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Mythos Atomkraft widerlegt?

Habeck zerlegt Söder mit Fakten zu Atomkraft: „Muss halt jeder seine politische Glaubwürdigkeit überprüfen“

Bei der Internationalen Handwerksmesse in München liefern sich Habeck und Söder einen Schlagabtausch. Der grüne Minister verteidigt den Kurs der Regierung beim Atomkraft-Aus.

München – Bei der Eröffnung der internationalen Handwerksmesse in München haben sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen Schlagabtausch geliefert. Dabei ging es wie so oft um das Thema Atomkraft und die noch immer umstrittene Entscheidung Deutschlands, die Atomkraftwerke abzuschalten.

Söder über AKWs im Ausland: „Wir glauben, dass wir irgendwie die Besseren in der Welt sind“

Markus Söder hat dabei erneut seine Position bekräftigt, dass die Kernenergie sowohl aus Klimaschutz- als auch aus Preisgründen die beste Option für erneuerbaren Strom in Deutschland sei. „In Frankreich macht man es, in Tschechien macht mans, in Schweden macht mans, nur wir machen es nicht, weil wir glauben, dass wir irgendwie die Besseren in der Welt sind“, sagt der Ministerpräsident bei der Podiumsdiskussion.

Daraufhin reagierte Habeck mit einem längeren Monolog, in dem er Söder zuerst angriff und dann auf die Fakten zum Thema Atomkraft einging – auch in Hinblick auf die von Söder erwähnten europäischen Nachbarn. „Ich will jetzt keine unnötige Schärfe reinbringen, aber, Herr Söder, Ihr Argument wäre glaubhafter, wenn man sagen würde ‚wir haben einen Fehler gemacht‘, anstatt ‚ihr habt einen Fehler gemacht‘“, sagt Habeck zu Anfang und bezieht sich darauf, dass Markus Söder als Umweltminister 2011 mit einem Rücktritt gedroht hatte, wenn der Atomausstieg nicht so schnell wie möglich geschehe. „Aber muss halt jeder seine eigene politische Glaubwürdigkeit überprüfen“, so Habeck spitz.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bayerischer Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei der Handwerksmesse

Dann geht der Wirtschaftsminister auf die Lage in anderen europäischen Ländern, die Atomkraft nutzen und sogar auch ausbauen wollen, ein – und wie sich das zur deutschen Situation unterscheidet. So habe Schweden, das erklärt Habeck, zumindest schon ein Atommüllendlager im Land gefunden. „Das ist das zweite Argument, das ein bisschen schwierig ist, wenn man nämlich sagt, man ist für Atomkraft, Bayern aber zugleich das einzige Land ist, das schon vor Abschluss der Prüfung weiß: Nicht bei uns ein Atommüllendlager“, kontert Habeck – und erntet Beifall.

Tatsächlich hat Söder immer wieder öffentlich gesagt, dass in Bayern kein Atomlager infrage käme. „Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist“, hieß es sogar im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freie Wähler in der vergangenen Legislaturperiode.

Tatsächlich plant Schweden unter der Führung der Energieministerin Ebba Busch die Inbetriebnahme von zehn neuen Kernreaktoren bis 2045. Das atomare Endlager bei Forsmark soll den radioaktiven Müll für 100.000 Jahre speichern.

AKW-Bau in Großbritannien kostet nun 38 Milliarden Pfund

Neben dem fehlenden Endlager für Atommüll spricht Habeck auf der Bühne auch das Problem der Kosten für die Kernenergie an. So sei der Atomstrom in Frankreich subventioniert, der Staatskonzern EDF, der für die Kernkraft zuständig ist, habe 70 Milliarden Euro an Schulden. „Das würde ich gerne mal sehen, dass ein Stadtwerk oder irgendein in Energiekonzern in Deutschland 70 Milliarden Euro Schulden machen will, die wären alle insolvent“.

Auch die Kosten der Renovierung dieser Kraftwerke sei extrem teuer, so Habeck weiter. EDF plant aktuell auch den Bau eines neuen Kraftwerks in Großbritannien, wo sich Kosten von 21 auf 38 Milliarden Pfund erhöht hätten. In der Tat könnten die Kosten am Ende eher bei 40 Milliarden Pfund liegen, wie der Spiegel im Januar berichtete, weshalb sich ein chinesischer Investor lieber zurückziehen will. Zudem verzögert sich die Inbetriebnahme um mehrere Jahre nach hinten. „Bei den Gaskraftwerken sprechen wir von ungefähr einer Milliarde Euro. So viel also zum Thema günstiger Atomstrom“, so Habeck.

Außerdem widerlegt der Wirtschaftsminister die viel zitierte Aussage, dass Deutschland besonders viel Atomkraft aus Frankreich und anderen Ländern importieren müsse, weil wir den eigenen Strombedarf nicht decken könnten. Habeck sagt, gerade mal zwei Prozent des deutschen Stromverbrauchs sei 2023 importiert, von diesen zwei Prozent bestünden 25 Prozent aus der Kernenergie. „Von wegen, wir hängen am französischen Atomstrom - das ist alles homöopathisch, wenn ich das mal so sagen darf“.

Diese Zahlen stammen von der Denkfabrik Agora Energiewende. In deren Report zum aktuellen Stand der Energiewende schreiben die Autoren allerdings auch, dass der Atomkraftausstieg auch dazu geführt hat: „Nach zwei Jahrzehnten mit Nettoexporten wurde Deutschland 2023 erstmals wieder zum Nettoimporteur von Strom.“ Der meiste Strom wurde jedoch aus erneuerbaren Quellen Skandinavien importiert, so die Autoren weiter.

Rubriklistenbild: © Sven Hoppe/dpa

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