„Dieser Verlust war nicht vorhersehbar“
Krankenkassen schlagen Alarm: Zeitraum für neue Beitragserhöhung steht fest
Den Krankenkassen droht das Geld knapp zu werden. Die Auswirkung sind höhere Zusatzbeiträge. Für das nächste Jahr ist die Prognose düster.
Sommerfeld – Die Beitragsspirale könnte sich für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen im kommenden Jahr weiterdrehen. Die finanziellen Reserven der Kassen sind am Limit und auch unter der neuen Regierung wird ein Anstieg der Zusatzbeiträge wohl nicht zu vermeiden sein. Die Folgen bekommen die Beitragszahlenden noch 2025 stärker zu spüren. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen schlägt Alarm – und stellt klare Forderungen an Kanzler Friedrich Merz. „Wir wollen die Beitragsspirale durchbrechen, dafür brauchen wir Sofortmaßnahmen“, sagte die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, in Sommerfeld.
Krankenkassenbeiträge könnten weiter steigen – einige Kassen ziehen schon Reißleine
Seit Monaten schlagen die gesetzlichen Krankenkassen Alarm und warnen vor neuen Beitragserhöhungen. Um die Beiträge zu stabilisieren, müssten schleunigst Reformen für die Finanzierungslage auf den Weg gebracht werden. Für 2024 bezifferten sich das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen laut Verbandsangaben auf 6,2 Milliarden Euro. „Dieser Verlust war nicht vorhersehbar“, sagte die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Pfeiffer.
Aufgrund der Finanzlage hatten die gesetzlichen Krankenkassen zum Jahresbeginn 2025 die Zusatzbeiträge deutlich angehoben. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung wurde 2025 auf 2,5 Prozent erhöht. Laut Pfeiffer muss man jedoch davon ausgehen, dass der Satz von 2,5 Prozent nicht ausreichen wird. „Es werden mindestens 2,6 Prozent werden“, so Pfeiffer auch mit Blick auf 2026.
Bis Mai 2025 habe es schon acht weitere Zusatzbeitragssatzerhöhungen gegeben. „Zum 1.7. gibt es sechs weitere Anträge von Krankenkassen, die ihre Beiträge erhöhen wollen“, teilte Pfeiffer mit. Im Jahr 2024 gab es laut Angaben des Spitzenverbands 40 unterjährige Zusatzbeitragserhöhungen.
Krankenkassen gehen die Reserven aus – Ausgabenmoratorium gefordert
Die Krankenkassen haben laut Pfeiffer zudem kaum noch Spielraum, weil die Reserven und Rücklagen deutlich abgeschmolzen sind. Die gesetzlich vorgesehene Mindestreserve der gesetzlichen Krankenkassen liegt bei 20 Prozent einer Monatsausgabe. Ende 2024 lag sie nur bei sieben Prozent. Das Geld wird also immer knapper.
„Wir stehen einem ungebremsten Ausgabenanstieg gegenüber“, warnte der Versichertenvertreter des Spitzenverbands des GKV-Spitzenverbands, Uwe Klemens. Das Geld wird also immer knapper. Der Spitzenverband pocht auf ein Ausgabenmoratorium, also sinkende Maßnahmen auf der Aufgabenseite, um die Lücke zwischen Ein- und Ausnahmen einzudämmen.
Krankenkassen am Limit – auch Situation bei Pflegeversicherung spitzt sich zu
Auch in der Pflegeversicherung sieht es weiterhin düster aus. Ohne zusätzliche Finanzmittel könnten Pflegekassen auf Liquiditätshilfen angewiesen sein. Im Falle einer Liquiditätshilfe erfolgt eine Vorauszahlung im Vorgriff auf die nächstfolgende Abrechnung im monatlichen Finanzausgleich zwischen den Pflegekassen. Eine Kasse habe im Jahr 2025 die Hilfe bereits beantragen müssen, in der zweiten Jahreshälfte könnten weitere Kassen folgen.
Für die Stabilisierung der Pflegeversicherung müsste der Bund die von den Pflegekassen finanzierte Corona-Maßnahme von 5,2 Milliarden Euro ausgleichen. Zudem ist es laut Pfeiffer erforderlich, die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige dauerhaft zu tragen. (bohy)
Rubriklistenbild: © IMAGO/Zoonar.com/stockfotos-mg
