Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Uiguren-Provinz Xinjiang 

Zwangsarbeit in China: Menschenrechtler reichen Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes ein

Eine Menschenrechtsorganisation hat Beschwerden gegen VW, Mercedes-Benz und BMW eingelegt. Es geht um mögliche Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten in der chinesischen Region Xinjiang.

Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem ESG.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn ESG.Table am 21. Juni 2023.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sieht für Betroffene oder stellvertretend für Organisationen explizit die Möglichkeit von Beschwerden beim BAFA als zuständiger Behörde vor, um auf mögliche Verstöße aufmerksam zu machen. Die Möglichkeit nutzt nun das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und legt Beschwerden gegen BMW, Mercedes-Benz und VW ein, weil die drei Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten aus dem LkSG mit Blick auf mögliche Zwangsarbeit in ihren Lieferketten in der chinesischen Region Xinjiang nur unzureichend nachgekommen sein sollen. „Wir können nicht erkennen, dass die Unternehmen dieses Risiko ausreichend ernst nehmen“, sagt Miriam Saage-Maaß, Legal Director beim ECCHR.

Newsletter von Table.Media

Erhalten Sie 30 Tage kostenlos Zugang zu weiteren exklusiven Informationen der Table.Media Professional Briefings – das Entscheidende für die Entscheidenden in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und NGOs.

Zentrales Argument der Beschwerden: Die Maßnahmen, die die Unternehmen in ihren öffentlichen Unterlagen zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht beschrieben, seien „nicht angemessen, um die bekannten Risiken uigurischer Zwangsarbeit in ihren Lieferketten zu erkennen, zu verhindern und zu minimieren“, heißt es beim ECCHR. Die Unternehmen verließen sich „nur auf Überprüfungen vor Ort und vertragliche Zusicherungen, um die Einhaltung der Menschenrechte in ihren Lieferketten zu überprüfen“.

Menschenrechte in Xinjiang: Auditunternehmen ziehen sich zurück

Solche Überprüfungen durch Auditunternehmen können schon unter normalen Verhältnissen schwierig sein. In autoritären Staaten wie China stößt die Methode an Grenzen, weil sie nur funktioniert, wenn sich Beschäftigte zumindest ansatzweise frei äußern können. Davon kann in Xinjiang keine Rede sein. Unter anderem deshalb zogen sich fünf führende Auditunternehmen Ende 2020 aus der Region zurück. Andere Auditunternehmen sind dort aber weiter tätig.

Das ECCHR ist der Meinung, dass die einzige angemessene Sorgfaltspflicht darin bestehen würde, den Empfehlungen des von über 400 zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützten Aktionsaufrufs zur Beendigung der uigurischen Zwangsarbeit zu folgen und „dringend Maßnahmen zu ergreifen, um sich von Lieferanten zu trennen“, die in der Region ansässig seien oder von dort beziehen.

„Die drei Autohersteller konnten bis jetzt nicht glaubhaft belegen, dass sie uigurische Zwangsarbeit in ihren Lieferketten ausschließen können“, sagt der Präsident des Weltkongresses der Uiguren, Dolkun Isa, gegenüber Table.Media. „Sie nehmen damit das Risiko in Kauf, dass sie zum Unterstützer des Genozids an den Uigur*innen werden.“ In der Region geht die kommunistische Regierung brutal gegen die muslimische Volksgruppe der Uiguren vor. Einige Parlamente, darunter das französische und britische, sprechen von Völkermord.

Unternehmen wollen sich in der Sache der Beschwerde nicht äußern

Der ECCHR hat die Beschwerde gegen die drei deutschen Autobauer ex officio, also im Namen der Betroffenen, eingelegt, entsprechend § 14 des LkSG. Wegen der „äußerst repressiven Situation in der uigurischen Region“, könnten einzelne Arbeitnehmer, die von Zwangsarbeit betroffen seien, „unmöglich“ selbst eine Beschwerde als „betroffene Person“ einreichen, heißt es zur Begründung. Deswegen sei dieser Weg, die einzige rechtliche Möglichkeit, um Maßnahmen im Rahmen des Gesetzes einzuleiten.

