Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

168.000 statt 400.000

Kontroverse im Wohnungsbau: Wie viele Wohnungen fehlen wirklich?

Mit 400.000 Wohnungen will die Politik die Wohnungskrise bekämpfen. Laut einer Studie reicht weniger als die Hälfte. Woher kommt die Diskrepanz?

Berlin – Lange Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen, zahlreiche Anfragen von Interessenten bei Vermietern, hohe Mieten: Symptome des Wohnungsmangels in vielen deutschen Städten. Die Wohnungskrise ist weitgehend Konsens, die Lösung ist ein politisches Ziel der Ampel: 400.000 Wohnungen sollen pro Jahr entstehen. 18 Milliarden Euro gibt die Politik für den sozialen Wohnungsbau aus. Trotzdem bleibt das gesteckte Ziel unerreicht. Eine Studie des Forschungsinstituts Empirica stellt nun fest: Das ist auch gar nicht nötig. Stattdessen müsse Politik und Unternehmen zielgerichteter bauen.

Die Forschenden haben auf Basis verschiedener Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung ermittelt, wie viele Wohnungen in Deutschland pro Jahr entstehen müssen. Im laufenden Jahr 2024 und in den kommenden drei Jahren sind das im mittleren Szenario 168.000 Wohnungen – weniger als die Hälfte des von der Ampel-Koalition erklärten Ziels von 400.000. Die Fachleute gehen dabei von einer Bevölkerungszahl von 84,5 Millionen im Jahr 2045 aus.

Studie korrigiert Zahl der benötigten Wohnungen deutlich nach unten

Aber auch im oberen Szenario mit einer prognostizierten Zahl von 88 Millionen Menschen liegt der Bedarf bis 2027 laut Empirica mit 210.000 Wohnungen deutlich unter den politischen Zielsetzungen.

ZeitraumWohnungsbedarf im mittleren SzenarioWohnungsbedarf im oberen Szenario
2024–2027168.000210.000
2028–2032151.000196.000
2033–2037195.000229.000
2038–2042211.000247.000
Quelle: Empirica

Mit dem Blick auf den Wohnungsbau 2022 stellt das Forschungsinstitut zudem fest, dass der Eindruck entstehe, dass es zu viele neue Wohnungen gebe. Das geht laut Empirica aus der Differenz der tatsächlich gebauten 295.000 Wohnungen und dem ermittelten Bedarf von 191.000 hervor. „Dann scheint es so, als wären rund 104.000 Wohnungen zu viel gebaut worden.“

Wohnungsbau muss zielgerichteter erfolgen – erklärt Studie

Die Forschenden wollen jedoch die regionalen Unterschiede betrachten. Es gebe Regionen, wo zu wenig gebaut wurde, heißt es in der Studie. In einigen Landesteilen seien zu viele Wohnungen entstanden. Von den 295.000 gebauten Wohnungen 2022 tragen nur 181.000 zur Milderung der Knappheiten vor Ort bei, folgern die Forschenden.

Laut einer Studie braucht es deutlich weniger Wohnungen – wenn sie an der richtigen Stelle gebaut werden.

„Gerade aufgrund des eklatanten Wohnungsmangels in den Metropolen und der Probleme beim Neubau ist es sehr wichtig, sich damit zu beschäftigten, wo Wohnungen in welchem Umfang gebraucht werden“, erklärte Jan Grade, Geschäftsführer der Empirica Regio GmbH, als Antwort auf die Kritik des Vonovia-Konzernchefs Rolf Buch. Der hatte Empirica in einem Linkedin-Post vorgeworfen, die Wohnungskrise kleinzureden. Die Zahlen unterstützen Bauherrn, Projektplaner und auch die kommunale Politik, die richtigen Standort- und Investitionsentscheidungen zu treffen, erklärte Grade.

„Erfolg der Wohnungsbaupolitik muss lokal gemessen werden“

Die Prognose seines Instituts sei keineswegs als Entwarnung zu verstehen, sagte auch Empirica-Geschäftsführer Reiner Braun gegenüber NTV. Das Institut wolle aufzeigen, in welchen Regionen Nachholbedarf bestehe – und in welchen aufgrund des zu erwartenden Bevölkerungsrückgangs nicht.

„Der Erfolg der Wohnungsbaupolitik muss lokal gemessen werden“, sagte Braun. Es sage noch nichts darüber aus, ob die Wohnungsnot in Großstädten gemindert wurde, wenn tatsächlich 400.000 Wohnungen gebaut würden.

Wo der Bedarf an neuen Wohnungen und Einfamilienhäusern besonders groß ist

Laut Wohnungsbau-Studie von Empirica ist der Bedarf an neuen Mehrfamilienhäusern vor allem in Städten und Metropolregionen hoch, vor allem in Leipzig, Potsdam, Frankfurt und Rhein-Main sowie in München. Dagegen müssen im Umland von Berlin, im Nordwesten, in Schleswig-Holstein sowie in Bayern und Baden-Württemberg mehr Ein- und Zweifamilienhäuser gebaut werden. In Ostdeutschland ist der Bedarf abseits der Städte gering. Zudem prognostizieren die Forscher einen größeren Bedarf bei speziellen Wohnungen, vor allem im Bereich des altersgerechten Wohnens.

Andere Institute und Verbände schätzen den Bedarf an neuen Wohnungen deutlich höher ein. 800.000 Wohnungen fehlen laut Einschätzung des Pestel-Instituts. Zudem fehlen über 900.000 Sozialwohnungen. Laut eines Experten bedroht der Wohnungsmangel die politische Stabilität. (ms)

Rubriklistenbild: © Rolf Vennenbernd/dpa

Kommentare