Künstliche Intelligenz
Stellenabbau bei Software-Riese SAP: Kahlschlag trotz Umsatzplus
Das Umbauprogramm von Software-Riese SAP fordert mehr Stellen als bisher geplant. Die zunehmende Integration von KI ins operative Geschäft verändert interne Strukturen und Berufsbilder.
Walldorf – Der Softwarehersteller SAP kann sich im zweiten Quartal über ein dickes Umsatzplus freuen. Trotzdem erwartet die Mitarbeiter ein weiterhin umfangreiches Stellenabbauprogramm. Wie das Unternehmen in einer Pressemitteilung vom 22. Juli schreibt, sollen nicht wie geplant 8.000, sondern 9.000 bis 10.000 Jobs abgebaut werden. Demnach soll SAP nach Quartalsende 105.315 Mitarbeiter beschäftigen. Im Vergleich zum ersten Quartal 2023 sind es 3.000 Stellen weniger.
SAP plant Kahlschlag: Nettogewinn schrumpft um 69 Prozent
Die operativen Geschäfte laufen indes wieder stabil. Wie aus der Mitteilung hervorgeht, stieg das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern im Vergleich zum vorangegangenen Jahr um 33 Prozent auf 1,94 Milliarden Euro. Demnach verbuchte SAP ein Umsatzplus von zehn Prozent auf 8,29 Milliarden Euro. Das Cloudgeschäft geht dabei als Steckenpferd hervor. Unterm Strich kamen im Rahmen der Kosten für Stellenabbau 2,2 Milliarden Euro zum Tragen.
Gleichzeitig schrumpfte der Nettogewinn um 69 Prozent auf 918 Millionen Euro. Dies lag vor allem am milliardenschweren Sonderertrag aus dem Verkauf der ehemaligen US-Tochter Qualtrics. Das Stellenabbauprogramm soll wegen der daraus resultierenden Kostenersparnis dafür sorgen, dass 2025 mit 0,2 Milliarden Euro mehr beim operativem Ergebnis gerechnet wird. „Wir sind zuversichtlich, unsere Ziele für das Jahr zu erreichen“, sagte SAP-Chef Christian Klein in der Mitteilung.
Kosteneinsparungen bei SAP: Werden Mitarbeiter durch KI ersetzt?
Zu Beginn des Jahres kündigte SAP-Chef Christian Klein an, im Rahmen eines Umstrukturierungsprogrammes erhebliche Stellenstreichungen vorzunehmen. Bei einer Presseveranstaltung in Walldorf bestätigte Klein damals die Forcierung der Kräfte auf die Entwicklung der KI-Technologie innerhalb des Unternehmens. Knapp eine Milliarde Euro an Investitionen sollten demnach in das Projekt fließen.
Nicht nur KI-Produkte, sondern auch KI-gestützte Prozesse innerhalb des Unternehmens sollen es zukunftsfähig und konkurrenzfähig machen. So sollten zwar tausende Stellen gestrichen werden, aber auch gleichzeitig neue geschaffen werden. „Die Arbeitsplätze werden sich verändern“, erklärte der SAP-Vorstandschef damals.
„KI ist nicht in der Lage, bei der SAP Arbeitsplätze zu ersetzen“, glaubt auch Betriebsratschef Andreas Hahn. Er kritisierte die Ankündigung aus der Chefetage scharf. So sei der Betriebsrat zuletzt über die Umstrukturierungspläne informiert worden, monierte der Betriebsratschef gegenüber Capital. Welche Standorte betroffen seien, war damals unklar. „Der Vorstand hat erst die Börse, dann die Mitarbeiter und zuletzt den Betriebsrat informiert. Das scheint das ‚new normal‘ bei der SAP zu sein.“
Dem demografischen Wandel trotzen: Betriebsrat von SAP kritisiert Umbauprogramm
In der aktuellen SAP-Mitteilung bekräftigte der Softwareriese, dass obwohl mehr Stellen abgebaut werden, „die Zahl der Mitarbeitenden Ende 2024 etwa dem Stand zum Jahresende 2023 entsprechen wird“. Bei den betroffenen 9.000 bis 10.000 Stellen würden demnach Freiwilligenprogramme und interne Umschulungsmaßnahmen zum Tragen kommen.
Betriebsrat Hahn hatte bereits zu Beginn des Jahres eine Erklärung dafür: „Ich denke, die SAP versucht mit dem Vorruhestands- und Freiwilligenprogramm ihren demografischen Bauch abzuschmelzen“. Diese Art von Programmen sehe man alle vier Jahre. „Aus Sicht des Vorstands gibt es offenbar zu viele ältere und zu gut bezahlte Mitarbeiter“, schlussfolgerte Hahn. „Es ist aber schade, dass die, die gehen, besser gestellt werden als die, die bleiben.“ In Umschulungen und Gehälter würde zu wenig Geld fließen.
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