Güterverkehr
Bei der Bahn-Tochter DB Cargo droht massiver Personalabbau: Bis zu 8400 Stellen in Gefahr
Die Bahn-Tochter DB Cargo steckt tief in den roten Zahlen und spielt offenbar mit dem Gedanken, verlustreiche Geschäfte zurückzufahren oder ganz aufzugeben und massiv Stellen zu streichen.
Mainz – Die Bahn-Tochter DB Cargo kämpft seit Jahren mit Verlusten – doch 2024, so der Plan, soll es wieder aufwärtsgehen und die Sparte schwarze Zahlen schreiben. Die Chefin von DB Cargo, Sigrid Nikutta, will Berichten zufolge bis Oktober einen Rettungsplan für die kriselnde Zugsparte vorlegen. Dabei wird auch ein Plan B diskutiert, der einen massiven Einschnitt in den Einzelwagenverkehr bedeuten würde, berichtet Europa-Betriebsratschef Jörg Hensel dem Handelsblatt.
DB Cargo: Plan B bedeutet wohl Stellenabbau
Danach müsste die Bahn das Geschäft mit dem aufwändigen Einzelwagenverkehr drastisch reduzieren oder ganz aufgeben. Damit könnten bis zu 8400 von insgesamt 30.000 Mitarbeitenden ihren Job verlieren, schreibt das Handelsblatt. „Der Plan B sieht vor, dass von den derzeit rund 1000 Güterverkehrsstellen nur noch 100 übrig bleiben werden“, sagt Hensel dem Magazin weiter.
Auch bei den Zugbildungsanlagen – Rangierstationen, die Einzelwagen zu kompletten Zügen zusammenstellen – sollen von 144 Stationen nur zehn übrig bleiben. „Dem Papier zufolge werden künftig nur noch Kunden aus der Stahl-, Auto- und der chemischen Industrie akzeptiert“, erklärt Hensel dem Handelsblatt. „Andere würden dann nicht mehr bedient.“ Ein Sprecher der Bahn wollte sich dazu laut Magazin nicht äußern.
DB Cargo: Diskussion um Zukunft des Einzelwagenverkehrs
An einem Plan, DB Cargo wieder profitabel zu machen, sitzen die Verantwortlichen schon länger: Die seit Ende 2019 amtierende Nikutta bereite ein sogenanntes Weißbuch für den Güterverkehr vor, hatte Business Insider im Juni unter Berufung auf Unternehmenskreise berichtet. Darin solle der profitable Güterverkehr für die nächsten Jahre skizziert werden.
Ein Bahn-Sprecher sagte dazu, derzeit werde die Zukunft des sogenannten Einzelwagenverkehrs diskutiert. „Der Einzelwagenverkehr war und ist von keiner vergleichbaren Güterbahn in Europa eigenwirtschaftlich profitabel zu betreiben.“ Diese Verkehrsart habe entscheidenden Einfluss, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen könne. Deshalb sei man optimistisch, gemeinsam mit allen Beteiligten eine Lösung zu finden, „die zu mehr, und nicht zu weniger, Gütern auf der Schiene führen“ werde.
Einzelwagenverkehr bedeutet, dass in einem Güterzug die einzelnen Wagen zu unterschiedlichen Kunden müssen. Dies gilt als aufwendig für die Bahn und sorgt seit Jahren für Verluste bei der Tochter DB Cargo – nicht zuletzt, da auch viele Prozesse noch nicht digitalisiert sind. Im Umfeld der Bahn hieß es, die gesamte Bahnbranche habe dem Bund einen Vorschlag unterbreitet, wie auch in Deutschland der klimafreundliche, aber zeit- und ressourcenaufwendige Einzelwagenverkehr mit einer Betriebskostenförderung unterstützt werden könnte.
Sollte der Einzelwagenverkehr allerdings, wie von Hensel skizziert, stark eingeschränkt werden, könnte das einen Aufschrei bei den deutschen Unternehmen nach sich ziehen: Denn für diese spielt der Einzelwagenverkehr beim Container- und Gefahrguttransport nach wie vor eine wichtige Rolle – auch weil dadurch größere Mengen an CO2 eingespart werden können. „Das flächige System des Einzelwagenverkehrs ist das Rückgrat vieler deutscher Schlüsselindustrien und ein Alleinstellungsmerkmal unseres Industriestandorts“, schreibt der Bundesverband der Deutschen Industrie dazu.
EU-Beihilfeverfahren: Rückzahlungen in Milliardenhöhe drohen
Doch DB Cargo steckt in der Klemme: Die Sparte muss profitabel werden und mit dem aufwändigen Einzelwagenverkehr ist es schwer, das zu leisten – jedenfalls in absehbarer Zeit. Zwar gab es in den vergangenen Jahren immer hohe Subventionen durch die jeweilige Bundesregierung, um die Verluste abzufangen – doch hier droht nun Ungemach aus der EU: Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager lässt mit einem EU-Beihilfeverfahren prüfen, ob die staatlichen Beihilfen als unzulässige Subventionen einzustufen sind.
Falls die EU-Kommission zu dem Schluss kommt, dass es so ist, drohen Rückzahlungsforderungen in Milliardenhöhe, erklärt die Deutsche Verkehrs-Zeitung (DVZ). In dem Verfahren geht es neben der DB Cargo auch um ihr französische Pendant Fret SNCF. In Frankreich überlegt man deshalb laut DVZ schon, wie man eine mögliche Milliardenzahlung abwenden könnte – unter anderem durch die Zerschlagung des Konzerns oder einer Namensänderung. Auch dort müssten dann Stellen gestrichen werden.
Mit Material von Reuters