Kampagne gegen „Schwellenängste“
Steuergeld für Bürgergeld-Werbung: Das haben wir alle bezahlt
Der Bund der Steuerzahler geißelt eine Kampagne der Berliner Jobcenter als Werbung für das Bürgergeld. Das Geld sollte stattdessen zur Prävention von Leistungsmissbrauch genutzt werden.
Berlin – In seinem jährlichen „Schwarzbuch“ zur Verschwendung von Steuergeldern prangert der Bund der Steuerzahler Reklamen der Berliner Jobcenter an. Die Organisation sieht darin eine Werbung für das Bürgergeld. „Die reklamehafte Aufmachung der Jobcenter-Plakate spricht eher für eine Werbung für das Bürgergeld als eine sachliche Aufklärung“, heißt es darin.
Bund der Steuerzahler prangert angebliche Bürgergeld-Werbung der Jobcenter an
Konkret geht es um Plakate der Berliner Jobcenter, die Ende Januar 2024 in mehreren U-Bahnhöfen in Berlin aufgetaucht seien. Auf den verschiedenen bunten Reklamen heißt es etwa: „Du findest uns zu kompliziert. Wir uns auch.“ Die Behörden versprachen darauf etwa mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie.
Ziel der Kampagne sei es gewesen, den Erwartungen an eine bürgernahe Behörde gerecht zu werden und die modernen Beratungs- und Förderleistungen der Berliner Jobcenter sichtbar zu machen, zitiert der Bund der Steuerzahler aus einer Antwort der Behörde. Durch die Aufmerksamkeit und das moderne Auftreten sollten „mittelfristig Schwellenängste bei der Zusammenarbeit mit den Jobcentern abgebaut werden“, heißt es demnach weiter.
„Zusammenarbeit auf Augenhöhe“: Was die Jobcenter zum Vorwurf der Bürgergeld-Werbung sagen
Die Jobcenter wehren sich gegenüber dem Bündnis jedoch gegen den Vorwurf, Werbung für das Bürgergeld zu machen. Die Kampagne solle explizit keine Werbung für die Sozialleistung sein, soll die Behörde erklärt haben. Stattdessen habe sie dem Kerngedanken des Bürgergelds, der „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, Rechnung getragen und würde damit dem „politischen Willen des Gesetzgebers“ folgen. Aus dem Sozialgesetzbuch ergebe sich zudem eine Verpflichtung, sich als zuständiger Leistungsträger den Bürgern der Stadt zugänglich zu zeigen.
Die Kosten der Plakate und der Ausarbeitung des dahinter stehenden Corporate Design-Manuals, für Begleitung, Umsetzung und Mediaplanung zur Imagekampagne, eine Instagram-Beratung liegt laut Bund der Steuerzahler bei 191.704,49 Euro. Die Kosten seien anteilig auf alle Berliner Jobcenter verteilt worden. Zudem stünden den Ausgaben rechnerische Einsparungen beim Versand von Informationen an die Bedarfsgemeinschaften per Post gegenüber.
Statt „Werbung“: Steuerzahlerbund fordert Mittel gegen Leistungsmissbrauch beim Bürgergeld
Der Bund der Steuerzahler sieht in den Plakaten jedoch nicht nur eine Werbung für das – Zitat – „bestens angenommene“ Bürgergeld. Er stellt zudem die Notwendigkeit der Überarbeitung des Corporate Designs der Jobcenter in Frage. „Immerhin haben es derzeit bundesweit rund 5,5 Mio Anspruchsberechtigte geschafft, ohne Schwellenängste Bürgergeld zu beantragen“, heißt es im am Mittwoch, 9. Oktober, vorgestellten Schwarzbuch. Dabei betont der Bund auch, dass „selbst Menschen mit Migrationshintergrund“ trotz „vielfach vorhandener Sprachbarriere offenbar grundsätzlich in der Lage“ seien, einen Antrag zu stellen.
Die Organisation macht zudem einen Alternativvorschlag: „Die verfügbaren Mittel hätten besser in die Vermeidung von Leistungsmissbrauch und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt gesteckt werden sollen, denn knapp vier Mio. Bürgergeldempfänger sind laut Bundesarbeitsministerium erwerbsfähig.“ Unerwähnt bleibt, dass etwa 20 Prozent bereits erwerbstätig sind, allerdings ihr zu geringes Gehalt mit Bürgergeld aufstocken müssen. Weitere 40 Prozent der grundsätzlich Erwerbsfähigen standen dem Bürgergeld nicht oder nur bedingt zur Verfügung, weil sie einer Ausbildung oder einem Studium nachgehen, Kinder erziehen, Angehörige pflegen oder kurzfristig arbeitsunfähig waren. Somit liegt die tatsächliche Zahl der arbeitsfähigen Bürgergeld-Bezieher bei 1,6 Millionen.
Jobcentern fehlen tatsächlich Mittel bei der Eingliederung von Bürgergeld-Empfängern in Arbeit
Dennoch beklagen Jobcenter und Träger der Arbeitsförderung regelmäßig zu geringe Budgets bei der Vermittlung von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt. Fehlendes Geld ist dabei eine Ursache, weshalb es immer weniger Fälle in Förderprogrammen für Langzeitarbeitslose gibt.
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