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Wasserstoff aus Gülle

Energiewende: Neue Technologie kann „den gesamten Busverkehr in Deutschland mit Treibstoff versorgen“

Alle reden über Wasserstoff aus der Elektrolyse, das Tausende von Kilometer reisen muss, bis es bei uns ist. Es gibt aber auch hier ungenutztes Potenzial für grünen Wasserstoff – aus Gülle und Mist.

Krefeld/Hof – Grüner Wasserstoff gilt als wesentlicher Schlüssel zur Energiewende, als unabdingbare Ressource, um die Wirtschaft im Land zu dekarbonisieren. Doch aktuell gibt es nur sehr wenig davon, obwohl die Herstellung an sich nicht kompliziert ist: Aus Wasser (H₂O) kann mithilfe von Strom Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) entstehen. Diesen Prozess nennt man Elektrolyse – und verbraucht große Mengen Strom. Damit der daraus resultierende Wasserstoff aber als erneuerbar gilt, muss der Strom auch aus erneuerbaren Quellen kommen. Der Haken an der ganzen Sache, denn erneuerbaren Strom brauchen wir gerade überall, nicht nur zur Herstellung von Wasserstoff.

Doch es gibt auch einen anderen Weg, erneuerbaren Wasserstoff herzustellen, der aber noch wenig Beachtung gefunden hat: aus methanhaltigen landwirtschaftlichen Abfällen. Ein deutsches Unternehmen aus Bayern hat dafür jetzt auch das erste Zertifikat erhalten, um den biogenen Wasserstoff zu verkaufen.

Wasserstoff aus Gülle und Mist: ein bekannter Prozess

„Der Prozess der Dampfreformierung ist schon seit Jahrzehnten bekannt. Aber wir sind die ersten, die es jetzt direkt mit Biogas wirtschaftlich machen wollen“, erklärt der Geschäftsführer des Unternehmens BtX energy GmbH, Andy Gradel, im Gespräch mit Ippen.Media. An eine Biogasanlage wird ein sogenannter Reformer angeschlossen, der das Biogas dann zu Wasserstoff macht. Biogas besteht zu großen Teilen aus Methan (CH4), das Wasserstoff (H) muss also vom Kohlenstoff abgetrennt werden. Das geschieht aber nicht unter Verwendung von Strom, sondern im Prozess der Dampfreformierung – es wird also mit Wasserdampf Wärme hinzugefügt, das die chemische Reaktion auslöst.

Der blaue Container wird zur Herstellung von Wasserstoff an die Biogasanlage angeschlossen.

Seit dem 14. März 2024 darf Andy Gradel mit BtX den so produzierten Wasserstoff also verkaufen. Das soll in einem ersten Pilotprojekt in Kooperation mit einem Milchviehbetrieb in Krefeld passieren. Die Familie Schleupen, die den Hof leitet, hat 2020 entschieden, ihre Biogasanlage zur Produktion von Wasserstoff umzurüsten. Jetzt muss nur noch der TÜV die Abfüllanlage für den Wasserstoff genehmigen. „Bis Sommer sind wir hoffentlich dann voll im Betrieb“, so Andy Gradel.

Verkauft werden soll der Bio-Wasserstoff dann zum Beispiel an Logistiker oder Busbetriebe, die den Treibstoff zur Dekarbonisierung ihrer Flotte benötigen. „Wir haben auf diesem Hof 250 Tiere, aus deren Mist wir fünf Busse mit Wasserstoff betanken können“, schildert der Geschäftsführer. Bei der Skalierung gebe es seinen Angaben nach auch viel Potenzial: 60 bis 70 Prozent des Gülle- und Mistvorkommens in Deutschland sei aktuell noch ungenutzt. „Damit könnte man fünfmal den gesamten Busverkehr in Deutschland mit Treibstoff versorgen“.

Seit der Haushaltssperre liegt das wichtige Förderprogramm auf Eis

Den kompletten deutschen Busverkehr auf Bio-Wasserstoff umrüsten, das ist aber momentan nicht realistisch oder überhaupt unbedingt wünschenswert, stellt Andy Gradel klar. „Im besten Fall hat man im Radius von ein paar Kilometern um die Anlage einen Flottenbetrieb, der den Wasserstoff abnehmen kann und will. Was wir nicht wollen, ist, dass Gülle durchs halbe Land irgendwohin transportiert werden muss“. Doch dazu müssen er und seine Firma erstmal beweisen, dass die Idee wirtschaftlich ist, mit ihrem Demo-Projekt in Krefeld.

Ein Wasserstoff-Bus der Linie M46 mit der Aufschrift "Wasserstöffche" fährt am Hauptbahnhof an einem E-Bus vorbei.

Und da ist auch der nächste Haken an der Geschichte: Um mit dem Bio-Wasserstoff perspektivisch Geld verdienen zu können, muss es Unternehmen geben, die in Anlagen investieren, aber auch solche, die eine Flotte von Wasserstoff-Bussen oder Lkws kaufen wollen. „Wer das jetzt macht, geht aber ins Risiko. Da braucht es eigentlich eine Förderung vom Bund, um dieses Risiko rauszunehmen. Seit der Haushaltssperre liegt aber das passende Förderprogramm auf Eis“, schildert Andy Gradel.

Und tatsächlich: Auf einer Webseite des Bundesverkehrsministeriums wird über das Förderprogramm „Investitionen in Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Kraftstoffe“ informiert – allerdings sind keine Anträge möglich. „Wenn man bei den zuständigen Behörden nachfragt, sagen die nur, dass das Geld nicht freigegeben wurde“, so Gradel. Theoretisch würden aber genau die Anlagen bezuschusst werden, die für den Hochlauf des Wasserstoffmarktes in Deutschland benötigt werden: „Gefördert werden der Neubau von Erzeugungsanlagen, die Umrüstung bestehender Erzeugungsanlagen und Machbarkeitsstudien für strombasierte Kraftstoffe und fortschrittliche Biokraftstoffe,“ informiert das Portal.

Trotzdem ist Andy Gradel optimistisch, was die Zukunft von Bio-Wasserstoff betrifft. „Ich bin mir sicher, bis 2030 gehört es zum Standard, biogenen Wasserstoff zu nutzen“. Als Energiequelle werde es zur Palette von Möglichkeiten gehören, genauso wie grüner Wasserstoff aus der Elektrolyse einen festen Platz haben wird.

Rubriklistenbild: © Arne Dedert/dpa

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