Analyse
Bauernproteste gehen weiter – Landwirte bekommen aber „Geldregen aus Brüssel“
Die Bauern gehen wegen der Kürzung der Subventionen für Agrardiesel weiter auf die Straße. Doch Ökonomen zufolge erhalten Landwirte jedes Jahr einen regelrechten Geldregen.
Berlin – Es ist kaum zu überhören: Die Bauern in Deutschland sind empört. Seit Tagen gehen Landwirte und Landwirtinnen im ganzen Land auf die Straße, sorgen für Stau und Stress, demonstrieren gegen eine Entscheidung der Ampel-Koalition, ihre Subventionen zu kürzen. Dabei hat die Regierung einen Teil der geplanten Kürzungen wieder zurückgenommen: Die Befreiung von der Kfz-Steuer bleibt nun noch bestehen.
Das reicht den Bauern offenbar nicht, denn noch immer soll bis 2026 die Subventionierung des Agrardiesels nach und nach wegfallen. Deshalb wird weiter protestiert, am Montag (15. Januar) ist eine Großdemo in Berlin angesagt.
Ökonomen: Landwirte bekommen jährlich Milliarden
Doch laut Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln bekommen die Landwirte bereits jetzt schon sehr viel Geld vom Steuerzahler. Und das nicht nur aus dem Bundeshaushalt – sondern vor allem aus den Subventionstöpfen der EU. Um das zu unterstreichen, haben die IW-Ökonomen analysiert, wie viel Geld deutsche Bauern im Jahr 2022 an Agrarsubventionen erhielten – und in welchen Regionen es besonders viel gab.
So wurden 2022 insgesamt 6,9 Milliarden Euro aus Brüssel an die rund 270.000 Landwirtschaftsbetriebe in Deutschland ausgeschüttet. Noch dazu kamen 2,4 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt, insgesamt sind das also 9,3 Milliarden Euro an Steuergelder, die Landwirte bekamen.
„Landwirte in Deutschland bekommen viel Geld von europäischen Steuerzahlern“, sagt IW-Geschäftsführer und Ökonom Hubertus Bardt. „Dabei hat sich der Geldregen in Verbindung mit den Zollregeln schon oft als Handelshemmnis mit Drittländern erwiesen. Der europäische Agrarprotektionismus ist für die exportorientierte deutsche Wirtschaft besonders schädlich“. Es müsste also eigentlich im Interesse Deutschlands sein, die Subventionen für die Branche abzubauen.
Grafik: In welchen Regionen am meisten Subventionen ankamen
Besonders viel Geld erhielten der IW-Analyse zufolge Bauern in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in den Landkreisen Nordfriesland, Börde und Emsland sind Millionen Euro 2022 aus dem Agrartopf geflossen. Allein die Landwirte im Landkreis Ludwigslust-Parchim erhielten 112 Millionen Euro, der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ebenfalls 104 Millionen Euro.
Vergleichsweise weniger Geld erhielten großstädtische Regionen: In Essen waren es 1,2 Millionen, in Nürnberg rund 1,4 Millionen Euro aus Brüssel. Auch Städte wie Cottbus, Dresden, Berlin oder München erhielten vergleichsweise weniger Subventionen. Dennoch sind es auch dort immer Millionenbeträge, die an die Landwirte fließen.
Bauernverband: Steuererhöhung für eine Branche „beispiellos“
Doch der Bauernverband sieht das natürlich ganz anders. Eine Abschaffung der Subventionen für Agrardiesel würde die Landwirte um 440 Millionen Euro zusätzlich belasten, so der Verband. Eine solche Steuererhöhung, wie es der Verband nennt, sei für eine einzige Branche „beispiellos und grob unverhältnismäßig“. Steuererhöhung, weil Landwirte bisher einen verminderten Steuersatz auf Agrardiesel zahlen müssen, so der Verband.
Außerdem nennt der Bauernverband andere Zahlen als das Wirtschaftsinstitut, was die Agrarförderung aus der EU angeht. Deutschland habe 2022 demnach 14,6 Milliarden Euro aus dem Agrartopf in Brüssel erhalten, wovon nur 2,8 Milliarden Euro als „Basisprämie“ an die Landwirte gingen. „Weitere Mittel gab es nur zur Stärkung kleiner Betriebe, für Junglandwirte oder für zusätzliche Umweltmaßnahmen“, schreibt der Verband. Im Vergleich zum Bundeshaushalt seien das kleine Beträge, argumentieren die Bauern weiter.
Wie genau die unterschiedlichen Beträge bei den Subventionen zusammenkommen, ist nicht klar. Das Institut der Deutschen Wirtschaft schreibt, dass ihre Berechnungen auf Daten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung beruhen, die auch online abrufbar sind. Der Bauernverband nennt auf seiner Webseite keine Quellenangaben.
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