Verunsicherung von Kunden
„Chaotischer Ablauf“ beim Heizungsgesetz: Wärmepumpen-Verkauf bricht um mindestens 50 Prozent ein
Sanierungen und Modernisierungen bleiben aus, die Nachfrage nach Wärmepumpen und Dämmsystemen geht zurück. Die Klimaziele im Gebäudebereich scheinen in weite Ferne zu rücken.
Berlin – Im ersten Halbjahr dieses Jahres ist das Interesse an Wärmepumpen und Dämmsystemen merklich gesunken. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hat 48.804 Förderanträge für Wärmepumpen erhalten, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe schreiben. Im Vorjahreszeitraum waren es 97.766 Anträge. Damit ist ein Einbruch um knapp 50 Prozent zu verzeichnen.
Die FAZ schreibt, dass von Januar bis Ende Juli 2023 55.858 Wärmepumpen-Anträge bei der Bafa eingingen, im Vergleich zu 141.873 im Vorjahreszeitraum. Das wäre sogar ein Einbruch um 60 Prozent.
Heizungsbranche beklagt Unsicherheit durch Heizungsgesetz
Frank Ebisch, Sprecher des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVHSK), kommentierte gegenüber den Funke-Zeitungen: „Die Bafa-Zahlen sind ein Zeugnis der enormen Verunsicherung, die das geplante Heizungsgesetz ausgelöst hat.“ Er fügte hinzu: „Unsere Betriebe wissen nicht, wie sie rechtssicher beraten können, wie es mit der Förderkulisse weitergeht. Da kann es nicht überraschen, dass Verbraucher und Firmen in der derzeitigen Lage lieber abwarten.“
Auch gegenüber IPPEN.MEDIA sprach der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) jüngst von dramatischen Auftragseinbrüchen. „Die Neuaufträge sind weg, vor allem in Bestandsgebäuden“, sagte BWP-Sprecher Björn Schreinermacher.
Besonders das Thema Förderungen belastet die Unternehmen. Noch immer ist unklar, wie genau das geplante Fördersystem für neue Heizungen ab 2024 aussehen soll. Dadurch warten viele Kunden ab, anstatt jetzt schon in eine neue Heizung zu investieren. Um wieder mehr Aufträge an Land zu ziehen, haben einige Wärmepumpeninstallateure jetzt Sofort-Rabatte auf ihre Heizungen angekündigt: Wer sich jetzt entscheidet, bekommt einen Bonus, so die Idee.
Fokus auf Heizungen - Sanierung und Dämmung bricht auch ein
Laut Funke-Bericht halten sich die Deutschen auch bei Sanierungen derzeit zurück. Vorläufige Verkaufszahlen von B+L Marktdaten zeigen, dass im ersten Halbjahr 2023 insgesamt 14,88 Millionen Quadratmeter Gebäudefläche mit Wärmedämmverbundsystemen gedämmt wurden. Das ist ein Rückgang von 14,82 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM) äußerte sich besorgt. „Die politische Diskussion ist auf die Heizungstechnik verengt. Das Thema Wärmedämmung ist für viele Immobilienbesitzer aus dem Fokus gerückt - das spiegelt sich am Markt wider“, erklärte VDPM-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Riechers den Funke-Zeitungen.
Auch Justus Menten von der Clean-Tech-Firma Enter sagte in einem Gespräch mit IPPEN.MEDIA, dass der Fokus auf Heizsysteme allein nicht ausreiche. „Wer in sein unsaniertes Haus eine Wärmepumpe stellt, und dann ein paar Jahre später Sanierungsmaßnahmen vornimmt, um eine Effizienzklasse höher zu rutschen, stellt dann vielleicht fest, dass die Heizung im sanierten Haus dann völlig überdimensioniert ist“, sagte er. Gute Dämmung müsse auch nicht teuer sein – und könne schon viel dazu beitragen, den eigenen Energieverbrauch deutlich zu senken.
Klimaziele durch politisches Chaos in Gefahr
Und genau darum sollte es eigentlich gehen: die Reduzierung des Energieverbrauchs zur Erreichung der Klimaziele. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW warnt, dass die Klimaziele im Gebäudebereich durch die jüngsten Entwicklungen stark gefährdet sind. „Die Unternehmen müssen Modernisierungsmaßnahmen verschieben und die noch machbaren Maßnahmen in ihrer Tiefe oft deutlich reduzieren“, äußerte GdW-Präsident Axel Gedaschko den Funke-Zeitungen. „Die Klimaziele beim Wohnen rücken so in immer weitere Ferne.“
Viele Firmen würden sich nun auf die Instandhaltung, anstatt auf Modernisierungen konzentrieren. Der Verband erwartet, dass die Investitionen in Modernisierungen in diesem Jahr um 8,6 Prozent einbrechen werden, so der GdW. Neben steigenden Baupreisen und Zinsen sowie Kürzungen bei Förderprogrammen sorgt der „chaotische Ablauf“ beim Heizungsgesetz für weitere Verunsicherung, so Gedaschko.
Mit Material von AFP
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