„Handel nicht mehr Wachstumsmotor“
Rezession in Deutschland: Export sinkt deutlich stärker, als erwartet
Deutschland steuert auf eine Rezession zu, das zeigen auch die Exportzahlen. Der Rückgang der Außenhandelszahlen fällt höher aus, als erwartet.
Berlin – Die schwache Weltwirtschaft belastet zunehmend die Geschäfte der deutschen Exporteure. Ihre Warenausfuhren sanken im August um 1,2 Prozent zum Vormonat auf 127,9 Milliarden Euro und damit bereits das zweite Mal in Folge, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Der Rückgang fiel damit dreimal so stark aus, wie von Ökonomen vorhergesagt. Im Juli hatte es bereits ein Minus von 1,9 Prozent gegeben.
„Zwischen Rezession und Stagnation“: Deutsche Wirtschaft in der Krise
„Wie der Rest der deutschen Wirtschaft verharren auch die Exporteure in der Dämmerung zwischen Rezession und Stagnation“, kommentierte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski die Entwicklung. Die Wahrscheinlichkeit, dass Europas größte Volkswirtschaft im gerade beendeten Sommerquartal geschrumpft ist, sei mit den schwachen Exportdaten gestiegen.
„Die globale Nachfrageschwäche setzt den Unternehmen mehr und mehr zu“, ergänzte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Zudem werden die Auftragsbücher dünner.“ Die Importe gaben überraschend ebenfalls nach: Sie fielen um 0,4 Prozent auf 111,4 Milliarden Euro. Hier hatten die von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Volkswirte mit einem Wachstum von 0,5 Prozent gerechnet. „Damit ist der Handel nicht mehr der starke, widerstandsfähige Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft, der er einmal war, sondern eher eine Bremse“, sagte Brzeski.
Wirtschaft in Deutschland: Rasche Besserung in diesem Jahr nicht in Sicht
Die Ausfuhren in die EU-Staaten schrumpften im August um 1,5 Prozent zum Vormonat auf 69,6 Milliarden Euro, während das übrige Auslandsgeschäft um 0,9 Prozent auf 58,3 Milliarden Euro nachgab. Abnehmerland Nummer eins blieben die USA: Dorthin wurden Waren im Wert von 13,3 Milliarden Euro verkauft, ein Rückgang um 1,3 Prozent. Die Exporte nach China nahmen dagegen zu, und zwar um 1,2 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro. Die Ausfuhren nach Großbritannien fielen um 4,2 Prozent auf 6,0 Milliarden Euro.
Eine rasche Besserung ist nicht in Sicht: Der Kiel Trade Indicator des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) signalisiert für September sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen ein erneutes Minus. Zudem ist die Stimmung in der Exportindustrie derzeit so schlecht wie seit über drei Jahren nicht mehr.
Das Barometer für die Exporterwartungen fiel im September auf minus 11,3 Punkte, von minus 6,5 Punkten im August, wie das Münchner Ifo-Institut ermittelte. „Die Exportwirtschaft befindet sich in einer Schwächephase“, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. Ein Grund dafür ist, dass viele Zentralbanken ihre Leitzinsen im Kampf gegen die Inflation kräftig heraufgesetzt haben. Das treibt die Finanzierungskosten nach oben. „Die weltweit gestiegenen Zinsen zeigen ihre Wirkung“, sagte Wohlrabe. „Sie dämpfen die Nachfrage nach deutschen Waren.“
Positives Signal für Wirtschaft in Deutschland: Überschuss in der Bilanz steigt
Trotzdem kann den neuen Daten auch Positives abgewonnen werden. Durch die deutlich sinkenden Ausgaben für russisches Öl und Gas kann Deutschland in diesem Jahr einen höheren Überschuss in der Außenhandelsbilanz ausweisen. Im August 2023 wurden 127,9 Milliarden Euro exportiert und Waren im Wert von 111,4 Milliarden Euro importiert. Damit bleibt ein Saldo von 16,6 Milliarden Euro übrig. In den beiden Kalendermonaten davor lag der Überschuss sogar noch höher – im Juni wurde mit 18,7 Milliarden sogar der höchste Überschuss seit Januar 2021 erzielt.
Das bedeutet im Grunde: Deutschland kauft weniger ein, als es verkauft bzw. kann teurer verkaufen als es einkaufen muss. Das sah vor einem Jahr noch ganz anders aus, als sich die Außenhandelsbilanz die Wage hielt. Damals waren auch die Preise für den Import von Waren auf einem Rekordhoch. Diese Preise sind aber seit September 2022 deutlich gesunken. All das deutet also auf eine Erholung der Wirtschaft hin, die Lage verbessert sich – wenn auch langsam.
Mit Material von Reuters
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