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„Fülle von enormen Risiken“

Russische Enteignung beim Rückzug aus Moskau? Putins perfide Tricks gegen deutsche Unternehmen

Wladimir Putin und Sergei Lawrow
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Putin erschwert deutschen Unternehmen den Rückzug aus Russland – mit perfiden Tricks.

Der Rückzug aus Russland wird für deutsche Firmen komplexer. Putin verfügt über genug Mittel, den Unternehmen zu schaden – ihnen droht sogar Enteignung.

Moskau – Geld in Russlands Staatskasse zahlen oder Konsequenzen von Wladimir Putin in Kauf nehmen: Vor diesem Dilemma stehen viele deutsche Unternehmen, die trotz Ukraine-Kriegs weiterhin in Russland Geschäfte führen. Russland erschwert den Rückzug für die Firmen zunehmend. Unmöglich wäre dieser Schritt nicht – aber: „Bei einem Rückzug der deutschen Unternehmen aus Russland gibt es eine ganze Fülle von enormen Risiken“, sagte Sanktionsexperte Prof. Dr. Viktor Winkler im Gespräch mit Ippen.Media.

Putin erschwert Rückzug deutscher Unternehmen aus Russland

Genannt sei nur die Gefahr durch den Rückzug, die eigenen Mitarbeiter, ob nun festangestellt oder nicht, staatlichen Maßnahmen auszusetzen. Die Unternehmen hätten eine Fürsorgepflicht als Arbeitgeber, gerade gegenüber ihren Mitarbeitern im Ausland. Das größte Problem ist laut Winkler das Thema Enteignung.

„Die russische Regierung hat ein Gesetz verabschiedet, dass es einen Abschlag geben muss, von rund 50 Prozent auf den Kaufpreis des verkauften Unternehmens. Ein zu hastiger Rückzug oder überhaupt ein Rückzug, läuft also immer Gefahr, dass es russische Enteignungen gibt”, so Winkler.

Wegen möglichen Sanktionverstößen: Deutsche Firmen müssen Risiken beim Rückzug bedenken

Das sind nicht die einzigen Risiken, die deutschen Firmen in Russland drohen. Durch einen Rückzug aus Russland könnten deutsche Firmen überhaupt erst gegen die Sanktionen verstoßen, so Winkler. Er erklärt gegenüber unserer Redaktion: „Wer sich aus Russland zurückzieht, geht ein enormes Risiko ein, dass er das Unternehmen direkt oder indirekt an jemanden in Russland verkauft, der entweder sanktioniert ist oder der es aufgrund der Sanktionen gar nicht kriegen darf“.

Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas in Russland sanktioniert sei, sei inzwischen höher, als dass es nicht sanktioniert sei. Die nicht sanktionierten Korridore würden schätzungsweise bei zehn Prozent liegen. „Russland hat das höchst sanktionierte Umfeld der Welt. Schätzungsweise 50 bis 60 Prozent aller unserer Sanktionsmaßnahmen von der EU betreffen direkt oder indirekt den russischen Staat.“

Russlands Wirtschaft könnte von Rückzug deutsche Firmen profitieren

Auch besteht das Risiko, dass ein Rückzug deutscher Firmen der russischen Wirtschaft in die Karten spielen könnte und die Wirkung der westlichen Sanktionen nicht greifen. „Wenn man ein Unternehmen auffordert, sich aus Russland zurückzuziehen und dadurch die Produktion, die eingestellt wird, um zum Beispiel 70 Prozent an den russischen Staat oder an die russische Wirtschaft geht, ist genau das Gegenteil erreicht.“ Die Idee der Sanktionen sein, ein russisches Wirtschaftswachstum zu verhindern oder zumindest sich nicht an einer Stärkung der russischen Wirtschaft zu beteiligen.

Ist also ein Rückzug deutscher Firmen aus Russland nicht umsetzbar? Ein Rückzug aus Russland sei auch auf legalem Weg möglich, so Winkler. „Es ist falsch, zu sagen, es geht gar nicht. Es ist aber auch falsch zu sagen, dass es einfach geht, da die Gefahren überwiegen. Die Öffentlichkeit stellt sich den Ausstieg generell viel zu einfach vor und idealisiert leider diejenigen Unternehmen für deren schnellen Ausstieg.“

Deutsche Firmen trotz Ukraine-Krieg noch immer in Russland aktiv

Seit dem Ukraine-Krieg haben sich viele westliche Firmen, vor allem große wie Siemens, VW und Mercedes vom russischen Markt zurückgezogen. Von den deutschen Firmen zogen sich Unternehmen aus der Finanzbranche (sowie die Deutsche Bank), aber auch aus dem Handel (zum Beispiel Deichmann) sowie aus der Technologie und Telekommunikation zurück. Doch die Liste der Unternehmen, die in Russland geschäftlich aktiv sind, ist noch lang – zu diesen Unternehmen zählen zum Beispiel Hochland, Metro und Ritter Sport. Bislang sind Firmen aus den Bereichen Handel, Konsumgüter und Gesundheit von den internationalen Sanktionen ausgenommen.

Gegen deutsche Unternehmen wurde sogar der Vorwurf erhoben, Russland-Sanktionen umgehen. Fälle, in denen deutsche Unternehmen Sanktionen durch Schlupflöcher umgehen, sind Winkler nicht bekannt. „Ich kann nur dringend davor abraten, solche vermeintlichen ‚Schlupflöcher‘ zu nutzen”, so der Experte. 

Druck auf deutsche Unternehmen in Russland nach ARD-Recherche

Jüngste Recherchen des ARD-Magazins Monitor deckten auf, dass deutsche Firmen sogar am Wiederaufbau in Mariupol beteiligt gewesen waren. Wie Monitor schreibt, arbeiten noch immer 4.000 Menschen der Firma Knauf in Russland, trotz Sanktionen. Gegenüber unserer Redaktion hat das Unternehmen die Vorwürfe inzwischen zurückgewiesen.

„Dass die Öffentlichkeit im Fall Knaufs Druck macht, ist zwar nachvollziehbar, aber wenig zielführend“, sagte Winkler dazu. Den Kritikern Knaufs fehle es oft an der Fachkenntnis. „Bislang wurde die entscheidende rechtliche Frage daher auch nicht gestellt, nämlich: Welche Maßnahmen hat Knauf eingeführt, um die massiven Sanktionsrisiken und völkerstrafrechtlichen Risiken in den Griff zu bekommen? Dazu habe ich von Knauf bisher noch nichts gehört.“

Die zweite Firma im Fokus der Recherche ist die in Nordrhein-Westfalen ansässige WBK Systems GmbH, die ebenfalls einen russischen Ableger hat und auf die Ausrüstung von Unternehmen zur Herstellung von Baumaterialien spezialisiert ist. Beide Firmen sollen in Mariupol für Russland aktiv sein.

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