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„Effizienzgewinn von einem Viertel“

BMW plant Fabrik der Zukunft: „Wir können auf Gas verzichten“

Alle BMW-Werke weltweit sollen dereinst iFactories sein, die in Sachen Nachhaltigkeit Maßstäbe setzen. Zudem verspricht sich der Münchner Autobauer maximale Flexibilität der Produktion und Daten in Echtzeit aus allen Werken.
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Alle BMW-Werke weltweit sollen dereinst iFactories sein, die in Sachen Nachhaltigkeit Maßstäbe setzen. Zudem verspricht sich der Münchner Autobauer maximale Flexibilität der Produktion und Daten in Echtzeit aus allen Werken.

BMW gilt als größter Hersteller von Premiumautos. Jetzt rücken die Bayern die Produktion in den Fokus. Ihre iFactory soll weltweit Maßstäbe setzen und den Autobau revolutionieren.

München – Die Zukunft von BMW beginnt in Ungarn. „Debrecen wird die erste Autofabrik der Welt, die vollständig auf den Einsatz fossiler Energieträger verzichtet“, schwärmt Milan Nedeljkovic. Als der BMW-Produktionsvorstand das sagt, surrt und klopft es gedämpft durch dicke Scheiben, die die Büroräume von einer Fertigungsstraße im Stammwerk München trennen.

BMW stellt die Zukunft des Autobaus dort vor, denn das neue Werk Debrecen geht erst 2025 in Betrieb. Es ist nicht irgendeine Fabrik, macht Nedeljkovic klar. Vielmehr werde es das erste seiner Art, nach dessen Vorbild alle BMW-Werke umgebaut werden, um im Autobau den Takt branchenweit vorzugeben.

Die neue iFactory von BMW: „Wir können auf Gas verzichten“

Das Vorhaben reflektiert auch hochaktuelle Probleme. „Wir können auf Gas verzichten und unsere Energie selbst auf dem Werksgelände erzeugen“, sagt der BMW-Vorstand zu einem Element der iFactory. Geothermie und Solarzellen statt russischem Gas, heißt das in Debrecen. Wichtig ist das, weil sich Energieverbrauch im Autobau branchentypisch bisher zu 70 Prozent aus Gas und 30 Prozent aus Strom speist. Insofern setzt ein gasfreies Debrecen echte Maßstäbe.

Nachhaltigkeit ist eine Säule der neuen BMW-Produktionsphilosophie. Neben CO2-freier Fertigung bedeutet das vor allem auch Kreislaufwirtschaft, die Nedeljkovic von bloßem Recycling unterscheidet. „Bei Zirkularität wird aus einem alten Sitzbezug ein neuer Sitzbezug“, erklärt er den Unterschied zum Wiederverwerten für andere Produkte.

Ressourcenschonend produziere BMW schon heute. So fielen im Münchner Stammwerk pro Auto gerade einmal 2,6 Kilogramm Abfall an. Nun werden selbst Aluspäne zum Teil der neuen Zirkularität. Um fast ein Drittel konnte BMW von 2016 bis 2019 bereits den Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) pro Fahrzeug in der Fertigung senken. Bis 2025 soll er verglichen mit 2019 um weitere 40 Prozent und bis 2030 um 80 Prozent schrumpfen.

Elektro-Pläne und Zulieferindustrie

Wenn BMW bis 2030 verglichen mit 2019 den ökologischen Fußabdruck in eigenen Fabriken gemessen am CO2-Ausstoß um 80 Prozent mindern will, entschärft das nur einen Teil des Problems. Denn zuvor entstehen schon bei Zulieferern Klimaschadstoffe. Mit diesen hat BMW bis 2030 deshalb eine CO2-Minderung von einem Fünftel je Fahrzeug vereinbart. Im Betrieb von Fahrzeugen soll der CO2-Ausstoß bis dahin halbiert werden. BMW galt 2013 als deutscher Elektropionier, als das auf Elektromobilität hin entworfene Modell i3 auf den Markt gekommen ist. Seitdem haben heimische Konkurrenten wie VW oder Mercedes aber anspruchsvollere Elektroziele und auch Ausstiegsdaten für Verbrenner-Technik formuliert. Immerhin will BMW nächstes Jahr 13 vollelektrische Modelle im Programm und bis 2025 zwei Millionen vollelektrische Fahrzeuge weltweit auf die Straße gebracht haben. 2030 soll gut die Hälfte des Absatzes vollelektrisch sein.