Auf jeweils rund 30 Seiten untermauert die NGO ihre Beschwerde. Es ist die zweite Beschwerde im Rahmen des Gesetzes, die erste Beschwerde hatte das ECCHR mit der Organisation Femnet gegen Amazon und Ikea eingereicht. Das LkSG trat Anfang des Jahres in Kraft und gilt für Unternehmen mit hierzulande mehr als 3.000 Beschäftigten.

VW wollte sich in der Sache der Beschwerde nicht äußern: „Wir haben bislang keine Kenntnis von der von Ihnen zitierten Beschwerde“, teilte ein Sprecher mit. Deswegen können „wir uns zu den Inhalten und den etwaigen Gründen der Beschwerde zurzeit inhaltlich nicht äußern“. Mercedes-Benz verweist ebenfalls darauf, dass die Beschwerde nicht vorliege und „dass wir uns deswegen nicht dazu äußern können“. Auch BMW trifft keine Aussage in der Sache, „da uns selbst bisher weder von besagter NGO noch seitens BAFA diesbezüglich Informationen übermittelt wurden“.

Chinas Staats- und Parteichef: So stieg Xi Jinping zum mächtigsten Mann der Welt auf

Chinas heutiger Staatschef Xi Jinping (2. von links) mit anderen Jugendlichen im Mao-Anzug
Xi Jinping wurde am 15. Juni 1953 in Peking geboren. Als Sohn eines Vize-Ministerpräsidenten wuchs er sehr privilegiert auf. Doch in der Kulturrevolution wurde er wie alle Jugendlichen zur Landarbeit aufs Dorf geschickt. Das Foto zeigt ihn (zweiter von links) 1973 mit anderen jungen Männer in Yanchuan in der nordwestlichen Provinz Shaanxi. Dort soll Xi zeitweise wie die Einheimischen in einer Wohnhöhle gelebt haben. © imago stock&people
Xi Jinping steht vor der Golden Gate Bridge in San Francisco
Xi Jinping 1985 vor der Golden Gate Bridge in San Francisco: Damals war er als junger Parteichef des Landkreises Zhengding in der nordchinesischen Agrarprovinz Hebei Delegationsleiter einer landwirtschaftlichen Studienreise nach Muscatine im US-Bundesstaat Iowa. Dort nahm die Gruppe nach offiziellen Berichten „jeden Aspekt der modernen Landwirtschaft unter die Lupe“. Anschließend reiste Xi weiter nach Kalifornien. Es war sein erster USA-Besuch. © imago stock&people
Xi Jingping und Peng Liyuan
Zweites Eheglück: Xi Jinping und seine heutige Ehefrau, die Sängerin Peng Liyuan, Anfang 1989. Zu dieser Zeit war Xi Vizebürgermeister der ostchinesischen Hafenstadt Xiamen. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter. Xis erste Ehe war nach nur drei Jahren an unterschiedlichen Lebenszielen gescheitert. Seine erste Frau, die Diplomatentochter Ke Lingling, zog in den 1980er-Jahren nach Großbritannien. © imago
Xi Jinping gräbt mit Parteikollegen an einem Damm zur Verstärkung eines Deiches in Fujian
Aufstieg über die wirtschaftlich boomenden Küstenregionen: 1995 war Xi Jinping bereits stellvertretender Parteichef der Taiwan gegenüberliegenden Provinz Fujian – und noch ganz volksnah. Im Dezember 1995 arbeitet er mit an der Verstärkung eines Deiches am Minjiang-Fluss. © Imago/Xinhua
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt Chinas Vizepräsident Xi Jinping das Regierungsviertel in Berlin
Vizepräsident Xi Jinping 2009 im Kanzleramt bei Angela Merkel: Die deutsch-chinesischen Beziehungen waren unter Merkel relativ eng und von wirtschaftlicher Zusammenarbeit geprägt. Merkel und Xi reisten aus Berlin weiter nach Frankfurt, um die dortige Buchmesse zu eröffnen. China war als Ehrengast geladen. © GUIDO BERGMANN/Pool/Bundesregierung/AFP
Die Vizepräsidenten Xi Jinping aus China und Joe Biden aus den USA halten T-Shirts mit einer Freundschaftsbekundung in die Kamera
Ein Bild aus besseren Zeiten: Aus ihrer jeweiligen Zeit als Vizepräsidenten kamen Joe Biden und Xi Jinping mehrmals zusammen. Im Februar 2012 demonstrierten sie bei einer Reise Xis nach Los Angeles in einer Schule „guten Willen“ zur Freundschaft mit T-Shirts, die ihnen die Schüler überreicht hatten. Damals fehlten Xi nur noch wenige Monate, um ganz an die Spitze der Kommunistischen Partei aufzusteigen. © FREDERIC J. BROWN/AFP
