Atom-U-Boote als Lösung
Nuklear-U-Boote als Rettungsanker: Putins Glanzprojekt im Eis eingeschlossen
Putin trifft auf Probleme bei seinem bedeutsamsten LNG-Unterfangen. Es gibt zwar Lösungsideen - doch diese könnten zu ehrgeizig sein, wenn sie nicht sogar ein „Bluff“ darstellen.
Moskau – Wladimir Putin hat einige Herzensprojekte – eines davon trägt den Namen „Arctic LNG 2.“ Es gilt als wichtiges Flüssigerdgas-Vorhaben für Russlands Wirtschaft. Doch das Projekt kommt nicht so voran, wie Kremlchef Putin es sich wünschen würde. Das liegt unter anderem daran, dass Putin aufgrund von westlichen Sanktionen Frachter fehlen, die russisches LNG von einer Anlage in der Arktis nach Asien transportieren. Offenbar hat er aber eine Lösung gefunden.
LNG-Projekt ist für Russlands Wirtschaft wichtig – Putin setzt nun auf Atom-U-Boote
Eigentlich wollte Russland groß ins LNG-Geschäft einsteigen. Putin hatte gehofft, im ersten Quartal des Jahres 2024 mit LNG-Lieferungen beginnen zu können. Bereits im April hieß es aus Moskau, dass es Russland an Spezialtankern fehle, die nicht nur das LNG transportieren, sondern das dicke Meereis durchbrechen können.
Russland hat laut Reuters nun damit begonnen, atomgetriebene U-Boote für den Export von verflüssigtem Erdgas (LNG) aus der Arktis nach Asien zu bauen, um die LNG-Transportzeit über die Nördliche Seeroute (NSR, englisch: Northern Sea Route) nahezu zu halbieren, so ein hoher Staatsbeamter. Die NSR verläuft entlang der arktischen Küste Russlands von Murmansk im Westen bis zur Beringstraße im Osten, eine Route, die Moskau als schnellere Alternative zum Suezkanal ansieht.
Rettung von Russlands Wirtschaft: Putin hofft auf nukleare U-Boote als LNG-Transporter
Michail Kowaltschuk, ein enger Mitarbeiter von Putin und Direktor des Kurtschatow-Instituts, Russlands führender Kernforschungseinrichtung, hat laut Berichten das U-Boot-Projekt letzte Woche auf einer Industriekonferenz in St. Petersburg vorgestellt. Geplant ist offenbar die Schaffung einer grundlegend neuen Schiffsklasse. Diese sei „eine Alternative zu den Gastankern, die unter arktischen Bedingungen nicht das ganze Jahr über ohne Eisbrecherbegleitung fahren können“, heißt es auf der Website der Offshore Marintec Russia 2024.
Russland setzt laut Reuters bereits nuklear getriebene U-Boote lediglich als Eisbrecher ein. Die neuen geplanten U-Boote, die auch LNG transportieren sollen, wären 360 Meter lang und nicht mehr als 70 Meter breit. Der Nachrichtenagentur RBC zufolge will Putin mithilfe der Atom-U-Boote die Zeit für die Befahrung der NSR von 20 auf 12 Tage verkürzen. Die U-Boote sollen etwa 180.000 Tonnen LNG transportieren können.
Einige Experten sind jedoch skeptisch. Alexander Nikitin, ein ehemaliger russischer Marineoffizier und Nuklearexperte, erklärte, Russland verfüge nicht über die Kapazitäten zum Bau eines solchen U-Boots. Außerdem würden zusätzliche Wartungsschiffe und Docks sowie speziell ausgebildete Besatzungen benötigt, sagte er zu Reuters und bezeichnete Putins Atom-Projekt als „Bluff.“
Alternativen für LNG-Geschäfte: Putin erwägt offenbar auch Schattentanker
Zuvor gab es Berichte, dass Putin beim besagten LNG-Projekt auf sogenannte Schattentanker setzt. Satellitenbilder zeigen offenbar Vorgänge, wie ein mit Sanktionen belegter LNG-Tanker eine Ladung mit russischem LNG auf ein Käufer-Schiff im Mittelmeer umladen will. Es handelt sich dabei wohl um den Tanker „Pioneer“.
Jüngst hatten die USA Beschränkungen gegen sieben mit Russland verbundene LNG-Tanker verhängt, darunter auch der genannte Tanker „Pioneer“. Sie schalten häufig ihre Transponder aus, damit sie über das automatische Identifikationssystem (AIS) nicht mehr geortet werden können. Sollte die Umladung wirklich so erfolgen, wäre dies eine heikle Mission für Putins Geisterflotten. Denn die Umladung von LNG auf hoher See außerhalb von Hafenanlagen gilt laut dem maritimen Nachrichtendienst gCaptain als große Herausforderung. Möglicherweise versucht es Putin deshalb jetzt mit Atom-U-Booten. (bohy)
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