Rentenpaket II
Rente wie in Österreich: Was sich mit Beamten in der Rentenversicherung ändert
Vor Kurzem regte Bundesarbeitsminister Heil (SPD) an, Beamtinnen und Beamte in die Rentenkasse einzubeziehen. Was wären die Folgen für den Staatshaushalt?
Frankfurt – Das Rentensystem sieht sich schwierigen Zeiten entgegen: Bald werden mehr und mehr Babyboomer in Rente gehen. Dem entgegen stehen immer weniger Beitragszahlerinnen und -zahler. Mit ihrem kürzlich vorgestellten neuen Rentenpaket II will die Ampel-Koalition die Rentenversorgung deshalb sattelfest machen und das Rentenniveau von 48 Prozent auch künftig weiter erhalten. Zu seiner Finanzierung soll das Rentenpaket auf ein neues Standbein gestellt werden: Dafür plant der Bund, Milliarden am Kapitalmarkt anzulegen.
Rente wie in Österreich: Neues Rentenpaket soll Beamten in die Rentenversicherung integrieren
Auch plant die Bundesregierung, am Renteneintrittsalter festzuhalten, was bereits einige Lager zur Kritik veranlasste, mit dem Rentenpaket II würden Kosten auf jüngere Generationen abgewälzt. Eine weitere Idee in der Debatte um Rentenreformen brachte zuletzt auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ein. Er erklärte, er könne sich eine Erweiterung der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Vorbild der Rente in Österreich auf Angehörige anderer Gruppen vorstellen, darunter auch Beamtinnen und Beamte.
Kritik an Heils Plänen kam unter anderem von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Die Bundesregierung ist sehr gut beraten, die Renten in Deutschland zu stärken und zugleich die Pensionen von uns Vollzugsbeamtinnen und -beamten zu erhalten“, äußerte sich der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke beim RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Was aber würde sich konkret ändern, wenn künftig auch Beamtinnen und Beamte in die Rentenkasse einzahlen?
Keine Sozialversicherungsbeiträge, aber Pension – was Beamtinnen und Beamte im Ruhestand aktuell erhalten
Damit, dass sie sich bislang nicht an der Rentenkasse beteiligen, stehen Beamtinnen und Beamte als Berufsgruppe ziemlich alleine da: Für gewöhnlich treten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nämlich monatlich 18,6 Prozent ihres Bruttolohns als Rentenversicherungsbeitrag an die Rentenkasse ab – finanziert jeweils halbseitig von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Selbstständige hingegen sind nicht pflichtversichert, können aber freiwillig Beiträge leisten und entsprechende Leistungen im Alter erhalten.
Da Beamtinnen und Beamte nicht in die Rentenversicherung einzahlen, bekommen sie im Alter auch keine Rente ausgezahlt. Stattdessen sind sie dem Staat lebenslang verpflichtet und bekommen im Ruhestand ein sogenanntes Ruhegehalt. Seine Höhe beträgt je nach Anzahl der Dienstjahre zwischen 35 und 71,75 Prozent des letzten Grundgehaltes. Um den Höchstsatz zu erhalten, müssten Beamte vorher mindestens 40 Dienstjahre als solche gearbeitet haben.
Beamtinnen und Beamte führen aber nicht nur keine Rentenkassenbeiträge ab, sondern zahlen auch insgesamt keine Sozialversicherungsbeiträge – bislang zumindest. Deshalb genießen sie ein wesentlich höheres Nettogehalt. Bei einem Jahresgehalt von 50.000 Euro machen allein die Rentenbeiträge für einen normalen Arbeitnehmer schon 4650 Euro aus.
Neues Rentenpaket: Welche Einnahmen entgehen der Rentenversicherung durch den Sonderstatus von Beamten?
Der Rentenversicherung entgehen damit natürlich auch Einnahmen. Allerdings muss sie andererseits auch keine Ausgaben für Beamtete im Ruhestand leisten. Wie hoch aber sind die potenziellen Einnahmen, die dem Staatshaushalt dadurch entgehen, dass Beamtinnen und Beamte in Deutschland keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen?
Die jüngsten Zahlen, die das Statistische Bundesamt hierzu offenlegt, stammen bereits von 2018. Damals bezifferte es die Personalausgaben von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen auf 292,451 Milliarden Euro. Hiervon bezahlt der Staat allerdings nicht nur Beamtinnen und Beamte, sondern auch normale Angestellte. Die Beamten-Quote lieg bei rund 34 Prozent. Geht man zwecks einer leichteren Berechnung davon aus, dass Beamtinnen und Beamte auch rund 34 Prozent der gesamten Personalausgaben bekommen, kämen sie damit auf insgesamt 98,2 Milliarden Euro pro Jahr. Würden darauf dann 18,6 Prozent Rentenversicherungsbeitrag fällig, wären es Berechnungen des Focus zufolge 18,3 Milliarden Euro, die der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr zusätzlich zukämen.
Diese 18,3 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen müssten dann unter den über 22 Prozent Menschen im Rentenalter aufgeteilt werden. Aber nicht nur das, denn nach der Idee von Bundesarbeitsminister Heil müssten fortan auch die Renten von Beamtinnen und Beamten aus den Einnahmen der Rentenversicherung bezahlt werden.
Was verschiedene Arten eins Rentenversicherungsumstiegs konkret bedeuten würden
Im Falle eines sofortigen Umstiegs im müsste die Rentenversicherung auch die aktuellen Ruhegehälter von Beamtinnen und Beamten übernehmen. Diese liegen bei durchschnittlich 3200 Euro, doppelt so hoch wie die durchschnittliche Rentenzahlung. Bei aktuell rund 1,4 Millionen Ruhegehaltsempfängerinnen und -empfängern wären das dem Focus zufolge Ausgaben von 53,5 Milliarden Euro pro Jahr – damit lägen sie ein Vielfaches über den möglichen Zusatzeinnahmen.
Bei einer langsamen Umstellung des Rentensystems dagegen würden neue Beamte zum Ende deutlich geringere Bezüge aus der Rentenversicherung erhalten. Da Beamte im Schnitt besser qualifiziert sind als Arbeitnehmer und höhere Gehälter beziehen, lägen auch ihre Rentenbezüge über dem Durchschnitt. Gehe man von durchschnittlichen Rente von 1600 Euro monatlich aus, lägen die Ausgaben der Rentenversicherung dem Focus zufolge bei rund 30 Milliarden Euro pro Jahr – und auch damit wieder deutlich höher, als sich durch die Einnahmen erzielen ließe.
Eine weitere finanzielle Belastung für den Staat könnte sich durch die höhere Lebenserwartung von Beamtinnen und Beamten gegenüber normal Beschäftigten ergeben. Im Schnitt leben sie nämlich rund vier Jahre länger. Das Statistische Bundesamt schätzte die dadurch entstehenden Mehrkosten auf rund 11 Prozent jährlich – also noch einmal zwischen 3,3 und 5,9 Milliarden Euro pro Jahr. Die Zusatzausgaben der Rentenversicherung lägen also je nach Art der Rentenreform bei geschätzten 33,3 bis 59,4 Milliarden Euro pro Jahr – bei Mehreinnahmen von gerade einmal 18,3 Milliarden Euro. (fh)
Rubriklistenbild: © IMAGO/Jürgen Heinrich
