Handeln der Politik gefordert
„Streik-Irrsinn“: Unternehmer und Politik fürchten um Wirtschaftsstandort Deutschland
Bereits zum sechsten Mal streikt die GDL. Politiker und Unternehmen warnen vor den Folgen der Bahnstreiks für die Wirtschaft – und fordern neue Regeln.
Berlin – Die Zügen stehen erneut. Die GDL ruft im laufenden Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn bereits zum sechsten Mal zu Bahnstreiks auf. Nun mehren sich Stimmen aus Unternehmen und der Politik, die sich um die Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland sorgen.
„Mit solchen Aktionen wird der ohnehin schon angeschlagene Wirtschaftsstandort Deutschland weiter schwer belastet“, erklärte der Verband der Chemischen Industrie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (DPA) mit. „Streiks dürfen schmerzhaft sein – sie müssen aber auch verhältnismäßig sein. Herr Weselsky schießt jedoch seit geraumer Zeit über das Ziel hinaus“, sagte Christoph Meyer, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion im Bundestag, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die GDL müsse zurück an den Verhandlungstisch. „Alles andere ist für Wirtschaft und Gesellschaft verantwortungslos.“
Unternehmen und Verbände warnen vor Folgen der Bahnstreiks auf die Wirtschaft
„Es ist erschütternd, wenn der Gewerkschaftschef die umweltfreundliche Bahn mutwillig zu einem unzuverlässigen Verkehrsmittel erklärt“, Philip Harting, Vorsitzender des Verbandes der deutschen Messewirtschaft Auma dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es sei nicht mehr länger nachvollziehbar, „wieso Millionen von Angestellten, Geschäftsreisenden und Messeteilnehmern die Bürde des seit Jahren schwelenden Konflikts zwischen DB und GDL tragen müssen“.
Die Streiks haben laut Harting schon langfristige Auswirkungen in seiner Branche. Bisher seien mindestens 20 nationale und internationale Leitmessen betroffen. Deutschland sei Messeland Nummer eins. „Dieser Ruf wird derzeit ramponiert.“ Harting appelliert deshalb an die Bahn, „eine langfristige, tragbare Lösung“ des Konflikts zu finden. „Und zwar im Gespräch am Verhandlungstisch.“
Ein Tag bundesweiter Streiks bei der Bahn kostet etwa 100 Millionen Euro. Das geht aus Schätzungen des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln hervor. Bei mehrtägigen Streiks verstärkten sich die Effekte. Ein sechstägiger Streik, wie er etwa im Januar zunächst angekündigt war, könnte fast eine Milliarde Euro kosten, erklärten die Experten.
Bahnstreiks als „Standortgefahr“: Unionspolitiker fordern Einschreiten der Regierung
Ein Einschreiten der Bundesregierung fordert deshalb CDU-Fraktionsvize Jens Spahn. „Olaf Scholz muss jetzt eingreifen und vermitteln“, sagte Spahn der Bild-Zeitung. Der Kanzler dürfe nicht länger zulassen, „dass dieser Streik-Irsinn unser Land lahmlegt.“ Das werde zunehmend zur „Standortgefahr“. Die Ampel müsse gesetzlich sicherstellen, dass Streiks in der kritischen Infrastruktur nicht mehr derart eskalieren können“, fordert der CDU-Bundestagsabgeordnete.
„Das Streikrecht muss gesetzlich geregelt werden“, forderte auch Gitta Connemann, Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion im RBB.. Niemand wolle Streiks verbieten. Sie forderte jedoch gesetzliche Regelungen. Dabei gehe es ihr ausdrücklich um kritische Infrastruktur wie den Bahn- und Flugverkehr, aber auch Krankenhäuser und die Energie- und Wasserversorgung.
Welche Maßnahmen durch die Politik denkbar sind, zeigt Martin Huber. Der CSU-Generalsekretär fordert, dass nur nach einem gescheiterten Schlichtungsverfahren gestreikt werden darf. „Streik müssen eine Woche vor Beginn angekündigt werden und zeitlich befristet sein“, sagte Huber dem Merkur. Zusätzlich zu Schlichtungsverfahren und einer Ankündigungsfrist von 48 Stunden forderte sie eine „Abkühlphase“ für Unternehmen, einen Notdienst sowie einen Schutz von Feiertagen.
Bundesregierung lehnt Eingriff in Streiks und Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL ab
Auch von Seiten der Arbeitgeber gibt es nun die Forderung, das Streikrecht anzupassen. „Wir benötigen ein Arbeitskampfrecht, das gerade auch für die Infrastruktur angemessene Ankündigungsfristen, Schlichtungsregelungen und Abkühlungsphasen vorsieht“, teilte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände der DPA mit.
Die Bundesregierung lehnt ein Eingreifen in den Tarifkonflikt zwischen GDL und DB jedoch ab und will nicht in die Bahnstreiks eingreifen. Änderungen am Streikrecht sind nicht geplant, auch nicht im Bereich der kritischen Infrastruktur. „Wir mischen uns in Tarifverhandlungen grundsätzlich nicht ein“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. (ms mit dpa)
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