Autonome Handelsmaßnahmen
Ukraine-Wirtschaft steht vor Herausforderung – Zentrales EU-Abkommen läuft aus
Die EU erwirbt Waren im Milliardenbereich aus der Ukraine. Ein bestehendes Handelsabkommen ist der Grund dafür. Allerdings endet es bald.
Brüssel – Ein entscheidendes Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Ukraine könnte im Frühling sein Ende finden. Für einige EU-Staaten gibt es dabei Lichtblicke; in Polen zum Beispiel hatten Landwirte heftig gegen ukrainische Waren protestiert. Für die Ukraine selbst steht dabei allerdings jede Menge Geld auf dem Spiel.
Stütze für Wirtschaft der Ukraine – Risiko für die von EU-Ländern?
Die Europäische Union lässt Medienberichten zufolge ein wichtiges Handelsabkommen mit der Ukraine auslaufen. Dieses soll am 5. Juni 2025 enden, eine Verlängerung soll es nicht geben. Das hatte das Nachrichtenportal Kyiv Independent unter Berufung auf die polnische Seite RMF24 berichtet. Gleichzeitig plane die Europäische Kommission alternative Maßnahmen, die im Rahmen des sogenannten „Deep and Comprehensive Free Trade Area“-Netzwerks (DCFTA) stattfinden sollen.
Dazu würden auch festgelegte Quoten für Agrikultur-Produkte gehören – und neue Sicherungsmaßnahmen. Die neuen Maßnahmen würden spezifische Export- und Importvolumen regeln, was potenziell dabei helfen könne, die Ukraine in den Markt der Europäischen Union zu integrieren. Gleichzeitig sollen Sorgen der Mitgliedstaaten ernst genommen werden. Polen zum Beispiel hatte häufiger Bedenken geäußert, außerdem hatte es dort massive Bauernproteste gegeben. Die Landwirte sahen sich durch den Fluss billiger ukrainischer Waren in ihrem Geschäftsmodell bedroht.
Der europäische Beauftragte für Landwirtschaft, Christophe Hansen, habe bereits weitläufige Unterstützung unter den Landwirtschaftsministern für ein „stabileres DCFTA-Übereinkommen“ wahrgenommen – dieses sollte an der Stelle der aktuell geltenden Regelungen treten.
„Wirtschaftliche Lebensader“ – EU und Ukraine schließen ATM-Abkommen für Freihandel
Konkret soll es sich um sogenannte Autonome Handelsmaßnahmen (Autonomous Trade Measures, ATMs) handeln. Diese sahen die Aussetzung von Einfuhrzöllen sowie Quoten für ukrainische Exporte in die Europäische Union vor. Erst am 6. Juni 2024 waren diese Maßnahmen um ein Jahr verlängert worden, mit Enddatum 5. Juni 2025. Die Maßnahmen berücksichtigten auch die Anliegen der EU-Stakeholder und umfassten einen verstärkten Schutzmechanismus, außerdem war eine „Notbremse“ für verschiedene Waren vorgesehen. Darunter befanden sich etwa Eier, Geflügel, Zucker, Hafer, Mais und Honig.
„Diese Erneuerung der starken wirtschaftlichen Unterstützung der EU für die Ukraine kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt, gerade zu einem Zeitpunkt, an dem das Land mit einem erneuten militärischen Angriff zu kämpfen hat. Diese ATM sind nicht nur eine Geste der Solidarität und Stabilität, sie sind auch eine wirtschaftliche Lebensader“, hatte der Exekutiv-Vizepräsident und Kommissar für Handel, Valdis Dombrovskis, dazu gesagt.
Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA bezüglich dieser Änderungen beim Handel hatte die Europäische Kommission noch nicht reagiert.
DCFTA und Ukraine-Handel – EU stützt Wirtschaft der Ukraine
Die Europäische Union und die Ukraine hatten sich bereits über Jahrzehnte hinweg angenähert. Noch vor dem russischen Angriff auf die Krim hatten beide Handelspartner ein Assoziierungsabkommen abgeschlossen. Dieses setzt den Rahmen für andere Handelsabkommen und soll ganz grundsätzlich dafür sorgen, dass EU-Firmen leichter und billiger Waren in die Ukraine exportieren oder Waren aus der Ukraine importieren können. Neben dem Wegfall von Zöllen sah dieses auch effizientere und schnellere Verkehrswege vor, etwa durch den Zoll an internationalen Grenzübergängen. „Sie fördert engere politische Bindungen, stärkere wirtschaftliche Verbindungen und die Achtung gemeinsamer Werte“, schrieb die EU-Kommission dazu.
Innerhalb des Assoziierungsabkommens existiert die sogenannte vertiefte Freihandelszone DCFTA, die zwischen 2007 und 2011 ausgehandelt wurde. Im Frühjahr 2014 erfolgte die Unterzeichnung, also kurz nach der Krim-Annexion durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Mit einem Anteil von 56 Prozent am Warenhandel ist die EU der wichtigste Handelspartner der Ukraine. Im Jahr 2023 belief sich der Warenhandel zwischen EU und Ukraine auf rund 61,9 Milliarden Euro – was seit 2016 mehr als einer Verdoppelung entspricht. Die ersten Verhandlungen über ein neues Abkommen sollen bereits begonnen haben. Offizielle Diskussionen zu dem Thema seien demnächst zu erwarten.
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