Fed senkt Leitzins
Ist es möglich, dass die USA eine Rezession vor der US-Wahl verhindert?
Die Federal Reserve hat den Leitzins um 0,5 Prozent reduziert, ein Schritt, der seit vier Jahren nicht mehr unternommen wurde. Diese Maßnahme könnte der stagnierenden US-Wirtschaft Auftrieb geben. Aber wird es ausreichen, um eine Rezession zu vermeiden?
Washington – Erst vergangene Woche hat die Europäische Zentralbank den Leitzins um 0,25 Prozent gesenkt, und nun zieht die US-Notenbank Fed nach. Unter der Leitung von Jerome Powell beschloss die Federal Reserve am Mittwoch das erste Mal seit vier Jahren, den Leitzins um 0,5 Prozent auf 4,75 bis 5 Prozent zu senken. Dies weckt Hoffnungen für die ins Stocken geratene US-Wirtschaft, die bereits Besorgnis hinsichtlich einer möglichen Rezession ausgelöst hat. Doch die Frage bleibt, ob der Notenbank das Abwenden einer Rezession gelingt. Angesichts hoher Inflationszahlen und der Arbeitslosigkeit ist eine Punktlandung nötig, die historisch bisher kaum gelang. Und auch die US-Wahlen können davon abhängen.
Hoffnung für die stagnierende US-Wirtschaft? US-Börsenindex fällt nach Fed-Ankündigung ins Minus
Ein Hoffnungsschimmer für die weltweite Wirtschaft: Nach vier Jahren ohne Zinssenkung hat die Fed den Leitzins um 0,5 Prozent gesenkt. Seit Mai 2023 befand sich der Leitzins auf einem Rekordhoch von 5,25 bis 5,5 Prozent, während er im März 2022 noch fast bei null lag. Viele Ökonomen sehen in den drastischen Zinserhöhungen der Notenbank einen Hauptgrund für die stagnierende Wirtschaft, die nun vor einer möglichen Rezession steht.
Die hohen Leitzinsen waren eine Reaktion auf die stark gestiegenen Inflationsraten, die infolge der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Lieferkettenengpässe entstanden, da die Nachfrage das Angebot überstieg. Zusätzlich belasteten die stark gestiegenen Energiepreise, die durch den russischen Überfall auf die Ukraine ausgelöst wurden, die Wirtschaft. In den USA erreichte die Inflation zeitweise 10 Prozent. Im August 2024 lag die Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahr bei 2,5 Prozent.
Trotz der bestätigten Erwartungen vieler Investoren, dass der Leitzins im September wieder gesenkt würde, reagierten die US-Börsen nach der Ankündigung am Mittwoch negativ. Der Dow-Jones-Index verlor 0,25 Prozent, der S&P 500 fiel um 0,29 Prozent, und der Technologie-Index Nasdaq büßte 0,45 Prozent ein.
Fed-Chef Powell muss „weiche Landung“ hinlegen, um Rezession in den USA zu verhindern
„Viele Anleger und einige Ökonomen befürchten, dass die Fed bereits zu lange gewartet hat, wodurch der Arbeitsmarkt und das Wirtschaftswachstum auf dünnes Eis geraten sind und die Finanzmärkte unbeständig geworden sind“, schreibt Bloomberg in einem Bericht. Um eine Rezession in den USA abzuwenden, muss Powell eine sogenannte „weiche Landung“ hinlegen, wie es in Wirtschaftskreisen heißt. Diese Metapher soll verdeutlichen, wie herausfordernd es ist, die hohe Inflation zu kontrollieren, ohne die US-Wirtschaft zu gefährden. Der Vergleich ist treffend: Es ist so schwierig wie die Landung eines Jumbo-Jets auf einem Flugzeugträger.
Laut Alan Blinder, dem ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der US-Notenbank, ist eine solche weiche Landung in der Geschichte bisher nur einmal gelungen, und zwar Mitte der 1990er-Jahre. Aktuell liegt die Arbeitslosenquote bereits bei 4,2 Prozent und damit deutlich über dem Niveau der letzten drei Jahre. Für den Ökonomen David Rosenberg ist diese Quote ein Indikator für eine mögliche Rezession. Insgesamt wurden bereits 9 von 20 Rezessionsindikatoren aktiviert.
Wie sich das Senken des Leitzinses auf die US-Wahl auswirken kann
Für manche ist die Senkung des Leitzinses jedoch keine frohe Botschaft. Republikaner Donald Trump hatte die US-Notenbank bereits davor gewarnt, kurz vor der Wahl zu handeln, um den Demokraten nicht in die Hände zu spielen. Er selbst plädiert seit längerem für eine Zinssenkung, allerdings vor allem nach der Wahl. Sollte er erneut Präsident werden, würde er den Leitzins nach seinem „Bauchgefühl“ anpassen.
Für Vize-Präsidentin Kamala Harris hingegen stellt die Zinssenkung eine positive Entwicklung dar. Viele US-Amerikaner machen die Demokraten für die wirtschaftlichen Probleme im Land verantwortlich. Eine Stabilisierung der Wirtschaft vor der Wahl im November könnte daher das Bild der Partei verbessern. Umfragen zeigen, dass die Wirtschaftslage entscheidend für die Wahlentscheidung der Bürger ist. Zudem haben viele Amerikaner den Eindruck, dass Trump in wirtschaftlichen Fragen geschickter agiert als Harris. Letztlich gibt es jedoch mehrere Faktoren, die die Wahl, insbesondere im wirtschaftlichen Kontext, entscheiden könnten, und es bleibt ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
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