Keine Erhöhung zu Neujahr
Neue Steuer ab 2024: Nicht alle Restaurants erhöhen im Januar die Preise
Ab 1. Januar 2024 steigt die Mehrwertsteuer auf Speisen und Getränke. Die meisten Restaurants wollen ihre Preise dann erhöhen - aber nicht schon ab Neujahr.
Berlin - Kein Geld mehr im Bundeshaushalt, um Steuerermäßigungen zu gewährleisten. So laufen die krisenbedingten Absenkungen der Mehrwertsteuer für Speisen und Getränke - aber auch für Gas - zum 1. Januar 2024 aus. In der Gastronomie geht die Sorge um, dass durch die neuerlichen Preiserhöhungen die Kunden fortbleiben, die Angst um eine Pleitewelle greift um sich. Ab 2024 steigt der Steuersatz von 7 auf 19 Prozent. Viele werden die Preise dementsprechend erhöhen müssen. Noch halten sich viele Gastronomen und Restaurantketten bedeckt mit Ansagen. Der Branchenverband aber, der sich vehement für eine erneute Verlängerung der in der Corona-Krise befristet eingeführten Steuervergünstigung einsetzte, lässt keinen Zweifel: Die Preise für Restaurantessen werden anziehen.
Blockhouse und L‘Osteria wollen Preise noch nicht erhöhen
„Wenn die Steuer von 7 auf 19 Prozent steigt, werden wir die Preise erhöhen müssen“, sagt die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges. „Es gibt für die meisten Betriebe keinen Spielraum. Kaum einer kann es sich leisten, Geld draufzulegen.“ Bei einer Umfrage ihres Verbandes Anfang Dezember gaben 89 Prozent der Befragten an, die Preise anheben zu wollen. Ob und in welchem Umfang die Steuererhöhung, die rein rechnerisch gut 11,2 Prozent ausmacht, auf die Preise durchschlägt, entscheide am Ende aber jeder Wirt selbst, erklärt auch Hartges.
Die Steakhousekette Blockhouse kündigte an, die Preise nicht sofort, sondern erst am 13. Januar zu erhöhen, und dann auch nur um sieben Prozentpunkte. „Wir geben die Erhöhung nur anteilig weiter“, sagte eine Sprecherin. Die Pizza-Kette L‘Osteria will die Preise im Februar erhöhen und dann regional nach Kaufkraft staffeln. Nicht überall steigen daher die Preise, so eine Sprecherin: „In den preissensibleren Regionen haben wir uns entschieden, je nach Gericht nur minimale oder gar keine Preiserhöhung vorzunehmen.“ Alle anderen von der Deutschen Presse-Agentur Mitte Dezember angefragten Ketten machten noch keine konkreten Angaben.
Doch eine Ausnahme gibt es noch für alle Betriebe: In der Silvesternacht wird der Steuersatz noch nicht erhöht. Heißt also: Wer nach Mitternacht noch was zu Essen bestellt, kann mit der reduzierten Umsatzsteuer rechnen. Zuvor hatten sich einige Betriebe besorgt gezeigt, dass sie quasi von einer Stunde auf die nächste den Steuersatz anheben müssten. Das bestätigte das Finanzministerium am 21. Dezember.
Bei den Gästen kommt die Erhöhung der Preise schlecht an. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur lehnten 69 Prozent der Befragten die Steuererhöhung ab. Als Konsequenz wollen viele künftig seltener ins Restaurant gehen oder dort weniger ausgeben. 44 Prozent der Befragten gaben an, ihr Verhalten mit Blick auf Restaurantbesuche ändern zu wollen. Gut zwei Drittel davon wollen seltener essen gehen, ein Viertel sogar ganz auf Restaurantbesuche verzichten.
Ökonomen befürworten Steuererhöhung in der Gastronomie
Während der Bundesverband der Systemgastronomie von einem „Worst-Case-Szenario“ spricht, das nun eingetreten sei, loben Ökonomen die Rückkehr zum alten Steuersatz. Nach dem Ende der Pandemie gebe es keinen Grund mehr, die Branche zu bevorzugen, sagt Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle. „Es ist nicht Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass mehr Menschen ins Restaurant gehen.“ Friedrich Heinemann vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim sieht die Vergünstigung auch sozialpolitisch als Problem. Denn von der Steuerermäßigung profitierten vor allem Besserverdienende, sagt er. „Wohlhabende gehen häufiger essen und profitieren daher überproportional. Das ist sozialpolitisch kontraproduktiv.“
Anders als der Branchenverband glaubt Heinemann nicht, dass die Steuer nun voll durchschlägt. Schließlich seien die Preise in der Gastronomie in den vergangenen Jahren bereits kräftig gestiegen und viele Kostentreiber inzwischen wieder weggefallen. Das, so glaubt der Ökonom, sollte der Branche wieder etwas Luft geben, die Steuererhöhung zumindest „ein Stück weit“ aufzufangen. „Deshalb erwarte ich jetzt keinen vollen Preissprung.“
Preise für Lebensmittel wegen der Inflation besonders gestiegen
Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind die Preise für Gaststättendienstleistungen von Januar 2021 bis Oktober 2023 um 20,3 Prozent gestiegen, trotz der zwischenzeitlichen Mehrwertsteuersenkung. Allerdings, so entgegnet Hartges vom Dehoga, hätten sich Lebensmittel im selben Zeitraum um 29,3 Prozent verteuert. Hartges verweist damit auf einen von mehreren großen Kostenfaktoren der Branche.
„Dank der sieben Prozent Mehrwertsteuer waren wir bisher nicht gezwungen, alle Mehrkosten eins zu eins an den Gast weiterzugeben.“ Das werde sich nun ändern. Weniger Gäste, weniger Umsatz und Betriebsaufgaben seien programmiert. Der Verband fürchtet, dass 12.000 Betriebe aufgeben werden.
Mit Material von dpa
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