Kollaps auf dem Bau
Bau-Krise verfestigt sich: Einstellungsstopp bei vielen Unternehmen
Die Baubranche taumelt am Abgrund. Das spiegelt sich nun auch im Arbeitsmarkt wider: Trotz Mangel an Fachkräften können viele Unternehmen nicht mehr einstellen.
Berlin – Die deutschen Baubetriebe halten sich angesichts der mauen Nachfrage infolge gestiegener Zins- und Materialkosten mit Neueinstellungen so stark zurück wie seit über 13 Jahren nicht mehr. Das entsprechende Beschäftigungsbarometer für das Baugewerbe fiel im November auf den niedrigsten Stand seit August 2010, wie das Münchner ifo Institut am Dienstag (28. November) zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteile. „Die Wohnungsbaukrise macht sich jetzt auch in den Personalplanungen bemerkbar“, hieß es dazu. Im Bauhauptgewerbe sind die Neuaufträge in den ersten neun Monaten inflationsbereinigt um 5,6 Prozent eingebrochen.
Haushaltskrise trifft auch die Baubranche
Das Beschäftigungsbarometer für die Gesamtwirtschaft gab im November ebenfalls nach, und zwar um 0,3 auf 95,9 Punkte. „Das noch fehlende feste Fundament für den Aufschwung lässt die Unternehmen bei Neueinstellungen zögern“, sagte der Leiter der ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Viele Unternehmen klagen weiterhin über mangelnde Neuaufträge.“
Derweil wird die Branche schon von der nächsten Krise heimgesucht: Die aktuelle Haushaltskrise betrifft auch den Bau. Der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW) meldete am Dienstag, dass in München und Augsburg insgesamt 561 geplante Wohnungen gefährdet seien. Grund ist demnach, dass die staatliche Förderbank KfW ein erst 2022 in Leben gerufenes Förderprogramm für genossenschaftliches Wohnen gestoppt hat - wie auch auf deren Webseite nachzulesen ist.
Abgesehen davon fürchtet der Verband, dass weitere Wohnungsbauvorhaben wackeln. So stünden im neuen Münchner Stadtteil Freiham Grundstücke für 525 Genossenschaftswohnungen unmittelbar vor der Ausschreibung. „Wie es damit angesichts des KfW-Programmstopps weitergeht, steht in den Sternen“, sagte Verbandsdirektor Hans Maier. Über das Förderprogramm 134 vergab die KfW zinsgünstige Darlehen bis zu 100.000 Euro pro Haushalt, die ausschließlich zum Kauf von Genossenschaftsanteilen für eine selbst genutzte Wohnung verwendet werden durften.
KfW-Förderstopp nach Haushaltssperre
„Mit sofortiger Wirkung können bis auf Weiteres in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) im Produkt „Förderung genossenschaftlichen Wohnens (134)“ keine Anträge mehr gestellt sowie alle vorliegenden Anträge nicht mehr zugesagt werden“, heißt es auf der KfW-Webseite. „Hintergrund ist die ab sofort geltende haushaltswirtschaftliche Sperre nach § 41 BHO für Verpflichtungsermächtigungen im Bundeshaushalt 2023 sowie im Sondervermögen Klima- und Transformationsfonds (KTF).“
Fehlen diese KfW-Darlehen, können sich viele Interessenten nach Einschätzung Maiers den Einstieg in eine Wohnungsgenossenschaft nicht mehr leisten.
Ifo-Institut: Lichtblicke in anderen Branchen
Einen kleinen Lichtblick gibt es in anderen Branchen laut ifo Institut. Zum Beispiel in der Industrie: Dort stieg das Barometer erstmals wieder nach zuvor sieben Rückgängen in Folge. Allerdings verharrt es noch immer im negativen Bereich – das heißt, dass dort immer noch mit weniger Beschäftigten zu rechnen ist. „Das gilt insbesondere für die energieintensiven Branchen“, betonte das ifo Institut.
Auch im Handel hat sich das Barometer geringfügig verbessert. „Die Händler halten sich aber noch mit Neueinstellungen zurück“, hieß es zugleich. Bei den Dienstleistern gibt es weiterhin eine leicht positive Einstellungstendenz, wenn auch etwas weniger stark als im Vormonat.
Europas größte Volkswirtschaft ist im zurückliegenden dritten Quartal um 0,1 Prozent geschrumpft. Sollte das Bruttoinlandsprodukt im laufenden vierten Quartal das zweite Mal in Folge schrumpfen, sprechen Ökonomen von einer „technischen Rezession“. Die Bundesbank geht davon aus, dass es dazu kommt: „Im vierten Quartal 2023 dürfte die Wirtschaftsleistung erneut leicht zurückgehen“, heißt es im aktuellen Monatsbericht.
Mit Material von Reuters und dpa
Rubriklistenbild: © Julian Stratenschulte/dpa/Symbolbild
