Banker nennt Gründe
Deutsche Wirtschaft am Abgrund: Mittelstand legt Investitionen auf Eis
Mittlere Unternehmen hätten Geld, um in die Zukunft zu investieren, doch sie zögern. Ein Banken-Experte hält das nicht für verwunderlich.
Berlin – Die Arbeitslosigkeit steigt, die Konjunktur stagniert: Die deutsche Wirtschaft ist krank. Besonders zeigt sich das bei Volkswagen, wo es wegen der prekären Lage erstmals seit 30 Jahren betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen geben könnte. Nun ist VW ein Großkonzern, doch auch beim Mittelstand sind die Sorgen groß. Das liegt an den strukturellen Hürden, denn Geld für Investitionen wäre da.
Die Stimmung im deutschen Mittelstand ist mies. Das zeigen Daten des Ifo-Instituts im Mittelstandsbarometer für August, worüber die staatliche Förderbank KfW Anfang September berichtete. Demnach wird aktuelle Lage von den Unternehmen so schlecht eingeschätzt wie seit vier Jahren nicht mehr.
Mittelstand zögert trotz vorhandenen Kapitals bei Investitionen
Das liegt aber nicht unbedingt an einer schlechten Finanzlage. „Mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 37 Prozent zeigen die Unternehmen ihre Robustheit“, wird Ulrich Reuter in einer Pressemitteilung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) zitiert. Der DSGV-Präsident stützte sich bei seiner Aussage auf den „S-Mittelstands-Fitnessindex“, für den Experten der Sparkassen-Finanzgruppe die Bilanzen von rund 300.000 Firmenkunden anonym auswerteten.
Investieren könnten sie, doch die Unternehmen zögern. „Sie hinterfragen die wirtschaftliche Tragfähigkeit dieser Investitionen. Das Risiko scheint ihnen zu hoch“, erklärte Reuter Welt. Für die Bedenken macht er die Politik mitverantwortlich. Die Akteure forderte er zum Handeln auf. „Ich sehe die Aufgabe des Staates nicht vordringlich darin, selbst das Investitionskapital in seinen Haushalten aufzubringen. Aufgabe des Staates ist es, für die Breite der Anleger attraktive Investitionsbedingungen zu schaffen“, sagte der DSGV-Chef.
Banker fordert für Mittelstand Bürokratieabbau: „Würgegriff muss gelockert werden“
Konkret nannte Reuter einen entschlossenen Bürokratieabbau und den Ausbau der digitalen sowie klassischen Infrastruktur. „Der Würgegriff der Bürokratie muss gelockert werden, um den Unternehmen Freiräume zu schaffen. Gleichzeitig brauchen wir leistungsfähige Breitbandnetze und eine effizientere digitale Verwaltung, damit Unternehmen schneller und ressourcenschonender arbeiten können“, heißt es beim DSGV.
Die zehn größten Unternehmen aus Baden-Württemberg




Gegenüber Welt sprach sich Reuter auch für Steuererleichterungen sowie sicher verfügbare und bezahlbare Energie aus. „Steigende Personal-, hohe Energie- und Materialkosten nehmen den Unternehmen zunehmend die Luft zum Atmen.“ Er beobachte, dass einige Mittelstandsunternehmen bereits in Standorte im Ausland investieren. Im Standortranking rutscht Deutschland immer weiter ab. Was Wettbewerbsfähigkeit angeht, liegt die Bundesrepublik im Ranking des Instituts der Deutschen Wirtschaft nur noch auf Platz 24 von 67 bewerteten Ländern. (mt)
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