BMWs iFactory: Verbrenner und Elektroautos auf einer Linie

Das Konzept der iFactory mit dem Prototyp in Debrecen macht das möglich. Im Kern ist sie eine neue und speziell auf Elektromobilität ausgerichtete Produktionsarchitektur, was nicht bedeutet, dass BMW Verbrennern abschwört oder sie mit einem Verfallsdatum versieht.

„Wir können damit in allen Werken alle Antriebsvarianten von vollelektrisch über Hybrid bis Verbrenner auf einer Linie bauen“, sagt BMW-Montageplaner Torsten Krzywania vielmehr. Einzigartig flexibel sei die iFactory auch, wenn Produktion schnell herunter- und wieder hochgefahren werden muss, weil gerade eine Pandemie ausbricht oder Lieferketten wackeln, Teile fehlen und Ausstattungsdetails kurzfristig umgeplant werden müssen.

Flexibilität sei der Erfolgsfaktor schlechthin, wenn sich die Kundennachfrage schnell verschiebt und plötzlich in einem bestimmten Markt alle vollelektrische Autos wollen, betont Nedeljkovic. BMW geht nicht davon aus, dass Elektromobilität weltweit überall gleichzeitig ihren Durchbruch erlebt. „Volumenflexibel sein“, nennt der Manager das. Schon heute könne ein BMW-Kunde bis zu sechs Tage vor Produktionsstart seines Wunschautos noch Spezifizierungen wie Farbe oder Sitzbezüge ändern.

BMW: „iFactory bringt Effizienzgewinn von einem Viertel“

Die iFactory hat auch ein digitales Standbein, dessen Elemente teils schon im Münchner Stammwerk zu sehen sind. „Das ist vorausschauende Instandhaltung“, erklärt ein BMW-Montageexperte. Er weist auf Sensoren, mit denen die elektrische Hängebahn bestückt ist, die Karosserien durch die Montagehalle fährt. Derweil hat BMW auch für das Münchner Stammwerk einen „Masterplan“ vorgestellt.

Das Besondere daran, das BMW sich auch hat patentieren lassen, ist künstliche Intelligenz, die alle in Echtzeit von den Sensoren gesammelten Produktionsdaten analysiert. „Die Anlage meldet sich, bevor sie kaputtgeht, und das ohne Fehlalarme“, sagt der BMWler stolz. Dann werde rasch repariert, bevor ein Defekt die Anlage stilllegt. Eine komplette Schicht Stillstand erspare derart vorausschauende Wartung pro Werk und Jahr, was einem Produktionsvolumen von rund 500 Autos entspricht.

„Die Digitalisierung steht am Kipppunkt, jetzt geht es los“, sagt Nedeljkovic und meint Digitalisierung in der Produktion. Deshalb gibt es so etwas Ähnliches wie Streetview von Google ab Ende 2022 auch für alle BMW-Werke weltweit. Die Münchner vermessen ihre Fabriken digital und dreidimensional, um so digitale Zwillinge zu erstellen, die dann Fertigungsplanern weltweit rund um die Uhr zur Verfügung stehen. „Die iFactory bringt einen Effizienzgewinn von einem Viertel“, glaubt Nedeljkovic. Stellenabbau bedeute das nicht, versichert er. Der eine oder andere Arbeitsplatz würde zwar schon wegfallen. „Aber BMW ist ein wachsendes Unternehmen, dadurch sehen wir kein Personalproblem“, erklärt der Manager. 

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