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Vorwürfe aus der Opposition

Lindner in der Klemme – Durch China-Betrug scheinen Milliarden an Steuern verloren zu gehen

Lindner scheint nicht genug zu tun, um Steuertricks von chinesischen Onlinehändlern wie Temu und Shein zu stoppen. Die Opposition verstärkt den Druck.

Update vom 18. August 2024: Inzwischen hat sich das Bundesfinanzministerium gegenüber IPPEN.MEDIA geäußert – und grundsätzlich Robert Habeck und sein Ministerium mit in die Verantwortung genommen. „Das Bundesministerium der Finanzen setzt sich stetig für faire Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen in der EU ein, jedoch ist für die Europäische Wirtschaftspolitik in der Bundesregierung das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz federführend zuständig“, heißt es.

Die Bekämpfung betrügerischer Aktivitäten im grenzüberschreitenden Handel habe jedoch sowohl für das Bundesministerium der Finanzen als auch beim Zoll hohe Priorität. „Die deutsche Zollverwaltung begegnet den Gegebenheiten im Online-Handel mit einem flexiblen Personaleinsatz und hat seit mehreren Jahren ein IT-Verfahren speziell für die Abfertigung geringwertiger Sendungen im Einsatz.“

Finanzministerium unter Lindner verweist bei China-Zöllen auf neue Regelung

Seit Inkrafttreten des Mehrwertsteuer-Digitalpakets im Juli 2021 müsse für jede Sendung – unabhängig vom Wert – eine Zollanmeldung abgegeben werden, die der Zollverwaltung als Grundlage für die elektronische Risikoanalyse und damit gezieltere Kontrollen dient. Die Datenbasis für eine Studie, nach welcher bei rund 65 Prozent der Pakete der Wert zu niedrig abgegeben sein könnte, stamme aus der Zeit vor diesen Regelungen. „Zu berücksichtigen ist ferner, dass die betreffenden Waren tatsächlich zu äußerst niedrigen Preisen verkauft werden und somit die Belastung mit Abgaben gering ist.“
 
Zutreffend sei, dass der weit überwiegende Anteil der Produkte von chinesischen Verkäufern in anderen Mitgliedstaaten der EU zur Einfuhr abgefertigt wird und anschließend an die Empfänger in Deutschland weitergeleitet wird. Die Ware unterliege dann nicht mehr der zollamtlichen Überwachung in Deutschland. „Daher verspricht nur ein gesamteuropäischer Ansatz Aussicht auf Erfolg. Die Bundesregierung wird sich daher weiter aktiv mit den anderen EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und den betroffenen Verbänden austauschen.“

Erstmeldung vom 15. August 2024: Berlin – Vorwürfe gegen Christian Lindner (FDP): Das Bundesfinanzministerium unternimmt offenbar zu wenig gegen den millionenfachen Zoll- und Steuerbetrug bei Sendungen aus China. Das geht aus mehreren Schreiben an den früheren Finanzstaatssekretär Michael Meister (CDU) hervor, die der WirtschaftsWoche vorliegen. Die Mehrheit der chinesischen Importe werden mit einem viel zu niedrigen Warenwert angegeben. Das könnte schwere Folgen haben.

Kritik an Lindner: Schaden durch chinesische Steuerstricks wohl im Milliardenbereich

Lindner habe sich viele Milliarden Steuern von Temu und Co. entgehen lassen, so Vorwürfe aus der Opposition.

Im Jahr 2023 lagen laut Meister mehr als 2,3 Milliarden der importierten Artikel aus China unter der Zollfreigrenze von 150 Euro. In diesem Jahr könnte die Zahl sogar ansteigen. Wenn bis zu 65 Prozent der Importe mit einem zu geringen Wert deklariert wurden, könnte sich der Schaden auf einen „zweistelligen Milliardenbetrag“ belaufen durch nicht gezahlte Zölle und Einfuhrumsatzsteuern, sagte Meister zur Wirtschaftswoche.