Ein alter Mann in Shanghai schaut auf Xi bei seiner ersten Rede als Parteichef im Fernseher.
Xi Jinping hat es geschafft: Zum Ende des 18. Parteitags am 15. November 2012 wurde Xi als neuer Generalsekretär der Kommunisten präsentiert – und ganz China schaute zu. Xi gelobte in seiner ersten kurzen Rede als Parteichef, die Korruption zu bekämpfen und ein „besseres Leben“ für die damals 1,3 Milliarden Menschen des Landes aufzubauen.  © PETER PARKS/AFP
Der neue Staatschef Xi Jinping geht hinter seinem Vorgänger Hu Jintao zu seinem Platz in der Großen Halle des Volkes in Peking.
Übernahme auch des obersten Staatsamtes: Xi Jinping wurde auf dem Nationalen Volkskongress im März 2013 Präsident und schloß damit den Übergang von seinem Vorgänger Hu Jintao (vorn im Bild) zur Xi-Ära ab. © GOH CHAI HIN/AFP
Chinas Präsident und seine Ehefrau Peng Liyuan gehen über den Flughafen Orly in Paris.
Xi Jinpings Ehefrau Peng Liyuan ist die erste First Lady Chinas, die auch öffentlich in Erscheinung tritt. Hier kommt das Ehepaar zu einem Staatsbesuch in Frankreich an. Die Gattinnen von Xis Vorgängern hatten sich nie ins Rampenlicht gedrängt. Vielleicht auch, weil Maos politisch aktive dritte Ehefrau Jiang Qing nach dem Tod des „Großen Vorsitzenden“ als Radikale verurteilt worden war. © YOAN VALAT/Pool/AFP
Funktionäre der Kommunistischen Partei Chinas auf dem Weg zum Parteitag in Peking
So sehen KP-Funktionäre aus: Delegierte des 19. Parteitags auf dem Weg zur Großen Halle des Volkes in Peking im Oktober 2017. Auf diesem Parteitag gelang es dem Staats- und Parteichef, seine „Xi Jinping-Gedanken zum Sozialismus Chinesischer Prägung in der Neuen Ära“ in die Parteiverfassung aufzunehmen. Er war der erste nach Mao, der zu Lebzeiten in der Verfassung eine Theorie mit seinem Namen platzieren konnte. Einen Kronprinzen präsentierte Xi auf dem Parteitag nicht – entgegen den normalen Gepflogenheiten. © GREG BAKER/AFP
Xi Jinping nimmt in einer Staatslimousine „Rote Fahne“ die Parade zum 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China ab.
70 Jahre Volksrepublik China: Staatschef Xi Jinping nahm 2019 in einer offenen Staatslimousine Marke „Rote Fahne“ die Militärparade in Peking zum Jahrestag der Staatsgründung ab. © GREG BAKER/AFP
Wirtschaftsforum in Wladiwostok
Xi Jinping pflegt eine offene Freundschaft zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin – bis heute, trotz des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Putin und Xi teilen die Abneigung gegen die von den USA dominierte Weltordnung. Hier stoßen sie 2018 bei einem gemeinsamen Essen auf dem Wirtschaftsforum von Wladiwostok, auf dem sich Russland als Handelspartner und Investitionsziel im asiatischen Raum präsentierte, miteinander an. © Sergei Bobylev/POOL TASS Host Photo Agency/dpa
Xi Jinping besucht im weißen Kittel ein Labor und lässt sich die Impfstoffentwicklung erklären
Ende 2019 brach in China die Corona-Pandemie aus. Im April 2020 informierte sich Xi Jinping in einem Labor in Peking über die Fortschritte bei der Impfstoffentwicklung. Xi ist bis heute überzeugt, dass China die Pandemie besser im Griff hat als der Rest der Welt. Seine Null-Covid-Politik beendet er nicht, wohl auch wegen der viel zu niedrigen Impfquote unter alten Menschen. © Ding Haitao/Imago/Xinhua
Xi Jinpings Konterfei lächelt von einem Teller mit rotem Hintergrund
Auf dem 20. Parteitag im Oktober 2022 ließ sich Xi Jinping zum dritten Mal zum Generalsekretär der Kommunisten ernennen. Damit ist er der mächtigste Parteichef seit Mao Zedong. © Artur Widak/Imago

