Großbritannien
Dynamische Preise in Pubs: Wenn das Bier abends plötzlich teurer wird
In Großbritannien hat ein Pubbetreiber ein dynamisches Preismodell eingeführt. Die Gäste sind nicht begeistert.
London - Die Gastronomie in Großbritannien hat schwere Zeiten hinter sich - und noch schwerere vor sich. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der bekannten Pubs zurückgegangen, sogar von einem Pub-Sterben ist die Rede. Im Jahr 2022 schlossen 512 Pubs im Königreich für immer ihre Türen, fast doppelt so viele wie im Jahr 2021, als 280 Pubs aufgaben. In diesem Jahr geht es weiter, im zweiten Quartal haben 230 Pubs geschlossen.
Experten sehen die Ursachen für diese Entwicklung in den sinkenden verfügbaren Einkommen der Verbraucher sowie in den gestiegenen Energie-, Personal- und Großhandelspreisen. Vor allem die gestiegenen Preise haben den größten Pub-Betreiber zu einem ungewöhnlichen Schritt veranlasst.
Britische Kneipenkette führt dynamische Preise ein: Bier kostet zu Spitzenzeiten mehr
Einem Bericht des Daily Telegraph zufolge müssen Besucher von 800 der insgesamt 4500 Pubs der Stonegate Group für ein Glas Bier tiefer in die Tasche greifen - allerdings nur zu Spitzenzeiten. Dann kostet ein Pint 5,70 Pfund (6,55 Euro), 20 Pence mehr als zu normalen Zeiten. Ganz neu ist die dynamische Preisgestaltung bei Stonegate nicht. Laut dem Guardian wurden die Preise in der Vergangenheit bereits bei Großereignissen wie der Fußball-Weltmeisterschaft vorübergehend angehoben.
Damit hält eine Geschäftspraxis Einzug in die britische Gastronomie, die in anderen Branchen bereits gang und gäbe ist: die dynamische Preisgestaltung. Preismodelle, die auf Schwankungen von Angebot und Nachfrage reagieren, gibt es bereits im Hotelgewerbe, bei Flugtickets oder Fahrdiensten wie Uber, aber auch bei Onlinehändlern wie Amazon. Ziel ist es, den Umsatz zu steigern. Das geht nicht nur über höhere Preise. Bei geringer Nachfrage kann der Absatz auch über Preissenkungen angekurbelt werden.
Britische Kneipenkette führt dynamische Preise ein: Sonderangebote sollen versöhnen
Ein Sprecher von Stonegate sagte dem Daily Telegraph, das Unternehmen überprüfe „regelmäßig die Preisgestaltung, um die Kosten in den Griff zu bekommen, aber auch um sicherzustellen, dass wir unseren Gästen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten“. Diese Flexibilität könne dazu führen, dass die Preise in ausgewählten Kneipen und Bars gelegentlich geringfügig steigen, weil die Kosten für zusätzliches Personal oder die Erteilung von Genehmigungen, zum Beispiel für zusätzliche Türsteher, gestiegen sind.
Doch es gibt auch eine andere Seite der Strategie. „Unsere dynamische Preisgestaltung ermöglicht es uns, den Gästen an verschiedenen Tagen in der Woche zu unterschiedlichen Zeiten eine Reihe von Sonderangeboten wie Happy Hours, Zwei-für-Eins-Cocktails und Preisnachlässe auf Speisen und Getränke anzubieten“, erklärt der Firmensprecher.
Britische Kneipenkette führt dynamische Preise ein: Gäste sind nicht begeistert
Um die Gäste nicht vor den Kopf zu stoßen, werden sie nun in den Stonegate-Pubs mit einem „höflichen Hinweis“ über die Änderung informiert. Darin heißt es, dass die Preise erhöht werden müssen, um zusätzliche Personalkosten, mehr Türsteher an der Tür, zusätzliche Reinigungsarbeiten, Gläserspülen und die „Einhaltung der Lizenzanforderungen“ zu decken.
Kneipenbesucher scheinen von dem neuen Stonegate-Preismodell nicht gerade begeistert zu sein. „Wenn sie damit weitermachen, wird es kein volles Stonegate-Pub mehr geben“, schreibt Bigheadcomm auf X, ehemals Twitter. „Ich meine. Wie Sie Ihr ohnehin schon angeschlagenes Geschäft zerstören @Stonegate_Group. Sie sind Ihren Kunden gegenüber völlig unaufrichtig und zocken sie weiter ab“, schreibt Skibum999.
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