Grundsätzlich gilt: Liegt der Warenwert über 150 EUR, dann muss man zusätzlich für Waren aus China Zollgebühren bezahlen, welche auf Basis von Warenwert und Versandkosten berechnet werden. Für Päckchen unter einem Warenwert von 150 Euro fallen zwar keine Zollgebühren an, allerdings muss die sogenannte Einfuhrumsatzsteuer bezahlt werden. CDU-Bundestagsabgeordnete Meister drängt zum raschen Handeln. Die Bundesregierung müsse „mit allen Mitteln zügig und gezielt gegen mutmaßliche Steuertricksereien chinesischer Onlinehändler vorgehen.“

Chinesische Onlinehändler tricksen europäischen Zoll aus – „lädt zum Betrug ein“

SWR-Recherchen zeigten bereit im Februar, dass chinesische Online-Portale durch Steuertricks einen Großteil ihrer Produkte zollfrei nach Europa versenden. Ein Trick ist, die Bestellungen auf zwei Päckchen aufzuteilen. „Zählt man den Wert der Sendungen zusammen, überschreitet man die 150-Euro-Grenze“, sagt Zollbeamtin Murielle Mathieu zum SWR. „Das hat man absichtlich gemacht, um die Zollgebühren zu umgehen. Das ist Betrug.“

Chinesischen Plattformen würden laut SWR-Recherchen zudem das sogenannte IOSS-Verfahren (“Import-One-Stop-Shop“) nutzen. Es handelt sich dabei um, eine Sonderregelung auf dem Gebiet der Umsatzsteuer. Temu, dessen Mutter PDD Holdings inzwischen in Irland sitzt, ist beispielsweise in dem Land registriert. Dort muss Temu die anfallenden Umsatzsteuern anmelden und an die irische Steuerbehörde bezahlen. Irland verteilt die Umsatzsteuer dann an die EU-Staaten weiter – auch nach Deutschland, wenn deutsche Kunden etwas bei Shein oder Temu bestellt haben.

Doch bei dem Verfahren fehlt offenbar Transparenz. „Es lädt zum Betrug ein“, sagt Florian Köbler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft dem SWR. Dem deutschen Staat würden wegen mangelnder Vernetzung der EU-Staaten dreistellige Millionenbeträge entgehen.

Kampf gegen China-Päckchen: Reform des EU-Zollrechts zieht sich

Beim Flughafenzoll in Lüttich kontrollieren knapp 200 Zollbeamte die Paketflut aus Fernost. „Wir werden mit Waren geflutet“, sagt Teamleiter Thomas José zum SWR. „Wir wissen, dass die Versender bei den Wertangaben betrügen. Wir können aber nicht alles kontrollieren.“ Angesichts der massiv anschwellenden Warenflut via Temu oder Shein steht auch eine Reform des EU-Zollrechts zur Debatte. Die EU-Kommission plant die Reform für 2028, manche Teile sollen erst bis 2036 umgesetzt werden.

Finanzstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) gibt laut Wirtschaftswoche auf Anfrage von Meister zu bedenken, dass es sich bei der Zollreform um ein umfassendes und komplexes Regelungspaket handle. Wegen des Aufwandes für Unternehmen und Verwaltung seien die „bisher vorgesehenen Übergangsfristen bereits jetzt teilweise sehr knapp bemessen und möglicherweise nicht ausreichend“, schreibt Hessel an Meister.

Temu und Shein wachsen: Wettbewerb beim Onlinehandel nimmt zu

Die neue Marktmacht von Temu und Shein setzt auch deutsche Unternehmen zunehmend unter Druck. 91 Prozent der Verbraucher kennen inzwischen Marktplätze mit asiatischen Waren wie Temu, Shein und Wish, wie eine Umfrage des IFH belegt. 43 Prozent nutzen sie. Die Werte liegen jeweils mehr als zehn Prozentpunkte höher als vor einem Jahr. Vor allem Temu, dessen Mutter PDD Holdings inzwischen in Irland sitzt, ist stark gewachsen. Im Februar verzeichnete temu.com in Deutschland rund 29 Millionen Besuche und lag hinter Otto auf Platz drei. (bohy)

Rubriklistenbild: © Hannes P Albert/dpa

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