China: Autohersteller betonen Bedeutung von Menschenrechten

Alle drei Unternehmen betonen aber die generelle Bedeutung von Menschenrechten. Volkswagen schreibt beispielsweise, Geschäftspartner müssten jeden bewussten Einsatz von Zwangs- und Pflichtarbeit sowie alle Formen der modernen Sklaverei ablehnen. BMW und Mercedes verweisen darauf, Lieferanten seien vertraglich zur Einhaltung von Standards verpflichtet. Mercedes schrieb außerdem, man sei mit seinen Geschäftspartnern in Kontakt und dränge auf eine Klärung der Vorwürfe.

Eine wichtige Rolle bei dieser und künftiger Beschwerden dürfte die Frage spielen, ob die drei Unternehmen „begründete Kenntnis“ davon haben müssten, dass es in ihren Lieferketten in Xinjiang zu Menschenrechtsverletzungen gekommen sein könnte. Denn darauf müssten sie laut dem LkSG reagieren, bei direkten und indirekten Lieferanten. Das BAFA muss im Falle von Beschwerden prüfen, ob sie dies ausreichend getan haben. Zu den drei Beschwerden erklärte die Behörde: Sie könne zu „etwaigen Beschwerden gegen einzelne Unternehmen grundsätzlich keine Angaben machen“. Das LkSG verpflichtet Unternehmen, in der gesamten Lieferkette für die Einhaltung von Menschenrechten zu sorgen. Wenn sie dies nicht tun, drohen empfindliche Strafzahlungen, ein erheblicher Reputationsschaden und möglicherweise der weitere Rückzug von Investoren.

Das ECCHR argumentiert bei den Beschwerden wesentlich mit den Erkenntnissen der Studie „Driving Forces“ der Universität Sheffield und der NGO NomoGaia von Ende 2022. Demnach haben mehr als hundert internationale Automobilzulieferer oder Automobilhersteller in gewissem Maße mit Waren aus uigurischer Zwangsarbeit zu tun. Auch BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen sollen demnach direkte und indirekte Beziehungen zu Zulieferern haben, bei denen die Wahrscheinlichkeit groß sei, dass sie uigurische Arbeitskräfte eingesetzt haben, die zur Arbeit gezwungen würden, schreibt der ECCHR.

Hinweise auf Zwangsarbeit in Xinjiang reichen für Anfangsverdacht

Demnach könne man davon ausgehen, dass die Autohersteller angesichts umfangreicher Medienberichterstattung über die Menschenrechtslage in der Region sowie direkter Mitteilungen der internationalen Zivilgesellschaft von den Risiken begründete Kenntnis haben müssen. Erstmals hatten Medien in großem Umfang über die Zwangsarbeitsthematik in der Region mit der Veröffentlichung der China Cables Ende 2019 berichtet.

