Neues Gesetz
CDU-Blockade beim Wachstumschancengesetz: „Verzetteln uns in politischem Klein-Klein“
Das Wachstumschancengesetz könnte diese Woche im Bundesrat blockiert werden. Damit entgehen dem Staat wohl 10 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen.
Berlin – Am 22. März ist ein wichtiger Tag für zahlreiche Unternehmen in Deutschland: Denn dann wird sich zeigen, ob der Bundesrat das von der Regierung beschlossene Wachstumschancengesetz annehmen wird oder nicht. Die Union aus CSU und CDU hatte mit einer Blockade gedroht, wenn die Regierung nicht im Gegenzug beim Streit um die Agrarsubventionen nachgibt. Durch einen Kompromiss zwischen Bundesregierung und den unionsgeführten Ländern könnte der Streit zwischen Bundestag und Bundesrat aufgelöst werden.
Wirtschaftsverbände, die schon lange auf das Wachstumschancengesetz, das inzwischen abgespeckt wurde, warten, zeigten sich von einer möglichen Blockade entsetzt. Was viele Menschen dabei nicht wissen: Der Entwurf sieht nicht nur steuerliche Vergünstigungen für Unternehmen und Bürokratieabbau vor, sondern es geht dabei auch um die E-Rechnung. Und wenn diese nicht eingeführt wird, entgehen dem Staat Milliarden Steuereinnahmen, argumentiert Dieter Keller, Geschäftsführer von b4value.net aus Kaiserslautern vom E-Invoicing-Provider-Netzwerk TRAFFIQX(R), im Gespräch mit Ippen.Media.
E-Rechnung könne Deutschland 10 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen bringen
Denn was erst einmal ganz unscheinbar klingt, hat große Folgen: Ab 2025 soll laut bisherigem Plan der Ampel-Koalition der Vorrang auf Papierrechnung bei inländischen B2B-Rechnungen (B2B: zwischen Unternehmen) wegfallen – und stattdessen die E-Rechnung, also die digitale Rechnung kommen. Damit wird nicht nur eine EU-Richtlinie umgesetzt, sondern auch eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Demzufolge möchte die Ampel „schnellstmöglich“ bundesweit ein elektronisches Meldesystem für Rechnungen einführen.
Mit der E-Rechnung soll der Umsatzsteuerbetrug eingedämmt werden, der den europäischen Ländern laut EU-Kommission etwa 50 Milliarden Euro kostet. In Deutschland belaufen sich die Schätzungen dem Handelsblatt zufolge auf eine zweistellige Milliardensumme. Keller geht von weit mehr als 10 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen für Deutschland aus – pro Jahr! Dabei beruft er sich auf Schätzungen der EU-Kommission und des Bundesfinanzministeriums.
Dem Staat können aus unterschiedlichsten Gründen Einnahmen aus der Umsatzsteuer entgehen – besonders berüchtigt sind dabei die sogenannten „Karussellgeschäfte“. Dabei werden in der EU Produkte wie etwa Smartphones in einer Art Endlosschleife verkauft – während die Unternehmer bei den Käufern zwar die Umsatzsteuer einfordern, diese aber nicht an die Länder abführen. Noch dazu kann das Unternehmen dann Vorsteuer geltend machen und vom Finanzamt ausgezahlt bekommen.
Das soll die E-Rechnung eindämmen – denn mit dem dazu parallel eingeführten Meldesystem komme man von der monatlichen Umsatzsteuermeldung auf die transaktionsbasierten Meldung, die von der entsprechenden Behörde leichter zu prüfen und zuzuordnen sei, erklärt Keller.
Unternehmer über Wachstumschancengesetz: „Man verzettelt sich jetzt im politischen Klein-Klein“
Deshalb hat er auch kein Verständnis für das Geschacher im Vorfeld des Wachstumschancengesetzes: „Man diskutiert hier über die drei Milliarden, die man jetzt im Wachstumschancengesetz noch am Schluss drin hat und die Agrardiesel-Thematik. Aber auf der anderen Seite könnten mit dem Gesetz viele Milliarden pro Jahr an Mehreinnahmen generiert werden, die uns allen helfen würden. Man verzettelt sich jetzt im politischen Klein-Klein – und ich verstehe nicht, warum man da nicht mal die Chance ergreift, im Sinne aller Gas zu geben. Die Diskussionen sind ja berechtigt, aber viele andere Bereiche werden dadurch jetzt gehemmt und aufgehalten“, so Keller.
Wenn es weiter verschoben werde, würde es fatale Probleme mit sich bringen, erklärt der Geschäftsführer – das TRAFFIQX(R) Netzwerk bietet Firmenkunden aller Größen an, deren Rechnungssysteme zu digitalisieren. Man müsse in Deutschland 3,5 Millionen Firmen mit entsprechend vielen Milliarden von Rechnungen digitalisieren. „Das ist eine Kraftanstrengung für alle, die in dem Markt aktiv sind. Noch wäre es bis zum Beginn des nächsten Jahres zu schaffen – aber die Zeit drängt.“ Keller hofft, dass das Gesetz noch im März eingeführt wird. Alternativ könne die E-Rechnung auch getrennt vom Wachstumschancengesetz verabschiedet werden, schlägt Keller vor.