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Es geht um 35 Milliarden Euro Steuergelder

„Müssen Milliarden zurückholen“ – Forderung nach Korrektur des Bürokratieabbaugesetzes

Der Bundesrat hat ein Gesetz, das die Dauer der Dokumentenaufbewahrung verkürzt, verabschiedet. Kritiker warnen: Das Gesetz begünstigt steuerlichen Betrug in Milliardenhöhe.

Berlin – Noch lange nicht laufen gegen alle Cum-ex- und Cum-Cum-Fälle, bei denen Banken und Investoren den deutschen Staat insgesamt um Milliarden Euro prellten, und in die unter anderem Olaf Scholz verwickelt war, Ermittlungen. Doch ein am vergangenen Freitag (18. Oktober) verabschiedetes „viertes Bürokratieabbau-Gesetz“ zur verkürzten Aufbewahrungsfrist von Dokumenten könnte die Aufklärung vieler Fälle unmöglich machen, warnt die „Bürgerbewegung Finanzwende“. Sie fordert die Politik auf, das Gesetz umgehend zu korrigieren, um die gestohlenen Steuergelder zurückholen zu können – es geht um nicht weniger als 35 Milliarden Euro.

Im Prozess um Milliarden-Steuerhinterziehung bei Cum-Ex-Deals fungierten diese Akten im Prozess als Beweismittel. Ein neues Gesetz soll das Vernichten von solchen Dokumenten schneller möglich machen.

„Gesetz gefährdet Aufklärung von Milliardenbetrug“: Finanzwende warnt vor Vernichtung von Beweismitteln

Das umstrittene, dennoch vergangene Woche vom Bundesrat verabschiedete „Bürokratieentlastungs“-Gesetz IV sieht vor, die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege und Rechnungen von zehn auf acht Jahre zu verkürzen. Die „Finanzwende“ – zu deren Geschäftsführung unter anderem die Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker gehört – sieht das als gefährlichen Schritt: „Die Hochphase der illegalen Cum-Cum-Aktiendeals lief bis mindestens 2016“, erklärt Konrad Duffy, Finanzkriminalität-Experte von „Finanzwende“ im Gespräch mit fr.de.

Die strafrechtlichen Ermittlungen im Cum-Ex-Skandal starteten zwar bereits 2013. Cum-Cum wurde 2015 höchstrichterlich für illegal erklärt, „dennoch wurde gerade mal erst ein Prozent der entgangenen Steuergeld-Milliarden zurückgeholt – nämlich 200 Millionen von einem geschätzten Schaden in Höhe von 28,5 Milliarden“ berichtet Duffy, „werden nun die Beweise legal geschreddert, wird es auch kaum höhere Steuerrückforderungen geben“.

Belege zu den Betrugsgeschäften, die nun durch die verkürzte Aufbewahrungsfrist legal vernichtet werden können, seien zentrale Beweismittel bei schweren Steuerdelikten wie den Cum-ex- und Cum-Cum-Aktiendeals, so Duffy. „Diese Deals, die den deutschen Staat um Milliarden Euro geprellt haben, können ohne die nötigen Beweismittel niemals aufgeklärt werden.“ Der Schaden aus Cum-Cum-Geschäften wird auf 28,5 Mrd. Euro geschätzt. Der Schaden aus Cum-Ex auf mindestens 7 Mrd. Euro.

Der Bundesrat tritt Steuerhinterziehung entschieden entgegen. Er kann daher keine Regelung unterstützen, die de facto den Festsetzungszeitraum für hinterzogene Steuern verkürzt.

Bundesrat, Empfehlung der Ausschüsse vom 15.04.24

Finanzminister und Ausschüsse gegen das Gesetz: „Verkürzung der Aufbewahrungsfristen ist abzulehnen“

Laut Duffy hätten sich die Landesfinanzminister fast geschlossen gegen die geplante Verkürzung der Aufbewahrungsfristen ausgesprochen, die Problematik sei allen bewusst. Tatsächlich ist bereits in einer im April veröffentlichten Empfehlung der Ausschüsse nachzulesen: „Der Bundesrat tritt Steuerhinterziehung entschieden entgegen. Er kann daher keine Regelung unterstützen, die de facto den Festsetzungszeitraum für hinterzogene Steuern verkürzt.“

Gerade jetzt, wo riesige Haushaltslücken klaffen, müssen die geraubten Steuermilliarden aus Cum Cum-Geschäften in das Bildungssystem, den Klimaschutz und den bezahlbaren Wohnraum fließen können.

Konrad Duffy, Finanzwende.

„Überdies wird die mit dem Gesetzesvorhaben bezweckte Bürokratieentlastung durch die vorgesehene Verkürzung der Aufbewahrungsfristen nicht erreicht“, heißt es in dem Papier. Schon aus Sicht der Steuergerechtigkeit sei die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen abzulehnen: „Die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist steht in diesem Zusammenhang in einem Widerspruch zur Verjährungsfrist in Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung, die im Jahr 2020 auf 15 Jahre verlängert wurde“.

„Müssen Milliarden zurückholen“: Initiative fordert Gesetzes-Korrektur

Für die „Finanzwende“ ist klar: „Das Gesetz hätte so nie verabschieden werden dürfen – denn es entlastet nicht die Unternehmen, sondern vor allem Steuerhinterzieher“, sagt der Finanzkriminalitäts-Experte. Nun sei die Politik gefordert, das Gesetz zu korrigieren. Es gehöre ein Passus hinein, der Finanzinstitute von der Regelung ausnehme.

Für solche Korrekturen nach bereits erfolgter Verabschiedung von Gesetzen gebe es Präzedenzfälle: „Gerade jetzt, wo riesige Haushaltslücken klaffen, muss sichergestellt werden, dass die geraubten Steuermilliarden aus Cum Cum-Geschäften in das Bildungssystem, den Klimaschutz und den bezahlbaren Wohnraum fließen können – und nicht in die Taschen von Banken“, fordert Duffy.

Rubriklistenbild: © Andreas Arnold/dpa

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