Energiewende bis 2030
Habecks Strom-Pläne in Gefahr: Ist Bayern schuld?
Bis 2030 soll der deutsche Strombedarf nach Plänen von Wirtschaftsminister Habeck zu 80 Prozent mit Ökostrom gedeckt werden. Das wäre eine Verdopplung der aktuellen Stromproduktion – und kaum mehr zu schaffen.
Berlin – Schaffen wir die Energiewende in den nächsten sieben Jahren? Das ist aktuell eine der zentralen Fragen, die sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wohl gerade stellt. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition steht geschrieben: „Wir richten unser Erneuerbaren-Ziel auf einen höheren Bruttostrombedarf von 680 bis 750 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2030 aus. Davon sollen 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammen.“ Das war schon damals, vor dem Angriffskrieg Russlands, ein sportliches Ziel. Angesichts der neuen politischen Realitäten ist die Frage nach der Herkunft unseres Stroms immer drängender geworden.
Strom aus Erneuerbaren Energien: 2022 waren 46 Prozent aus Ökostrom
Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurde 2022 insgesamt 46 Prozent des deutschen Stroms aus erneuerbaren Energien produziert. Der Großteil davon (fast 25 Prozent) entfiel auf die Windkraft, knapp 11 Prozent kamen aus Solaranlagen. Insgesamt lag der Stromverbrauch bei 483,9 TWh. Das ist weniger als 2020 und 2021. Allerdings erwartet niemand, dass der deutsche Strombedarf weiter sinkt, im Gegenteil: in den kommenden Jahren wird der Strombedarf durch die steigende Rolle von Elektrizität für den Klimaschutz ansteigen.
Das bedeutet aber, dass noch immer mehr als die Hälfte unseres Strombedarfs von konventionellen Energieträgern gedeckt wird. Bis 2030 will die Bundesregierung es geschafft haben, das Blatt zu wenden. Wenn wir aber von einem steigenden Stromverbrauch ausgehen (bis zu einer Verdopplung ist hier denkbar) dann rückt das Ziel von 80 Prozent erneuerbaren Energien bis 2030 in immer weitere Ferne.
80 Prozent Erneuerbare Energien bis 2030: Wie soll das gehen?
Gegenüber der Bild drückt der CDU-Politiker Mark Helfrich seine Zweifel so aus: „Es hat über 20 Jahre gebraucht, um auf die 44 Prozent [Zahlen aus 2021, Anm. d. Red.] erneuerbare Energien zu kommen.“ Daher sei der Ampel-Plan ein „reines Luftschloss“.
Wirtschaftsminister Habeck hat das Problem ebenfalls erkannt. Um die Ziele zu erreichen, müsste sich das Tempo beim Bau von Wind- und Solaranlagen verdreifachen. Der deutsche Ökonom Jens Südekum bringt es in der Bild auf den Punkt: „Dafür müssen jeden Tag 5 bis 6 Windräder errichtet werden – dreimal so viele wie 2022!“ Ende letzten Jahres gab es an Land laut Wirtschaftsministerium 29.000 Windkraftanlagen, mit einer installierten Leistung von rund 58 Gigawatt (GW). Bis 2030 müssen es mindestens 115 GW sein.
Derweil warnt Elon Musk vor einem Stromkollaps, aufgrund von „hungriger“ KI und Elektroautos.
Bau der Windkraftanlagen stockt: Wer ist schuld?
Als Grund für das Schneckentempo beim Windkraftausbau sieht die CDU die langwierigen Genehmigungsprozesse. Die Bundesregierung aber sieht einen anderen Schuldigen: Die Bundesländer, die nicht mitziehen. Während 2022 in Niedersachsen 350 Megawatt aus Windkraft hinzukamen, waren es in Bayern im gleichen Zeitraum nur 25 Megawatt.
Mit einem neuen „Wind-an-Land-Gesetz“, das seit 1. Februar 2023 in Kraft ist, will die Regierung die Bundesländer zur Einhaltung der Ziele verpflichten. Wer zu wenig Windkraftanlagen installiert und seine Flächenziele damit nicht erreicht, wird die Folgen spüren. „Erreichen sie ihr Flächenziel nicht, treten die landesspezifischen Abstandsregeln außer Kraft,“ so das Wirtschaftsministerium. Im Gegenzug sollen die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.
Egal wie die Bestrebungen nach mehr Erneuerbaren Energien weitergehen: Wird das Ziel bis 2030 verfehlt, bleibt Deutschland vom Gas abhängig. Putin wird sich freuen.