Erneuerbare Energien
Preisexplosion bedroht Windenergie – Experte klagt Gemeinden an: „Da ist die Gier ausgebrochen“
Die Kosten für den Ausbau Erneuerbarer Energien schnellen massiv in die Höhe. Das betrifft vor allem Windkraftanlagen. Unternehmen sind besorgt angesichts der Preisexplosionen.
Oberkirch – Um die Klimaziele zu erreichen, investiert Deutschland zunehmend in den Ausbau Erneuerbarer Energien. So will Koehler Renewable Energy, Tochterunternehmen von Koehler Paper, die Produktion von Windenergie massiv vorantreiben. Geplant sind der Bau von Anlagen in der Nähe von Gießen und Kassel, ebenso im Umfeld der Koehler-Werke in Baden-Württemberg und Thüringen. Doch die hohen Kosten könnten dem Projekt einen Strich durch die Rechnung machen.
Preisexplosion bei Windrädern: 460.000 Euro Jahrespacht pro Windrad
Im Vergleich zu früher würden Staatsforst und Gemeinden ein Vielfaches der Pachtpreise für Grundstücke fordern, auf der eine Windkraftanlage steht. Bisher wurden in der Regel zwischen 50.000 und 150.000 Euro pro Jahr gefordert. Aktuell geht es laut der Wirtschaftswoche um 460.000 Euro Jahrespacht pro Windrad bei 20 bis 25 Jahren Laufzeit im hessischen Hochtaunuskreis. „Da ist die Gier ausgebrochen“, sagte Koehler-Nachhaltigkeits-Manager Jens Kriete gegenüber der Zeitschrift.
Koehler beobachtet die Preis-Eskalation mit Sorge. „In der Konsequenz kommen aktuell hauptsächlich große internationale Energieversorger zum Zug“, so Koehler.
Wegen hohem Pachtpreis: Nachhaltigkeits-Manager ruft zum Umdenken auf
Hinzu kämen die steigenden Anlagenpreise, die Baukosten, die Lieferzeiten von Elektrokomponenten und die Finanzierungskosten. In Kombination mit der extremen Steigerung der Pachtpreise werde der Strompreis, der am Ende genommen werden muss, „zunehmend unattraktiv für Selbstversorger wie beispielsweise Industrieunternehmen“.
Der Anreiz für eine Eigenversorgung sei nicht mehr gegeben. Nachhaltigkeitsmanager Kriete appelliert an die kommunalen Entscheider und Forstbetriebe, umzudenken: „Öffentliche Grundbesitzer sollten ein Interesse haben, die lokale Industrie und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu sichern.“ Verfehlt Deutschland nun doch die Ausbauziele bei Windkraft?
Wie relevant ist Windkraft für das Energiegesetz?
Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Nach der Vollendung des Kohleausstiegs soll die Stromversorgung in Deutschland dann treibhausgasneutral sein. So sieht es das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz – kurz EEG 2023 – vor. Nach dem aktuellen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sollen bis Ende 2030 in Deutschland 115 Gigawatt (GW) Windenergie an Land installiert sein.
Trotz hoher Pachtpreise: Deutsches Unternehmen ist bereit zu zahlen
Es gibt jedoch auch Unternehmen, die bereit sind, den hohen Pachtpreis zu zahlen. Dazu zählt der Windkraftentwickler Abo Wind aus Wiesbaden. Bereits im Frühjahr hatte Abo Wind mit dem Landesbetrieb Hessen-Forst eine Einigung erzielt. Verhandlungen mit weiteren Gemeinden laufen. Zwölf Stück sind laut der Welt insgesamt in dem Windpark geplant, sodass eine Pachtsumme von 5,4 Millionen Euro zusammenkäme.
Allerdings räumte das Unternehmen ein: „Es ist generell so, dass das Pachtniveau immer weiter steigt“, sagt Alexander Koffka, Mitglied der Geschäftsführung von Abo Wind auf Nachfrage der Welt. Im Falle des geplanten Windparks Winterstein spreche man „über eine Höhe, die schon schwierig ist“.
Energiewende zu teuer – immer mehr Hersteller ziehen Notbremse
In den vergangenen Monaten zog auch die Preisspirale bei Offshore-Windprojekten, also dem Ausbau von Windkraft auf See, kräftig an. Immer mehr Hersteller zogen daher die Notbremse, wodurch die Energiewende weltweit ins Straucheln gerät. Gerade in Europa sorgen die Kosten derzeit vielerorts für Probleme. So vermeldete laut Windmesse Polenergia, Polens größtes privates Energieerzeugungsunternehmen, letzte Woche seinen Ausstieg aus der geplanten Versteigerung von Offshore-Windflächen in der Ostsee vor Litauen.
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