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TSMC-Fabrik in Sachsen

Neues Halbleiter-Werk in Dresden: So will Deutschland ein Debakel wie in den USA verhindern

Für das TSMC-Werk in Dresden startet Sachsen ein „historisches“ Ausbildungsprogramm. Ein Blick in die USA zeigt, warum das dringend nötig ist.

Taichung – Wer die freundliche Dame von TSMC fragt, was die gesamte Ausrüstung in diesem hochmodernen Gebäude am Rande der taiwanischen Stadt Taichung eigentlich gekostet hat, erhält nur ein müdes Lächeln. Viel, sagt sie, sehr viel. Man glaubt es ihr gerne. Auf neun Stockwerken lernen Studierende hier, im sogenannten „Newcomer Trainings Center“, wie man Halbleiter herstellt, jene winzigen Wunderwerke der Technik, die heute in fast jedem elektronischen Gerät stecken. Allein 32 Lithografiemaschinen haben sie hier stehen, jede davon „mehrere Millionen Dollar“ teuer, wie TSMC erklärt.

Ein Mitarbeiter zeigt, was die Kästen können. An einem Demonstrationsapparat erhitzt er Plasma, das seine Farbe verändert, je mehr Energie er zuführt. So würden die Schaltkreise auf die Wafer aufgebracht, erklärt der Mann. Wobei das freilich eine sehr vereinfachte Beschreibung ist für das, was in den Geräten passiert.

Aber es sind auch weniger die technischen Details, die Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow an diesem Dienstag in die Industriestadt Taichung geführt haben, rund zwei Autostunden südwestlich der Hauptstadt Taipeh. Gemkow ist angereist, um zusammen mit einer TSMC-Vertreterin sowie der Rektorin der Technischen Universität Dresden ein Abkommen zu unterzeichnen, das alle Beteiligten „historisch“ nennen: Ab dem kommenden Frühjahr sollen deutsche Studentinnen und Studenten in Taiwan ein halbes Jahr in die Kunst der Chip-Fertigung eingeführt werden. Erst geht es an eine taiwanische Universität, anschließend zu TSMC nach Taichung. Koordiniert wird die Ausbildung von der Dresdner TU, bezahlt wird es vom Freistaat Sachsen. „Mit diesem Programm ist uns etwas weltweit Einzigartiges gelungen“, schwärmt Gemkow.

TSMC in Sachsen: Dresdner Halbleiter-Werk benötigt 2000 Fachkräfte

Warum das Programm so wichtig ist, erklärt in Taichung TSMC-Personalchefin Lora Ho: „Während die Halbleiterindustrie bis 2030 auf einen Billionen-Dollar-Markt anwachsen soll, zeigen Marktforschungsberichte, dass mehr als eine Million zusätzliche Fachkräfte benötigt werden, um diesen Bedarf zu decken.“

Auch in Sachsen sehen sie das Problem. Denn in Dresden soll in den kommenden Jahren das erste TSMC-Werk auf deutschem Boden entstehen, subventioniert durch die Regierung mit fünf Milliarden Euro. Im zweiten Halbjahr 2024 werden die Bauarbeiten beginnen, die Fertigung dann Ende 2027 starten. 2000 Ingenieure sollen eines Tages in dem Werk Chips herstellen, die vor allem in der Autoindustrie nachgefragt werden. Und diese Ingenieure müssen erst einmal ausgebildet werden. Keine leichte Aufgabe. Denn in Sachsen und im benachbarten Sachsen-Anhalt drängen sich gleich mehrere große Chip-Hersteller, die alle um Personal buhlen. Und das ist bekanntermaßen schon jetzt eine knappe Ressource. 62.000 Fachkräfte fehlten im Halbleiter-Bereich, schätzte unlängst das Institut der deutschen Wirtschaft.

„Wir leben in ganz besonderen Zeiten. Fachkräfte sind nicht mehr selbstverständlich“, sagt TU-Präsidentin Ursula Staudinger. „Wir müssen neue Koalitionen schmieden.“ Die Zusammenarbeit mit TSMC ist eine Weltpremiere, erstmals werden Ausländer am TSMC-Standort in Taichung ausgebildet. Bis zu 100 Fachkräfte jährlich sollen es eines Tages sein.

TSMC-Werke im Ausland: Lob für Japan, Häme für die USA

Im japanischen Kumamoto, wo TSMC derzeit seine erste ausländische Halbleiterfabrik errichtet, sind sie schon weiter als in Dresden. Ab dem kommenden Jahr sollen dort die ersten Chips produziert werden, Medienberichten zufolge ist eine zweite Fertigungsstätte in Planung. Japan sei eine naheliegende Wahl gewesen, sagen taiwanische Politiker. Nicht nur aufgrund der geografischen Nähe, sondern auch, weil man sich kulturell sehr ähnlich sei. Zudem, so hört man immer wieder, würden Japaner genauso fleißig arbeiten wie die Menschen in Taiwan.

Gänzlich anderes vernimmt man über die beiden geplanten TSMC-Werke, die derzeit für 40 Milliarden US-Dollar im US-Bundesstaat Arizona errichtet werden. Dort häufen sich die Probleme, der Produktionsstart wurde um ein Jahr nach hinten verschoben. US-Gewerkschaften klagen über angeblich chaotische Anweisungen aus Taiwan, in Taiwan wiederum macht man sich über die vermeintlich inkompetenten Amerikaner lustig. Ein in den sozialen Medien viel geteiltes Video zeigt amerikanische Arbeiter, die – so heißt es in dem Kommentar dazu – faul herumlungern, statt zu arbeiten. Um die Wogen zu glätten, reiste in diesen Tagen Arizonas Gouverneurin Katie Hobbs nach Taipeh, wo sie versprach, die Probleme in den Griff zu bekommen. Hobbs sah sich gar genötigt, öffentlich die Kompetenz der amerikanischen Arbeiter zu verteidigen.

Deutschland und Taiwan: „sehr ähnliche“ Arbeitskultur?

In Dresden will man es gar nicht erst so weit kommen lassen. „TSMC hat aus den Erfahrungen in Arizona gelernt“, glaubt TU-Präsidentin Staudinger. Man entwickle ein „kulturelles Onboarding-Programm“, das die Studenten aus Deutschland auf ihren Taiwan-Aufenthalt vorbereiten solle. Und Wissenschaftsminister Gemkow beschwört ein deutsches Arbeitsethos, das der taiwanischen Arbeitskultur „sehr ähnlich“ sei.

Wie diese taiwanische Arbeitskultur aussieht, bekommt man einige Tage vor dem Eintreffen der deutschen Delegation in Hsinchu zu hören. Im dortigen Science Park, unweit des TSMC-Hauptquartiers, erzählt ein Halbleiter-Experte begeistert, dass sich die taiwanischen Mitarbeiter in den Halbleiterwerken um die Mitternachtsschichten reißen würden. So hätten sie tagsüber mehr Zeit für ihre Familien. Als man ihm von den deutschen Diskussionen über eine Viertagewoche erzählt, entgleiten ihm für einen kurzen Moment die Gesichtszüge. Kein Wunder: In Taiwan haben sie erst vor wenigen Jahren die Fünf-Tage-Woche eingeführt. Zuvor waren zwei freie Tage pro Woche für viele hier der pure Luxus.

Rubriklistenbild: © Imago

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