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Verdachts des Preisdumpings

Streit um billige E-Autos aus China: Wie gefährlich wird das für BMW, VW & Co., Frau Professorin?

Die EU-Kommission wirft China Preisdumping bei E-Autos vor. Peking reagiert mit einer unmissverständlichen Warnung. Droht Europa ein Handelskrieg mit China?

München - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wirft China Preisdumping bei E-Autos vor und hat eine Untersuchung angekündigt. Peking will das nicht tatenlos hinnehmen und droht den Europäern unverhohlen mit Gegenmaßnahmen. Wie ernst die Lage ist und welche deutschen Vorzeige-Branchen von einem möglichen Handelskonflikt am stärksten betroffen sein könnten, erläutert die Sinologin und Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Doris Fischer vom Lehrstuhl für China Business and Economics an der Uni Würzburg im Interview.

Prof. Doris Fischer: Die Betriebswirtin und Sinologin ist Inhaberin des Lehrstuhls „China Business and Economics“ an der Uni Würzburg.
Frau Prof. Fischer, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wirft China Marktverzerrungen bei E-Autos vor und hat eine Wettbewerbsuntersuchung angekündigt. Peking hat prompt reagiert und vor negativen Folgen für die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und der EU gewarnt. Ist das nur Säbelrasseln oder meint es Peking mit seiner Drohung ernst?
Wir müssen davon ausgehen, dass die chinesische Regierung das ernst meint. Es gibt ja ein Vorläufermodell, zumindest aus chinesischer Sicht: die Untersuchung nach Abschnitt 301 des US Trade Act, veranlasst durch Donald Trump, die schließlich zum Handelskonflikt, manche sagen Handelskrieg, zwischen den USA und China geführt hat. Auch hier hatte die chinesische Regierung Gegenmaßnahmen angekündigt und diese auch durchgezogen. Außerdem zielte die europäische Untersuchung, wenn sie denn kommt, auf eine Industrie, die aus Sicht der chinesischen Regierung ganz wesentlich ist, eben weil chinesische Firmen hier reüssieren sollen.
Von der Leyen wirft Peking massive Subventionen für E-Autos vor. Zu Recht?
Die chinesische Regierung hat über die letzten circa 15 Jahre ohne Zweifel versucht, in verschiedenster Form die Entwicklung des chinesischen E-Mobilitätssektors zu fördern. Die Frage ist, welche dieser Förderungen als ‚fair‘ angesehen werden können und welche nicht. Die Initiative von Frau von der Leyen hat vermutlich Hinweise im Auge, dass chinesische Hersteller von E-Autos in den letzten Jahren ihre Absatzzahlen hochgeschraubt haben, weil es an Absatzzahlen gekoppelte Subventionen gab. Es gibt Hinweise, dass Hersteller die Fahrzeuge quasi selbst gekauft haben, um so die Subventionen abgreifen zu können. Die Überproduktion, so die Befürchtung, trägt nun dazu bei, dass viele chinesische E-Fahrzeuge unter Marktpreis auf ausländischen Märkten, also auch in der EU landen. Solche Subventionen sind aus Sicht der EU, die den europäischen Staaten vergleichbares untersagt, ein Problem. Die Schwierigkeit besteht aber darin, die Subventionen im Detail aufzudecken und argumentativ eine klare Linie zu behalten, welche Subventionen quasi in Ordnung und tolerabel sind, zum Beispiel Forschungsförderung, die ja auch bei uns existiert, und welche unlauteren Wettbewerb darstellen. Aus der europäischen Sicht mag diese recht eindeutig sein, aus chinesischer Sicht weniger.
Steuert die EU auf einen Handelskrieg mit China zu?
Hoffentlich nicht. Ich vermute, dass Frau von der Leyen vor dem EU-China High-level Economic and Trade Dialogue Ende dieses Monats in Beijing ein klares Zeichen setzen wollte. Ziel wird es sein, den Handelskrieg zu vermeiden, aber auch vor den Verhandlungen klar Position zu beziehen.
Aber die Sorgen vor einem Handelskonflikt in der Wirtschaft steigen?
Ja klar, die Wirtschaftssituation in Deutschland ist gerade nicht nur rosig, einen Handelskonflikt kann im Moment eigentlich niemand gebrauchen.
Auch innerhalb der Bundesregierung zeigen sich Risse. Wirtschaftsminister Robert Habeck hält den EU-Vorstoß für richtig, Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich dagegen zurückhaltend. Welche Strategie halten Sie für erfolgversprechender im Umgang mit China: Härte oder Zurückhaltung?
Es ist durchaus richtig, im Umgang mit China klar Position zu beziehen, eigene Interessen darzulegen und Probleme klar anzusprechen. Die Frage ist immer, wie man diese Probleme anspricht. Lange sind wir davon ausgegangen, dass im Umgang mit China leise Diplomatie der bessere Ansatz ist. Allerdings hält sich auch die chinesische Regierung nicht mehr immer an diesen Grundsatz. Im Falle der E-Mobilität ist die Lage schwierig. Unsere großen Automobilkonzerne sind ja erst vor kurzem quasi aufgewacht, nachdem sie lange überzeugt waren, dass es keinen Siegeszug der Elektromobilität geben werden. Sie müssen in China feststellen, dass sie technologisch bei E-Autos Aufholbedarf haben, um nicht zu sagen Lernbedarf. Deswegen begeben sie sich ja auch gerade aktiv in Kooperation mit chinesischen Firmen. Da käme eine handelspolitische Eskalation äußerst ungelegen.
Aber schon jetzt ist der Handel zwischen den USA und China stark belastet. Kann sich Peking da auch noch einen Handelskonflikt mit Europa leisten?
Die chinesische Regierung wünscht sich das sicher nicht. Ich vermute, wir werden sehr intensive Verhandlungen in den nächsten Monaten erleben. Ich hoffe das auch. Am schlimmsten wäre ein Schlagabtausch über die internationalen Medien statt direkter Verhandlungen.
Wie könnte China reagieren, wenn die EU mit ihrer Ankündigung ernst macht?
Die Zahl und Art der möglichen Daumenschrauben ist groß. Es steht ja auch nirgendwo geschrieben, dass sich Chinas Reaktionen auf den Automobilsektor beschränken würden.
Welche Branchen wären womöglich besonders betroffen?
Die chinesische Regierung könnte mit den Branchen anfangen, in denen das europäische Engagement besonders groß ist. Sie könnte sogar versuchen, insbesondere deutsche Firmen zu treffen, weil die Annahme in Beijing verbreitet ist, dass Deutschland besonders starken Einfluss in der EU hat. Da wären dann neben der Automobilindustrie der Maschinenbau und die Chemieindustrie naheliegend.

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Rubriklistenbild: © Julius-Maximilians-Universität Würzburg/IMAGO / ZUMA Wire

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