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Energiewende wird gebremst

Stromanbieter in Deutschland veräppeln den Staat – und verschleiern wichtige Infos für ihre Kunden

Stromanbieter in Deutschland sind seit dem Start des Jahres gesetzlich dazu angehalten, flexible Stromtarife anzubieten. Eine Untersuchung beweist: Die Tarife werden oft vor den Kunden versteckt.

München – Wer sich für die Energiewende interessiert und die Entwicklungen in Deutschland verfolgt, der hat schon mal von dynamischen Stromtarifen gehört. Sie gelten in Branchenkreisen als Zukunft der Energieversorgung, da man damit die flexible Natur der erneuerbaren Energien besser nutzen kann, und zwar indem man seinen Verbrauch an die Verfügbarkeit von Solar und Wind anpasst. Dazu braucht es auf der einen Seite steuerbare Geräte, auf der anderen Seite aber auch einen Stromtarif, der die stündlichen oder gar minütlichen Kosten von Strom an der Börse misst.

Seit Jahresbeginn müssen alle Stromversorger in Deutschland solche dynamischen Stromtarife in ihrem Portfolio haben. Doch wie unabhängige Untersuchungen von IPPEN.MEDIA nun zeigen, geschieht das nicht so, wie vom Gesetzgeber vorgesehen.

Dynamische Stromtarife können Kunden Geld sparen: Viele haben davon noch nie gehört

Dynamische Stromtarife haben es ohnehin schon schwer in Deutschland. Wie der Bundesverband der Verbraucherzentralen in einer Umfrage im Herbst 2024 aufgezeigt hat, fühlen sich 81 Prozent aller deutschen Haushalte über diese Stromtarife nicht aufgeklärt. Über die Hälfte der Befragten habe demnach noch nie von dynamischen Stromtarifen gehört. Dabei könnten viele Verbraucher und Verbraucherinnen mit diesen Tarifen auch Geld sparen, so die Verbraucherzentrale.

„Mit dynamischen Stromtarifen können Verbraucher und Verbraucherinnen an der Energiewende teilhaben und so direkt von günstigen Strompreisen an der Börse profitieren. Doch bei vielen Verbrauchern und Verbraucherinnen besteht noch immer ein großes Informationsdefizit“, sagte Jutta Gurkmann, Geschäftsbereichsleiterin bei der Verbraucherzentrale laut Mitteilung vom Oktober. „Mit einer verbraucherfreundlichen Ausgestaltung dieser neuen Tarifangebote und klaren Informationen über deren Chancen und Risiken könnte man mehr Verbraucher und Verbraucherinnen davon überzeugen.“ 

Deutsche Stromanbieter verstecken ihre dynamischen Tarife

Allerdings scheint genau das nicht wirklich zu passieren, trotz gesetzlicher Vorgaben. IPPEN.MEDIA hat bei mehreren bekannten Stromanbietern auf den Webseiten nach den dynamischen Stromtarifen gesucht – und in den meisten Fällen waren diese nicht prominent beworben, oft konnte der Tarif erst durch eine Website-Suche gefunden werden. Das gilt zum Beispiel für die Stadtwerke München (SWM), deren dynamischer Stromtarif erst nach Eingabe ins Suchfeld auftaucht. Unter den Reiter „Stromtarife“ findet man ihn nicht.

Seit Jahresbeginn müssen Stromanbieter ihren Kunden dynamische Tarife anbieten.

Andere Stromversorger platzieren den dynamischen Stromtarif bei der Auflistung ihrer Angebote so weit unten, dass er den meisten Kunden nicht auffallen würde. Beim Ökostromanbieter eprimo werden neun Stromverträge in gesonderten Boxen gelistet, dann kommen zwei Informationsbeiträge über Strom für E-Auto-Fahrer und Tarife für PV-Anlagen, bevor da drunter dann der dynamische Stromtarif erst auffindbar ist. Auch bei Vattenfall ist das die Taktik: Es werden sechs Stromtarife für die jeweilige Region gelistet, bevor ganz unten der dynamische Tarif aufploppt. Es hat auch Anbieter gegeben, die allem Anschein nach tatsächlich keinen dynamischen Tarif anbieten, oder er ist so gut versteckt, dass wir ihn einfach nicht gefunden haben.

Branchenkenner sind nicht verwundert: Stromanbieter haben sich auf die Tarife nicht vorbereitet

Dass deutsche Stromversorger das Gesetz mit diesen Tricks zu umgehen versuchen, ist für Branchenkenner nicht überraschend. Liliane Ableitner, CEO des Clean-Tech-Unternehmens exnaton, hat in einem Gastbeitrag für die Energie-Fachzeitung am 16. Januar geschrieben: „Seit Beginn dieses Jahres sind Energieversorgungsunternehmen in Deutschland per §41a EnWG zur Einführung dynamischer Stromtarife verpflichtet. Eine gesetzliche Vorgabe, die bereits seit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes im Sommer 2021 bekannt ist. Dennoch zeigt unsere Erfahrung bei exnaton, dass viele Energieversorger erst im Sommer 2024 begonnen haben, sich ernsthaft mit der Umsetzung zu befassen.“

Daher waren viele Versorger zum Stichtag nicht wirklich vorbereitet und sind eigentlich nicht in der Lage, einen dynamischen Stromtarif wirklich anzubieten. Zum Beispiel brauchen Haushalte, die einen solchen Tarif haben wollen, einen Smart Meter, auch intelligenter Stromzähler genannt. Der ist notwendig, um die Strompreise an der Börse abzurufen und mit dem Verbrauch des Haushalts abzustimmen.

Wer seinen Kunden einen dynamischen Stromtarif anbieten will, muss seinem Kunden auch einen Smart Meter anbieten können – und genau da scheint der Haken zu sein. Diese müssen auf Kundenwunsch vom Messstellenbetreiber zur Verfügung gestellt werden. Allerdings stellen auch die sich häufig quer beziehungsweise haben mit Personalengpässen zu kämpfen, sodass der Einbau der Smart Meter oft lange dauern kann. Außerdem müssen sie die Kosten für die Smart Meter fast vollständig alleine tragen, der Gesetzgeber hat die Kosten für Verbraucher nämlich auf 20 Euro im Jahr gedeckelt.

Smart Meter müssen in Deutschland eingebaut werden

Aus Sicht von Liliane Ableitner sollte das aber kein Hindernis für die Energieversorger sein. „Während fehlende Smart Meter ohne Zweifel ein Hindernis bei der Schaffung von Flexibilität sind, schließen sie jedoch dynamische Stromtarife nicht aus. Selbst ohne intelligentes Messsystem können Energieversorgungsunternehmen diese über Standardlastprofile (SLP) als Übergangslösung anbieten, bis Smart Meter flächendeckend installiert sind“, schreibt sie in ihrem Beitrag.

Und es gibt auch Unternehmen, die genau das tun, beziehungsweise den Rollout der Smart Meter zu unterstützen versuchen. Zu diesen Firmen gehören zum Beispiel Octopus Energy, Tibber, Ostrom, 1Komma5°, Enpal, LichtBlick und Rabot Energy. Einige von ihnen haben sich vergangenes Jahr auch zusammengeschlossen, um eine Smart-Meter-Initiative zu gründen, die den Einbau der intelligenten Stromzähler voranbringen soll. Wer Interesse an einem solchen Zähler hat, kann sich zum Beispiel auch an diese Firmen wenden – sie kümmern sich dann um den Einbau.

Rubriklistenbild: © IMAGO/Zoonar.com/stockfotos-mg

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