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Deutsche Wirtschaftskrise

„Haben keine 100 Tage“: Regierung entwickelt Sofortprogramm

Firmenpleiten nehmen in Deutschland rapide zu. CDU-Staatssekretärin Connemann erarbeitet Sofortmaßnahmen bis Juli. Kernpunkte sind Energiekosten und Bürokratieabbau.

Frankfurt – Die deutsche Wirtschaft steckt weiterhin in der Krise, während die Zahl der Unternehmensschließungen dramatisch ansteigt. Die neue Bundesregierung kündigt ein Sofortprogramm an, um gegenzusteuern. Doch die Herausforderungen sind enorm.

Bereits der Vorstellung des Frühjahrsgutachtens der Wirtschaftsweisen am Mittwoch (21. Mai) hat die parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Gitta Connemann (CDU), ein Sofortprogramm für die Wirtschaft angekündigt. „Wir wissen, dass wir keine 100 Tage haben - das heißt, wir werden schon bis zum 11. Juli ein Programm vorlegen mit den ersten Sofortmaßnahmen“, sagte Connemann am Mittwoch im ARD-„Morgenmagazin“.

Deutsche Wirtschaftskrise: Connemann kündigt Wirtschafts-Sofortprogramm bis Juli an

Die Zahl der Unternehmensschließungen in Deutschland steigt dramatisch an.

Die Staatssekretärin betonte, dass die Regierung schnell „an die größten Probleme der deutschen Wirtschaft“ herangehen müsse. Konkret nannte sie mehrere Schwerpunkte: „Energiekosten runter, das heißt Stromsteuer reduzieren auf das europäisch zulässige Mindestmaß, Netzentgelte runter, Umlagen runter.“

Ein weiterer Fokus liegt auf der Stärkung von Investitionen. CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass Unternehmen ab 2025 drei Jahre lang Ausrüstungsinvestitionen mit je 30 Prozent abschreiben können. Dieser „Investitionsbooster durch Abschreibungen“ soll die Wirtschaft ankurbeln.

Zudem will die Regierung die „lähmende Bürokratie“ anpacken. „Da kann man sofort Zeit, Kraft, Effizienz, aber auch Lust freisetzen“, erklärte Connemann.

Alarmierende Zahl an Unternehmensschließungen in Deutschland

Die Ankündigung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Zahl der Unternehmensschließungen in Deutschland dramatisch ansteigt. Laut einer gemeinsamen Studie der Auskunftei Creditreform und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) wurden im vergangenen Jahr 196.100 Betriebe geschlossen – ein Anstieg von 16 Prozent gegenüber 2023. So hoch war die Zahl der Schließungen seit 2011 nicht mehr, als die Folgen der Finanzkrise die deutsche Wirtschaft belasteten.

„Die Schließungszahlen sind in allen Wirtschaftsbereichen alarmierend“, warnt Creditreform-Wirtschaftsforscher Patrik-Ludwig Hantzsch. „Vor allem die Industriebetriebe leiden unter den hohen Energiekosten in der Produktion, während der Wettbewerbsdruck durch ausländische Anbieter steigt.“ Besonders betroffen sind energieintensive Branchen, wo die Zahl der Betriebsschließungen um 26 Prozent auf 1.050 anstieg. Aber auch zukunftsträchtige Bereiche wie „IT, Produktentwicklung, Umwelttechnik und Diagnostik“ verzeichneten einen Anstieg der Schließungen um etwa ein Viertel.

ZEW-Forscherin Sandra Gottschalk weist darauf hin, dass gerade dieser Wirtschaftsbereich eigentlich wachsen müsste, da er eine Zukunftsbranche sei. „Doch wegen eines gravierenden Fachkräftemangels konkurrieren Unternehmen um knappe Ressourcen. Das führt dazu, dass nicht genug Aufträge angenommen werden können, um wirtschaftlich zu arbeiten.“

Nicht nur Insolvenzen: Deutsche Firmen haben kaum Nachfolger

Bei den Unternehmensschließungen handelt es sich nicht nur um Insolvenzen, sondern auch um mehr oder weniger freiwillige Geschäftsaufgaben. Ein häufiger Grund ist die fehlende Nachfolge, wenn Firmeninhaber in den Ruhestand gehen möchten, aber niemanden finden, der das Unternehmen übernimmt.

Zunehmend sind auch größere Betriebe von Schließungen betroffen. Ein typisches Beispiel: Ein in die Jahre gekommenes Hotel mit Investitionsstau, aber in guter Lage, stellt den Betrieb ein. Ein Immobilienunternehmen kauft das Grundstück, reißt das Gebäude ab und errichtet Wohnungen, die an Privatleute verkauft werden. Das Statistische Bundesamt hatte im Februar mitgeteilt, dass in Deutschland im vergangenen Jahr mehr Betriebe gegründet als aufgegeben wurden. Allerdings bezog sich diese Statistik nur auf größere beziehungsweise wirtschaftlich bedeutendere Unternehmen.

Wirtschaftsweise legen Frühjahrsgutachten vor

Connemann dämpfte die Erwartungen an eine schnelle wirtschaftliche Erholung. Es sei klar, „dass die deutsche Wirtschaft nach Rezession und Stagnation jetzt nicht mit einem Schlag erstehen wird wie ein Phönix“. Dennoch helle sich die Stimmung in der Wirtschaft auf. „Die Wirtschaft wartet auf gute Signale aus der Politik“, betonte sie.

Das wirtschaftliche Beratungsgremium der Bundesregierung, die sogenannten Wirtschaftsweisen, stellte am Mittwochmorgen (21. Mai) seine aktualisierte Konjunkturprognose für die Jahre 2025 und 2026 vor. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hatte im Herbst ein schwaches Wachstum um 0,4 Prozent für dieses Jahr prognostiziert.

Strukturelle Probleme der deutschen Wirtschaft

Die aktuellen Entwicklungen zeigen die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft. Neben den hohen Energiekosten und der überbordenden Bürokratie kämpfen viele Unternehmen mit dem Fachkräftemangel und dem zunehmenden internationalen Wettbewerbsdruck.

Wirtschaftsexperten sehen die Ankündigung eines Sofortprogramms grundsätzlich positiv, mahnen aber auch tiefgreifende strukturelle Reformen an. „Die geplanten Maßnahmen können kurzfristig Entlastung bringen, aber für eine nachhaltige Erholung der deutschen Wirtschaft braucht es einen umfassenden Modernisierungskurs“, erklärt Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Rubriklistenbild: © Christian Charisius/dpa

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