Prozess läuft
Wirecard-Skandal: Marsalek sendet nach drei Jahren Lebenszeichen – und belastet Kronzeugen
Er wird für einen der Haupttäter im Wirecard-Skandal gehalten: Jan Marsalek ist untergetaucht – und scheint den Prozess zu verfolgen.
München – Die Wirecard-Insolvenz ist einer der größten Wirtschaftsskandale der Bundesrepublik. Es geht um Betrug in Milliardenhöhe. Die dringlichste Frage: Wer ist dafür verantwortlich? Der Prozess läuft. Inmitten dessen meldete sich der seit 2020 flüchtige Hauptverdächtige Jan Marsalek über seinen Verteidiger bei der Münchner Justiz.
Wirecard-Skandal: Lebenszeichen von Marsalek - nach drei Jahren
Beim Landgericht München I sei ein Brief des Anwalts von Marsalek eingegangen. Das sagte ein Sprecher des Gerichts am Dienstag (18. Juli). Zuerst hatte die Wirtschaftswoche darüber berichtet. Inhalt und Einzelheiten des Briefs wollten weder das Gericht noch die Münchner Staatsanwaltschaft kommentieren. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte der Anwalt: „Wir haben uns zu verschiedenen Facetten und verschiedenen Personen geäußert.“
Dem Wirtschaftsmagazin zufolge geht der Anwalt in dem Schreiben nicht konkret auf die erhobenen Betrugsvorwürfe gegen den österreichischen Manager ein. Allerdings habe er sich zu dem sogenannten Drittpartnergeschäft bei Wirecard geäußert und zu verstehen gegeben, dass dieses existiert habe. Das Drittpartnergeschäft ist ein zentrales Thema des Wirecard-Prozesses, der gegen den früheren Konzernchef Markus Braun läuft. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es dieses Geschäft nicht gab – Braun hingegen sagt, es habe existiert. Die Erlöse seien jedoch von Marsalek und Co. beiseite geschafft worden.
Marsalek meldet sich überraschend zu Wort – und belastet Kronzeugen im Wirecard-Prozess
Der Wirtschaftswoche zufolge äußerte sich Marsalek in dem Brief offenbar auch zu den unterschiedlichen Verfahrensbeteiligten. In Justizkreisen heißt es, dass Marsalek besonders den Mitangeklagten Oliver B. belastet habe, der als Kronzeuge der Anklage gilt. B. war lange Zeit Wirecards Statthalter in Dubai. Nach dem Zusammenbruch des Unternehmens belastete er Braun und seinen ehemaligen Kollegen Stephan von E.
Der Wirecard-Skandal - und die Rolle Marsaleks
Jan Marsalek hatte sich im Sommer 2020 ins Ausland abgesetzt, als sich der Kollaps von Wirecard – dem einstigen Dax-Konzern – abzeichnete. Mehreren Medienberichten zufolge soll er nach Russland geflohen sein. Wirecard war zwischen Juni und Juli 2020 innerhalb weniger Wochen zusammengebrochen, weil 1,9 Milliarden Euro angeblich auf südostasiatischen Treuhandkonten verbuchte Erlöse nicht auffindbar waren. Als ehemaliger Vertriebschef des Konzerns ist Marsalek eine Schlüsselfigur in dem Skandal.
Im Wirecard-Prozess haben die Verteidiger von Ex-Vorstandschef Markus Braun den untergetauchten Marsalek beschuldigt, den Konzern ohne Wissen und Zutun Brauns ausgeplündert und gemeinsam mit Komplizen zwei Milliarden Euro Geschäftserlöse veruntreut zu haben.
Marsalek soll dem Gericht der Zeitschrift zufolge zu verstehen gegeben haben, dass B. in mehreren Punkten nicht die Wahrheit sage. Florian Eder, Verteidiger von B., reagierte auf die angeblichen Vorwürfe. Man könne viel schreiben und viel sagen, man müsse jedoch nicht alles glauben.
Wirecard-Skandal: Prozess läuft – Marsaleks Vorstandskollegin Steidl im Zeugenstand
Der Wirecard-Prozess wird am Mittwoch (19. Juli) fortgesetzt. Im Zeugenstand Platz nehmen soll Brauns und Marsaleks ehemalige Vorstandskollegin Susanne Steidl. Sie war bei Wirecard einst für die Produktentwicklung verantwortlich. Die Managerin soll nicht in die kriminellen Geschäfte der Wirecard-Bande eingeweiht gewesen sein. (mbr mit dpa/AFP)