In der Beschwerde gegen Volkswagen geht es um das Joint Venture SAIC-Volkswagen sowie einen direkten Zulieferer und acht indirekte Zulieferer, bei BMW um drei direkte Zulieferer und vier indirekte Zulieferer, bei Mercedes um einen direkten Zulieferer und vier indirekte Zulieferer. Auffällig ist ein direkter Zulieferer, der Airbags, Sicherheitsgurte, Lenkräder und deren Komponenten herstellt. Er soll laut der Beschwerden alle drei deutschen Unternehmen beliefern. In diesem Fall gibt es laut dem China-Wissenschaftler Björn Alpermann „ein hohes Risiko von Zwangsarbeit“. Er forscht seit vielen Jahren an der Universität Würzburg zur Situation in Xinjiang und hat die Beschwerde analysiert. 

„Die Hinweise auf Zwangsarbeit bei Zulieferern sind ausreichend in dem Maße, dass die Behörde eigentlich eine Untersuchung nach dem LkSG einleiten müsste.“ Für eine solche Beschwerde einer NGO genüge grundsätzlich ein begründeter Verdacht und der sei gegeben. (siehe auch das Interview mit dem Völkerrechtler Markus Krajewski in diesem Briefing). Allerdings sieht Alpermann auch Schwächen der Studie der Universität Sheffield. Manches sei „ungenügend belegt“ oder „unzulässig miteinander vermischt“.

Autohersteller „können eigentlich nur verlieren“

Die Unternehmen stecken nach Ansicht von China-Wissenschaftler Björn Alpermann in einem Reputationsdilemma: „Sie können eigentlich nur verlieren, egal, ob sie sich jetzt lauthals distanzieren und groß an die Glocke hängen, dass sie jetzt versuchten, Audits durchzuführen und zu publizieren. Wenn dies nicht funktioniere, dann verscherzen sie es sich mit einem ihrer wichtigsten Märkte. Oder sie machen gar nichts und wiegeln ab. Dann bleiben sie weiter im Kreuzfeuer der Kritik bei uns im Westen“, sagt Alpermann, der es für wahrscheinlich hält, dass die Unternehmen nun lavieren und versuchen, den Schaden auf beiden Seiten zu begrenzen, was dazu führe, „dass man eigentlich immer irgendwie schlecht aussieht“. Unter Druck steht vor allem VW wegen der Thematik – auch durch Investoren.

Unterstützt werden die Beschwerden vom Dachverband der Kritischen Aktionäre, was deren Co-Geschäftsführer Tilman Massa auch mit einer unzureichenden Transparenz der Autokonzerne begründet. „Über das Auskunftsrecht als Aktionär*innen haben wir bisher keine konkreten Auskünfte erhalten, etwa, welche Zulieferer geprüft wurden oder ob Verträge mit Zuliefern gekündigt wurden.“ Vor allem Volkswagen verfange sich „immer mehr in dem Widerspruch“, zum einen auf die angeblich nicht gegebenen Einflussmöglichkeiten auf den Joint-Venture-Partner SAIC und damit das Werk in Ürümqi zu haben, zum anderen aber stets zu betonen, die Situation vor Ort genau geprüft zu haben“. Doch der konkrete Vorwurf der Beschwerde richte sich nicht gegen dieses Werk, sondern gegen Zulieferer.

Bei der Frage des aktuellen Umfangs des Problems von Zwangsarbeit in der Region, verweist der Weltkongress der Uiguren, der die Beschwerde ebenfalls unterstützt, auf die Berichte von Journalisten, die die Region jüngst besucht hätten, demnach „geht die Zahl der Internierungslager zurück“. Dagegen nähmen Haftstrafen und Zwangsarbeit zu. „Viele Uiguri*nnen, die aus den Internierungslagern entlassen wurden, wurden direkt zur Zwangsarbeit transferiert“, sagt Dolkun Isa. China könne diese staatlich verordnete Zwangsarbeit „nur mit der stillschweigenden Hilfe der internationalen Gesellschaft aufrechterhalten“. Die derzeitigen Schlupflöcher in den nationalen und internationalen Rechtsvorschriften ermöglichten es, „dass Produkte, die mit uigurischer Zwangsarbeit hergestellt wurden, ungehindert in den globalen Lieferketten zirkulieren können“. (Von Caspar Dohmen)

Rubriklistenbild: © WIktor Szymanowicz/Imago

Kommentare