällig. Die Freigrenzen wurden aber 2023 und 2024 weiter nach oben verschoben, was auch in den kommenden Jahren passieren soll.

Die wenigen verbleibenden Kosten würden „von denen geschultert, die mehr haben als andere“, erklärte der damalige Bundesfinanzminister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Kabinettsbeschluss zur weitgehenden Soli-Abschaffung im August 2019. „Das ist fair“, fand er und sagte voraus, es werde „einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten“.

Verfassungsbeschwerde gegen den Solidaritätszuschlag läuft – früheres Urteil sah keine Bedenken

Sechs Bundestagsabgeordnete der damals oppositionellen FDP reichten 2020 Verfassungsbeschwerde ein, die sich gegen das Solidaritätszuschlaggesetz wendet. Sie halten die weitere Erhebung des Zuschlags nach 2019 für nicht vereinbar mit dem Grundgesetz. Er habe der Finanzierung der deutschen Einheit gedient und solle nach Auslaufen des Solidarpakts für alle entfallen, argumentierten sie.

Es gab bereits Urteile zum Soli. Im Januar 2023 urteilte der Bundesfinanzhof in München, dass die Abgabe weiter erhoben werden dürfe. Die vom Bund der Steuerzahler unterstützte Klage eines bayerischen Ehepaars war damit abgewiesen worden. (ms mit Agenturen)

Rubriklistenbild: © Sven Hoppe/dpa

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