200 Euro pro Tonne
Tanken plötzlich 38 Cent teurer: Experten warnen vor „sprunghaftem“ Preisanstieg durch CO₂-Preis
Der CO₂-Preis wird in den kommenden Jahren stark ansteigen, davon sind Experten und Expertinnen überzeugt. Haushalte müssten daher rechtzeitig informiert und geschützt werden.
Berlin – Eine neue Studie lässt aufhorchen: Angesichts des Emissionshandels, in das der Gebäude- und Verkehrsbereich ab 2027 einsteigen werden, könnte Heizen und Tanken schlagartig deutlich teurer werden. Das hat eine neue Analyse der Denkfabrik Agora Energiewende ergeben, die am heutigen Donnerstag (19. Oktober) vorgestellt wurde. „Aufgrund der Klimaschutzverfehlungen im Gebäude- und Verkehrsbereich [...] birgt die Einführung des ETS II daher das Risiko sprunghafter Preisanstiege von Treibstoff- und Heizkosten“, so die Denkfabrik in einer Mitteilung.
CO₂-Preis könnte auf 200 Euro pro Tonne CO₂ steigen
Ab 2027 geht der bislang national organisierte Emissionshandel in ein europäisches System (ETS II) über. Der CO₂-Preis wird dann nicht mehr behördlich festgelegt, sondern richtet sich maßgeblich nach der Nachfrage nach fossilen Energieträgern, wie die Agora-Experten ausführen. „Je höher diese Nachfrage bis zur Einführung noch ist, desto höher fallen auch die Preise im ETS II aus.“
Nach bisherigen Projektionen der Bundesregierung verfehlen in Deutschland Gebäude- und Verkehrsbereich ihre Einsparziele bis 2030 um 200 Millionen Tonnen CO₂. Maßgeblich deswegen könnte der CO₂-Preis laut Agora auf 200 Euro je Tonne springen - Benzin würde sich so zum Jahreswechsel 2026/2027 um 38 Cent pro Liter verteuern. Erdgas würde drei Cent pro Kilowattstunde teurer. Das habe die Studie der Agora nun ergeben.
Die Bundesregierung hatte eigentlich das sogenannte Klimageld - eine direkte Auszahlung an die Bürger - als finanziellen Ausgleich für die Belastung des Emissionshandels vereinbart. Die Einführung verzögert sich jedoch. Das kritisiert die Denkfabrik und schlägt vor, stattdessen die Stromsteuer abzusenken: von aktuell 2,05 auf 0,1 Cent pro kWh.
Agora: Klimaschutz muss schneller vorankommen
Zugleich fordert Agora Energiewende auch, dass Verbraucher und Verbraucherinnen mehr auf den höheren CO₂-Preis vorbereitet werden. „Um das Risiko sprunghaft höherer Preise abzumildern, soll die moderate Erhöhung der national geltenden CO₂-Preise früher beginnen und gleichzeitig ein Rückverteilungsmechanismus in Kraft treten. Zunächst bedeutet das eine Anhebung des CO₂-Festpreises auf 60 Euro ab 2024 – was beim derzeitigen Benzinpreis von 1,90 Euro pro Liter einem Anstieg von etwa 4 Prozent beziehungsweise 8,5 Cent entspricht.“ Damit stünde auch mehr Geld für den Klima- und Transformationssfond zur Verfügung, aus dem das Klimageld zur Entlastung gezahlt werden sollte.
Zudem müsse es Verbraucherinnen und Verbrauchern einfacher gemacht werden, auf klimafreundlichere Alternativen im Gebäude- und Verkehrsbereich umzusteigen. Dabei betont die Denkfabrik vor allem den Ausbau des ÖPNV und die Förderungen für Sanierungen und Modernisierungen von Gebäuden. Je größer die Klimaschutzanstrengungen jetzt ausfallen, desto weniger fällt die Nachfrage im ETS II aus – wodurch die Preise niedrig gehalten werden können.
Mit Material von AFP
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