Überraschende Wendung
Geplantes EU-Verbrenner-Aus: Jetzt meldet auch Habecks Staatssekretär Bedenken an
Das Ende von Autos mit Verbrennern ist eigentlich beschlossene Sache. Doch Verkehrsminister Wissing wehrt sich dagegen und erhält jetzt überraschende Rückendeckung - durch Wirtschaftsminister Robert Habeck.
Brüssel - In seinem Widerstand gegen ein EU-Verbrenner-Verbot ab 2035 bekommt Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) Unterstützung vom Wirtschaftsministerium, geleitet von Robert Habeck (Grüne). Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold (Grüne) sagte am Donnerstag am Rande eines EU-Treffens in Brüssel: „Wir unterstützen das Aus für alte, konventionelle Verbrennungsmotoren. Wir wollen aber außerhalb der Flottengrenzgrenzwerte, also außerhalb dieses Gesetzes, eine Lösung für solche Verbrennungsmotoren, die nur mit nachhaltigen E-Fuels betrieben werden.“ Die EU-Kommission müsse jetzt alle Koalitionspartner davon überzeugen, dass derlei Maßnahmen betrieben würden, forderte Giegold.
Bundesfinanzminister Christian Lindner bekräftigte das Nein der FDP zu einem kompletten Verbot von neuen Verbrennerfahrzeugen in der EU, in einem Interview der Funke-Mediengruppe. „Es ist unser Ziel, dass in Deutschland auch nach 2035 noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden“, sagte der FDP-Chef. „Allerdings müssen diese Fahrzeuge dann mit klimafreundlichem Öko-Sprit fahren.“ Neu zugelassene Verbrennerfahrzeuge würden nach 2035 eine Ausnahme bleiben. Weltweit werde diese Technologie aber weiter eine große Rolle spielen, „das technologische Know-how muss in einem Exportland wie Deutschland deshalb erhalten bleiben“.
SPD ist über E-Fuel-Debatte verärgert
Der dritte Koalitionspartner SPD zeigte sich in den Zeitungen der Funke-Gruppe über die Diskussion verärgert. „Es ist lediglich der Versuch, den Verbrenner zu retten, während selbst die Industrie schon andere Fakten schafft“, sagte der stellvertretende Bundestagsfraktionschef Detlef Müller. „Wir unterstützen eine klare Entscheidung auf EU-Ebene, die ein Verbrenner-Aus nicht infrage stellt.“ E-Fuels seien teuer, ineffizient und nur begrenzt verfügbar. „Unsere Klimaziele im Verkehr erreichen wir damit schlichtweg nicht.“
Streit um die Zulassung für E-Fuel-Verbrenner
Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten hatten sich bereits im Oktober darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Geplant ist, dass der Rat der Mitgliedstaaten am kommenden Dienstag endgültig darüber abstimmt. Wissing drohte mit einem Veto. Seine Begründung: Die EU-Kommission habe bislang noch keinen Vorschlag vorgelegt, wie nach 2035 mit Verbrennern, die klimafreundliche Kraftstoffe wie E-Fuels tanken, umgegangen wird.
Dies war Teil der Einigung im Rat der EU-Staaten im Juni 2022, mit der die FDP zu einer Zustimmung innerhalb der Bundesregierung bewegt werden konnte. E-Fuels stehen in der Kritik, weil sie zurzeit in einem energieintensiven Prozess hergestellt werden. Die Bundesregierung hofft, dass sich das bis 2035 ändert.
Grünen glauben an E-Fuel-Lösung
Lindner kritisiert: „Die EU-Kommission hat leider keine Anstalten unternommen, bei ihren Verbotsplänen ernsthaft Ausnahmen für solche Verbrennungsmotoren zu prüfen, die ausschließlich mit Öko-Sprit fahren.“ Es sei zudem unwahrscheinlich, „dass die Kommission das, was sie über Monate nicht getan hat, innerhalb der nächsten Tage noch tun wird“.
Optimistischer zeigte sich am Donnerstag Wirtschaftsstaatssekretär Giegold. Er glaube daran, dass eine Lösung gefunden werden könne, wenn die EU-Kommission der Bundesregierung und den deutschen Ministern gegenüber glaubwürdig auftrete. Derzeit liefen aber schwierige Gespräche.
E-Mobilität ist schon in wenigen Jahren tonangebend? Dieses Mantra wurde gekippt. BMW wird noch bis ins nächste Jahrzehnt Verbrennermodelle entwickeln. (dpa/rowa)
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